Latente metabolische – stoffwechselbedingte – Azidose – Einleitung

Eine latente (subklinische) metabolische Azidose liegt vor, wenn die basischen Pufferreserven im Blut schon nahezu aufgebraucht wurden, es aber noch nicht zu einer pH-Wert-Verschiebung des Blutes unter 7,36 gekommen ist. Das heißt, bei der latenten metabolischen (stoffwechselbedingte) Azidose ist die Homöostase (Gleichgewicht) des pH-Wertes in seinen engen Grenzen zwischen 7,38 und 7,42 noch gegeben.

Synonyme und ICD-10: Metabolische Azidose, latent; Übersäuerung; ICD-10-GM E87.2: Azidose: Laktat-

Latente metabolische Azidose: Charakterisiert durch nahezu aufgebrauchte basische Pufferreserven, ohne dass der pH-Wert des Blutes signifikant gesenkt ist [1-3].

Charakteristische Laborbefunde

  • Normaler bis leicht erniedrigter pH-Wert: pH im unteren Normalbereich (7,35-7,40).
  • Erniedrigter Bikarbonatspiegel (HCO3-): HCO3- liegt im unteren Normalbereich oder ist leicht erniedrigt (meist zwischen 22-24 mmol/L).
  • Positiver Anionenlücke: Die Anionenlücke (Differenz zwischen den Hauptionen im Blut) kann leicht erhöht sein, was auf eine Ansammlung nicht gemessener Säuren hindeutet.
  • Erhöhtes Lactat (bei bestimmten Bedingungen): In einigen Fällen, besonders bei Hypoxie oder vermehrtem anaeroben Stoffwechsel, kann Lactat erhöht sein, jedoch meist noch im oberen Normalbereich.
  • Kompensatorische Hyperventilation (möglich, aber nicht immer ausgeprägt): Der Körper kann durch eine leichte Erhöhung der Atemfrequenz versuchen, mehr CO2 abzuatmen, um die Säurebelastung zu kompensieren.
  • Normaler bis leicht erhöhter Kaliumspiegel: Der Kaliumspiegel kann normal bleiben oder leicht erhöht sein, abhängig von der zugrunde liegenden Ursache der Azidose.

Ursachen

  • Ernährung: Hoher Konsum von säurebildenden Lebensmitteln (z. B. Fleisch, Käse, Milch, Eier, Süßigkeiten).
  • Nierenfunktion: Altersbedingte oder krankheitsbedingte Einschränkungen der renalen Säureausscheidung.
  • Chronische Erkrankungen: Langfristige Erkrankungen, die den Säure-Basen-Haushalt beeinflussen.

Epidemiologie

  • Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Keine spezifischen Zahlen zur Prävalenz der latenten metabolischen Azidose aufgrund ihres subklinischen Auftretens.
  • Inzidenz: Häufigkeit von Neuerkrankungen ist nicht genau bekannt, da die Erkrankung oft erst durch Folgeerkrankungen erkannt wird.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Subklinische Phase: Die basischen Pufferreserven sind erschöpft, aber der pH-Wert des Blutes bleibt innerhalb der normalen Grenzen.
  • Fortgeschrittene Phase: Ohne Behandlung kann es zu einer latenten Bindegewebsazidose kommen, die zur Demineralisation des Skelettsystems und Osteoporose führen kann.

Symptome und Beschwerden

  • Allgemeine Symptome: Müdigkeit, Muskelschwäche, allgemeines Unwohlsein.
  • Spezifische Symptome: Bei fortgeschrittener latenter Azidose können muskuloskeletale Beschwerden auftreten.

Prognose

  • Therapie der Grunderkrankung: Essentiell zur Stabilisierung des Säure-Basen-Haushalts.
  • Ernährungsanpassung: Reduktion säurebildender Lebensmittel und vermehrter Konsum basenspendender Lebensmittel wie Gemüse und Obst.
  • Nahrungsergänzung: Einnahme von basischen Mineralstoffen wie Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat wird empfohlen.
  • Langzeitprognose: Bei konsequenter Behandlung der Grunderkrankung und Ernährungsumstellung ist die Prognose gut. Die Risiken für langfristige Komplikationen wie Osteoporose (Knochenschwund) und muskuloskeletale Beschwerden können deutlich reduziert werden.
  • Nichtbehandelte Fälle: Ohne Behandlung kann die latente metabolische Azidose zu chronischen Beschwerden und einer Verschlechterung der Lebensqualität führen. Insbesondere ältere Patienten mit einer renalen Komponente (nierenerkrankungsbedingte Ursache) haben ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen.

Literatur

  1. Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M & Weimann A (Hrsg.) (2017). Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer (5. Aufl.). Thieme Verlag
  2. Brandes R, Lang F & Schmidt RF (Hrsg.) (2019). Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie (32. Auflage). Springer Verlag
  3. Föller M, Stangl G (Hrsg.) (2021). Ernährung – Physiologische und Praktische Grundlagen. Springer Verlag