Blasenkrebs (Harnblasenkarzinom) – Prävention

Zur Prävention des Harnblasenkarzinoms (Blasenkrebs) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Nitrosamin-Exposition
      Geräucherte und gepökelte sowie nitrat- und nitritreiche Lebensmittel
      Nitrat
      ist eine potenziell toxische Verbindung: Nitrat wird im Körper durch Bakterien (Speichel/Magen) zu Nitrit reduziert. Nitrit ist ein reaktives Oxidans, das bevorzugt mit dem Blutfarbstoff Hämoglobin reagiert und diesen in Methämoglobin umwandelt. Des Weiteren bilden Nitrite (unter anderem auch enthalten in gepökelten Wurst- und Fleischwaren sowie gereiftem Käse) mit sekundären Aminen (enthalten in Fleisch- und Wursterzeugnissen, Käse und Fisch) Nitrosamine, die genotoxisch und mutagen wirken.
      Die tägliche Aufnahme von Nitrat erfolgt in der Regel zu circa 70 % durch den Verzehr von Gemüse (Feld- und Kopfsalat, Grün-, Weiß- und Chinakohl, Kohlrabi, Spinat, Radieschen, Rettich, Rote Bete), 20 % aus Trinkwasser (Stickstoffdünger) und 10 % aus Fleisch und Fleischwaren sowie Fisch. 
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) [1, 2] – u. a. wg. aromatischer Amine im Tabakrauch wie zum Beispiel das 2-Naphthylamin
      • Rauchabstinenz [7]: Bei einer Hazard Ratio (HR; Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis innerhalb eines definierten Zeitraums eintritt) von 1 bei Nierauchern betrug diese bei
        • Männern mit einer Rauchabstinenz von 1-4 Jahren hatten eine Hazard Ratio (HR) von 3,32, von 5-9 Jahren von 2,85 und von ≥ 10 Jahren 1,93
        • Frauen mit einer Rauchabstinenz von 1-4 Jahren hatten eine HR von 3,97, von 5-9 Jahren von 3,49  und von ≥ 10 Jahren 2,08
      • nach ca. 20 Jahren haben Ex-Raucher ein ähnliches Risiko wie Nichtraucher [3]
    • Alkohol – Begrenzung des Konsums auf ein Minimum.

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Arsen [6]
    • Männer: Mortalitätsrisiko (Sterberisiko)/relatives Risiko (RR) 4,79 (95-Prozent-Konfidenzintervall 4,20-5,46)
    • Frauen: Mortalitätsrisiko/relatives Risiko 6,43 (95-Prozent-Konfidenzintervall 5,49-7,54)
  • Aufnahme von Nitrosaminen
  • Beruflicher Kontakt mit Karzinogenen wie aromatischen Aminen (wie z. B. Anilin, Benzidin, Toluidine, 2-Naphthylamin, Naphthylamine etc. und deren Abkömmlinge; Ausgangsstoff für Arzneimittel, Kunststoffe, Pflanzenschutzmittel oder Farbstoffe)
    Im Sinne einer Berufskrankheit BK 1301 sind vor allem aromatische Amine der Kategorie 1 und, mit Einschränkungen, der Kategorie 2 von Bedeutung: z. B. Exposition des in Benzin und Motoröl enthaltenen Gefahrenstoffes o-Toluidin (chemische Verbindung aus der Gruppe der aromatischen, einfach methylierten Aniline) 
  • Chemische Reinigung (4-Chlor-o-toluidin)
  • Dieselabgase (wg. polyzyklischer Kohlenwasserstoffe, PAH; Ausscheidung von PAH-Metabolite über die Nieren)
  • Massive Exposition gegenüber Verbrennungsprodukten
  • Umgang mit Haarfärbemitteln (β-Naphtylamin)

Weiteres

  • Berufsgruppen mit erhöhtem Risiko, in absteigender Reihenfolge [6]: Arbeiter, die in Berührung geraten mit bzw. Berufsgruppen [5]:
    • Feuerwehrleute (RR 4,30; 0,78-23,80)
    • Brauereiarbeiter (RR 2,09; 0,34-12,88)
    • chemischen Verfahren (RR 1,87; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,50-2,34)
    • Gummi (RR 1,82; 1,40-2,38)
    • Textilarbeiter (RR 1,74; 1,45-2,08)
    • Farbstoffen (RR 1,80; 1,07-3,04)
    • Glasarbeiter (RR 1,66; 1,21-2,27)
    • Elektriker (RR 1,60 (1,09-2,36)
    • Hochofenarbeiter (RR 1,55; 1,07-2,25)
    • Dienstpersonal (RR 1,49; 1,05-2,12)
    • Kellner (RR 1,30; 1,01-1,65)
    • Mitarbeiter im Gesundheitswesen (RR 1,16; 1,07-1,26)

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Genetische Faktoren:
    • Genetische Risikoreduktion abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • SNP: rs1495741 in einer intergenischen Region
          • Allel-Konstellation: AG (0,87-fach)
          • Allel-Konstellation: GG (0,76-fach)
        • SNP: rs710521 in einer intergenische Region
          • Allel-Konstellation: GG (0,83-fach)
  • Ernährung
    • Verzicht auf nitratreiche und gepökelte Lebensmittel.
    • Ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen durch eine ausgewogene Ernährung.
  • Genussmittelkonsum
    • Rauchentwöhnung zur Minimierung des Risikos.
    • Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum.
  • Körperliche Aktivität
    • Eine hohe versus eine niedrige körperliche Aktivität in der Freizeit wurde mit einem geringeren Risiko für ein Harnblasenkarzinom verbunden (-13 %; HR 0.87, 95 % CI 0.82-0.92) [4].

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention zielt darauf ab, Risikopatienten frühzeitig zu identifizieren, um die Progression zu verhindern und therapeutische Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten:

  • Screening und Überwachung
    • Urologische Kontrolluntersuchungen – Regelmäßige Überwachung bei Risikopatienten, insbesondere bei Rauchern oder Berufsgruppen mit Karzinogenexposition.
    • Früherkennung durch Biomarker-Tests – Einsatz von Biomarkern wie NMP22 oder Bladder Tumor Antigen (BTA) zur Früherkennung von Tumoren.
  • Frühe Diagnostik
    • Zystoskopie – Goldstandard zur direkten Visualisierung und Biopsieentnahme bei Verdacht auf Harnblasenkarzinom.
    • Urinzytologie – Nicht-invasive Methode zur Erkennung maligner Zellen, insbesondere bei High-Grade-Karzinomen.
    • Molekulare Diagnostik – Anwendung neuer Verfahren wie Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zur Detektion genetischer Veränderungen.
  • Genetische Untersuchungen
    • Genotypisierung – Identifikation genetischer Risikofaktoren (z. B. Polymorphismen wie rs1495741), um Personen mit höherem Risiko gezielt zu überwachen.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention konzentriert sich auf die Verbesserung der Lebensqualität und die Verhinderung von Komplikationen oder Rezidiven bei Patienten mit diagnostiziertem Harnblasenkarzinom:

  • Therapieoptimierung
    • Adjuvante Chemotherapie – Einsatz nach operativer Entfernung zur Verhinderung von Rezidiven.
    • Immuntherapie – Intravesikale Bacillus-Calmette-Guérin-(BCG-)Therapie oder Checkpoint-Inhibitoren zur langfristigen Tumorkontrolle.
    • Radikale Zystektomie – Bei fortgeschrittenen Stadien, kombiniert mit neoadjuvanter Chemotherapie.
  • Rehabilitation und Nachsorge
    • Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen – Zystoskopische Kontrollen und bildgebende Verfahren, um Rezidive frühzeitig zu erkennen.
    • Ernährungstherapie – Förderung einer antientzündlichen und antioxidantienreichen Ernährung zur Unterstützung der Therapie.
    • Bewegungstherapie – Verbesserung der körperlichen Fitness und Reduktion therapieinduzierter Erschöpfungssyndrome.
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Psychologische Begleitung – Unterstützung bei der Verarbeitung der Diagnose und Therapie.
    • Selbsthilfegruppen – Austausch mit anderen Betroffenen zur emotionalen Stabilisierung und sozialen Integration.
    • Sozialmedizinische Beratung – Unterstützung bei beruflicher Wiedereingliederung und Organisation der Pflegebedürftigkeit.

Literatur

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  2. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  3. Vineis P, Marinelli D, Autrup H et al. Current smoking, occupation, N-acetyltransferase-2 and bladder cancer: a pooled analysis of genotype-based studies. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2001; 10(12):1249-52
  4. Moore SC et al.: Association of Leisure-Time Physical Activity With Risk of 26 Types of Cancer in 1.44 Million Adults. JAMA Intern Med. Published online May 16, 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2016.1548
  5. Cumberbatch MG et al.: The contemporary landscape of occupational bladder cancer within the United Kingdom: A meta-analysis of risks over the last 80 years, BJU International (2016). doi: 10.1111/bju.13561
  6. Smith AH et al.: Lung, Bladder, and Kidney Cancer Mortality 40 Years After Arsenic Exposure Reduction. JNCI: Journal of the National Cancer Institute, djx201, https://doi.org/10.1093/jnci/djx201
  7. Freedman ND et al.: Association between smoking and risk of bladder cancer among men and women. JAMA 2011 Aug 17;306(7):737-45. doi: 10.1001/jama.2011.1142.