Respiratorische – atmungsbedingte – Alkalose – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Eine respiratorische Alkalose entsteht durch eine gesteigerte Atmung (Hyperventilation), die zu einem übermäßigen Verlust von Kohlendioxid (CO2) über die Lungen führt. Dadurch sinkt der Kohlendioxid-Partialdruck (pCO2) im Blut (Hypokapnie), was zu einem Anstieg des pH-Werts über 7,45 und somit zu einer Alkalose führt.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Hyperventilation: Die verstärkte Atmung verursacht einen CO2-Verlust, wodurch das Blut weniger sauer wird und der pH-Wert ansteigt. Ursachen für eine Hyperventilation können physiologischer oder pathologischer Natur sein:
    • Psychogene Faktoren: Angst, Stress oder Panikattacken können Hyperventilation auslösen.
    • Zentrale Stimulation: Störungen des zentralen Nervensystems, wie Schädel-Hirn-Traumata oder bestimmte Medikamente (z. B. Salicylate), können das Atemzentrum anregen.
    • Hypoxie: Ein Sauerstoffmangel, z. B. durch Höhenaufenthalt, veranlasst eine Hyperventilation als Kompensationsmechanismus.
  • Senkung des pCO2-Partialdrucks (Hypokapnie): Der niedrige CO2-Spiegel führt dazu, dass das Blut basischer wird, was den pH-Wert erhöht.

Sekundäre pathophysiologische Mechanismen

  • Beeinträchtigung der Säure-Basen-Balance: Die Reduktion des CO2-Partialdrucks führt zu einer Verschiebung der Bicarbonat-Pufferreaktion, was die Freisetzung von H⁺-Ionen reduziert und somit den alkalischen Zustand weiter verstärkt.
  • Kompensatorische Nierenantwort: Bei chronischer respiratorischer Alkalose beginnen die Nieren, Bicarbonat auszuscheiden, um den pH-Wert zu senken und das Gleichgewicht wiederherzustellen. Diese Kompensation setzt jedoch erst nach Stunden bis Tagen ein.

Klinisches Bild

Leitsymptome

  • Schwindel, Benommenheit
  • Parästhesien (Kribbeln in Händen und Füßen)
  • Brustschmerzen und Atemnot (in schweren Fällen)

Fortgeschrittene Symptome

  • Muskelkrämpfe und Tetanie (durch Kalziumverschiebung infolge des erhöhten pH-Werts)
  • Verwirrtheit und kognitive Beeinträchtigungen bei chronischer Hyperventilation
  • Herzrhythmusstörungen (insbesondere bei anhaltender Alkalose)

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die respiratorische Alkalose resultiert meist aus einer Hyperventilation, die durch Angst, Höhenaufenthalt, medikamentöse Einflüsse oder Hypoxie ausgelöst wird. Die Folgen sind eine Verschiebung der Säure-Basen-Balance und ein erhöhter pH-Wert, was zu neurologischen und muskulären Symptomen führen kann. Eine frühzeitige Identifikation der Ursache und Behandlung der zugrundeliegenden Hyperventilation ist entscheidend, um mögliche Komplikationen und eine langfristige Kompensation durch die Nieren zu vermeiden.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Lebensalter – Die psychogene Hyperventilation tritt vorwiegend bei Frauen in der Pubertät bis ins junge Erwachsenenalter auf.
  • Hormonelle Faktoren – Gravidität (Schwangerschaft)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Psycho-soziale Situation
    • Angst – Kann zu Hyperventilation führen, wodurch der Kohlendioxidgehalt im Blut absinkt.
    • Psychische und emotionale Belastung – Stresssituationen oder Panikattacken fördern eine gesteigerte Atemfrequenz.
  • Umweltfaktoren
    • Aufenthalt in großer Höhe – Der reduzierte Sauerstoffpartialdruck in Höhenlagen kann eine erhöhte Atemfrequenz auslösen, die zu einer respiratorischen Alkalose führt.
    • Aufenthalt in großer Hitze – Hitze kann durch gesteigerte Atmung und Flüssigkeitsverlust das Säure-Basen-Gleichgewicht stören.

Sauerstoffmangel, beispielsweise infolge von

  • Anämie (Blutarmut)
  • Aspiration – Einatmen von körpereigenen Sekreten (Speichel oder Mageninhalt) sowie körperfremden, festen und flüssigen Substanzen in die Atemwege
  • Asthma bronchiale
  • Aufenthalt in großer Hitze
  • Emphysem (krankhafte Überblähung der Lungenbläschen)
  • Hämatothorax – Blutansammlung im Pleuraspalt (luftleerer Raum zwischen dem Lungen- und Rippenfell)
  • Herzfehler mit Rechts-Links-Shunt
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Lungenerkrankungen mit reaktiver Hyperventilation bei Hypoxämie (Sauerstoffmangel):
    • Lungenembolie (Verschluss von Lungengefäßen)
    • Lungenödem (Wasseransammlung in der Lunge)
    • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Restriktive Lungenerkrankungen, dieses sind Erkrankungen, bei denen Lunge und/oder Thorax (Brustkorb) vermindert dehnbar ist/sind; dazu gehören folgende Erkrankungen:
    • Exogene allergische Alveolitis
    • Lungenfibrosen
    • Pneumokoniosen (Staubinhalations-Krankheiten)
    • Sarkoidose (Synonyme: Morbus Boeck; Morbus Schaumann-Besnier) – systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten)
  • Thoraxinstabilität – Instabilität des Brustkorbs

Direkte Reizung des Atemzentrums, beispielsweise durch

  • Enzephalitis (Gehirnentzündung)
  • Fieber
  • Hirntumoren
  • Hyperthyreose
  • Leberzirrhose/Leberkoma (Leberversagen)
  • Meningitis (Hirnhautentzündung)
  • Psychische, emotionale Belastung (Angst etc.)
  • Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
  • Schmerzen
  • Sepsis (Blutvergiftung), gramnegative
  • Zerebrovaskulärer Insult (Schlaganfall)

Medikamente

  • Nicethamid – Medikament, welches zu den Analeptika zählt; diese haben eine erregende Wirkung auf das ZNS
  • Salicylate – Wirkstoffgruppe, zu der unter anderem Acetylsalicylsäure (ASS; Schmerzmittel) gehört

Weitere Ursachen

  • Höhenaufenthalt
  • Künstliche Beatmung
  • Leberkoma (Leberversagen)
  • Schwangerschaft