Gleichgewichtsstörung der Darmflora (Dysbiose) – Prävention
Zur Prävention der Dysbiose (Gleichgewichtsstörung der Darmflora) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.
Verhaltensbedingte Risikofaktoren
- Ernährung
- Fehl- und Mangelernährung:
- Ballaststoffarme Ernährung – Reduziert die Vielfalt und Aktivität gesundheitsfördernder Darmbakterien wie Bifidobakterien und Lactobazillen.
- Zu viel Zucker (Mono- und Disaccharide, insbesondere Saccharose) und Weißmehlprodukte – Fördert das Wachstum pathogener Keime wie Clostridien und Proteobakterien.
- Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Zink, Vitamin D und andere essenzielle Nährstoffe sind entscheidend für die Aufrechterhaltung eines gesunden Mikrobioms.
- Fehl- und Mangelernährung:
- Genussmittelkonsum
- Alkohol – Verändert die Zusammensetzung der Darmflora und fördert das Wachstum pathogener Keime.
- Kaffee – In hohen Mengen kann er das Mikrobiom negativ beeinflussen.
- Tabak (Rauchen) [2] – Senkt die mikrobielle Diversität und fördert proinflammatorische Veränderungen.
- Psycho-soziale Situation
- Stress [3] – Führt zu einer erhöhten Freisetzung von Stresshormonen wie Cortisol, was die Darmbarriere schwächt und Dysbiose fördert.
- Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – führt gegenüber den Normalgewichtigen zur Veränderung des Mikrobioms; davon ist vor allem die Zusammensetzung der Bakteriengattungen Akkermansia, Faecalibacterium, Oscillibacter und Alistipes betroffen [6].
Medikamente [2, 3]
- Analgetika
- Antibiotika (breites Wirkspektrum reduziert die mikrobielle Diversität)
Beachte: Je breiter das Wirkspektrum und je länger die Therapiedauer, desto stärker ist die Mikrobiom-Schädigung!- Die häufige bzw. langfristige Behandlung von Frühgeborenen mit Antibiotika führte zu einer starken Störung der Darmflora: es fanden sich bei einer Nachuntersuchung im Alter von 21 Monaten weniger „gesunde“ Bakteriengruppen wie Bifidobacteriaceae (einzige Bakterienfamilie in der Reihenfolge der Bifidobacteriales) und häufiger „ungesündere“ Arten wie Proteobakterien (= „mikrobiotische Narbe“) [4].
- Die Bakterienflora ist innerhalb von 30 bis 90 Tagen nach Medikamentenbehandlung weitgehend regeneriert, es verändert sich allerdings deren Wechselspiel mit den Pilzen, die ebenfalls den Darm besiedeln [5].
- Antidepressiva
- Antihistaminika
- Betablocker
- Benzodiazepine
- Corticoide (Cortisol)
- Laxantien (osmotische Laxantien)
- Metformin
- Ovulationshemmer
- Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) (wg. blockierter Magensäureproduktion)
- Statine
- Zytostatika
- u. a.
Röntgenstrahlen
- Radiatio (Strahlentherapie)
Umweltbelastung – Intoxikationen
- Schwermetalle (Quecksilber, Blei etc.) [durch die Ernährung]
Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)
- Ballaststoffreiche Ernährung – Fördert die Vermehrung gesundheitsfördernder Bakterien und erhöht die mikrobielle Diversität.
- Probiotika und Präbiotika – Unterstützen die Regeneration und Stabilisierung der Darmflora.
- Ausreichende Mikronährstoffversorgung – Essenzielle Nährstoffe wie Zink, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren stärken die Darmbarriere und fördern ein gesundes Mikrobiom.
- Moderater Genussmittelkonsum – Einschränkung von Alkohol und Tabak schützt die mikrobielle Vielfalt.
- Reduktion von Medikamenten, wenn möglich – Vermeidung unnötiger oder langfristiger Einnahme von Antibiotika, PPI und Corticoiden.
- Stressbewältigung – Maßnahmen wie Meditation oder Yoga können Stress reduzieren und die Darmgesundheit fördern.
- Reduktion von Umweltgiften – Meiden von Schwermetallen und Schadstoffen durch geprüfte Lebensmittelquellen.
Sekundärprävention
Sekundärprävention zielt darauf ab, frühe Anzeichen einer Dysbiose zu erkennen und deren Progression zu verhindern:
- Früherkennung und Diagnostik – Stuhluntersuchungen zur Bewertung der mikrobiellen Zusammensetzung.
- Gezielte Probiotika-Therapie – Unterstützung der Darmflora bei ersten Anzeichen einer Dysbiose.
Tertiärprävention
Tertiärprävention zielt darauf ab, die Auswirkungen einer bestehenden Dysbiose zu minimieren und langfristige Schäden zu vermeiden:
- Langfristige Anpassung der Ernährung – Ballaststoffreiche und probiotische Lebensmittel zur Stabilisierung der Darmflora.
- Therapie zugrunde liegender Erkrankungen – Behandlung von Krankheiten wie Reizdarmsyndrom oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), die Dysbiose begünstigen.
- Regenerative Maßnahmen nach Antibiotika – Gezielte Probiotika- und Präbiotikatherapie zur Wiederherstellung der mikrobiellen Balance.
Literatur
- Knowles SR, Nelson EA, Palombo EA Investigating the role of perceived stress on bacterial flora activity and salivary cortisol secretion: a possible mechanism underlying susceptibility to illness. Biol Psychol. 2008 Feb;77(2):132-7.
- Falony G et al.: Population-level analysis of gut microbiome variation. DOI: 10.1126/science.aad3503
- Zhernakova A et al.: Population-based metagenomics analysis reveals markers for gut microbiome composition and diversity. DOI: 10.1126/science.aad3369
- Gasparrini AJ et al.: Persistent metagenomic signatures of early-life hospitalization and antibiotic treatment in the infant gut microbiota and resistome Nature Microbiology (09 September 2019)
- Seelbinder B et al.: Antibiotics create a shift from mutualism to competition in human gut communities with a longer-lasting impact on fungi than bacteria. Microbiome 2020;8,133.
- Thingholm LB et al.: Obese Individuals with and without Type 2 Diabetes Show Different Gut Microbial Functional Capacity and Composition August 06, 2019 doi:https://doi.org/10.1016/j.chom.2019.07.004