Bakteriurie – Einleitung

Bakteriurie bezeichnet das Vorhandensein und die Ausscheidung von Bakterien im Urin. Sie kann asymptomatisch sein oder im Rahmen einer Harnwegsinfektion (HWI) auftreten. Eine signifikante Bakteriurie liegt vor, wenn in der Urinkultur eine Erregerzahl von ≥ 105 koloniebildenden Einheiten pro Milliliter (KBE/ml) nachgewiesen wird.

Synonyme und ICD 10: ICD-10-GM R82.7: Abnorme Befunde bei der mikrobiologischen Urinuntersuchung

Formen der Erkrankung

Bakteriurie kann in zwei Hauptformen unterteilt werden:

  • Asymptomatische Bakteriurie (ASB/ABU)
    • Definition: Nachweis von ≥ 105 KBE/ml desselben Erregers in zwei separaten Harnproben ohne klinische Symptome einer Harnwegsinfektion.
    • Bedeutung: Häufig bei Frauen, älteren Menschen und Patienten mit Diabetes mellitus.
  • Symptomatische Bakteriurie
    • Definition: Nachweis von ≥ 105 KBE/ml (aus Mittelstrahlurin) oder auch geringere Erregerzahlen bei klinischen Symptomen, wie Dysurie, Pollakisurie oder Flankenschmerzen.
    • Bedeutung: Typischerweise mit einer Harnwegsinfektion (z. B. Zystitis (Harnblasenentzündung), Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung)) assoziiert.

Ursachen

Die Ursachen für Bakteriurie sind vielfältig und hängen von der Form der Bakteriurie ab:

  • Asymptomatische Bakteriurie
    • In der Schwangerschaft aufgrund physiologischer Veränderungen des Harntrakts.
    • Bei älteren Menschen und Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus.
    • Nach Langzeitkatheterismus.
  • Symptomatische Bakteriurie
    • Harnwegsinfektionen (HWI): Meist durch uropathogene Bakterien wie Escherichia coli verursacht.
    • Strukturelle Anomalien des Harntrakts: Z. B. vesikoureteraler Reflux oder Obstruktionen (Verschlüssen).
    • Katheter-assoziierte Harnwegsinfekte (HWI): Langzeitkatheter führen häufig zu bakterieller Besiedelung und Infektionen.

Differentialdiagnosen

Bakteriurie kann Symptom oder Begleitbefund folgender Erkrankungen sein:

  • Zystitis: Entzündung der Blase, oft begleitet von dysurischen Beschwerden. (erschwertes und/oder schmerzhaftes Ablassen des Harns)
  • Pyelonephritis: Nierenbeckenentzündung, häufig mit Flankenschmerzen und Fieber assoziiert.
  • Prostatitis: Entzündung der Prostata, insbesondere bei Männern, kann mit Harnwegsinfekten einhergehen.
  • Vesikoureteraler Reflux: Rückfluss von Urin in die Ureteren (Harnleiter) und Nieren, häufig bei Kindern.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind aufgrund der kürzeren Harnröhre deutlich häufiger betroffen als Männer.

Häufigkeitsgipfel

  • Asymptomatische Bakteriurie: Häufiger bei Frauen im höheren Lebensalter und in der Schwangerschaft.
  • Symptomatische Bakteriurie: Tritt in allen Altersgruppen auf, jedoch sind sexuell aktive Frauen und ältere Männer besonders betroffen.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Mädchen im Vorschulalter: 1-2 %
  • Ältere Frauen: 6-10 %
  • Schwangere: 2-10 %
  • Langzeitkatheterträger: Bis zu 100 % bei asymptomatischer Bakteriurie.
  • Intermittierender Katheterismus: Bis zu 50 %.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akut: Symptomatische Bakteriurie tritt häufig plötzlich auf und geht mit Beschwerden wie Dysurie, Pollakisurie und Schmerzen einher.
  • Chronisch: Bei asymptomatischer Bakteriurie kann es über längere Zeiträume zu keiner Symptomatik kommen, insbesondere bei älteren Menschen oder Patienten mit Dauerkatheter.

Prognose

  • Symptomatische Bakteriurie: Erfordert in der Regel eine antibiotische Therapie, insbesondere bei Männern und bei komplizierten Harnwegsinfektionen. Die Prognose ist bei adäquater Behandlung gut.
  • Asymptomatische Bakteriurie:
    • In der Schwangerschaft: Ein Screening mittels Urinuntersuchung einschließlich Kultur sollte vorzugsweise am Ende des ersten Trimenons (Schwangerschaftsdrittel) erfolgen, da in der Schwangerschaft die Therapie der asymptomatischen Bakteriurie empfohlen ist [1].
    • Bei Patienten, bei denen urologische Eingriffe bevorstehen: Screening auf und Therapie von asymptomatischen Bakteriurien ist indiziert [1].
    • Bei nicht-schwangeren Erwachsenen und gesunden Kindern: Eine Behandlung ist nicht erforderlich und könnte sogar unnötige Resistenzentwicklungen fördern.
    • Bei Patienten mit urologischen Eingriffen: Erfordert eine gezielte Therapie, um Komplikationen zu vermeiden.

Hinweis: Eine frühzeitige Diagnostik und adäquate Behandlung sind entscheidend, um Komplikationen, insbesondere bei schwangeren Frauen und Patienten mit geplanten urologischen Eingriffen, zu verhindern.

Literatur

  1. Hecker MT, Donskey CJ: Is antibiotic treatment indicated in a patient with a positive urine culture but no symptoms? Cleveland Clinic Journal of Medicine 2014; 81: 721-724

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. (AWMF-Registernummer: 043-044), 30. April, 2017 Kurzfassung Langfassung