Mikrolaryngoskopie

Die Mikrolaryngoskopie (MLS) ist ein medizinisches Verfahren, das im Bereich der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Phoniatrie (Lehre der Stimmheilung) und Phonochirurgie (chirurgische Eingriffe am Stimmapparat) Anwendung findet. Es dient sowohl der diagnostischen Betrachtung als auch der therapeutischen Behandlung des Larynx (Kehlkopfapparat). Die Mikrolaryngoskopie ermöglicht unter anderem die Entnahme von Biopsien (Probeentnahmen), sowie die vollständige chirurgische Entfernung von benignen (gutartigen) und malignen (bösartigen) Veränderungen im Bereich des Larynx (Kehlkopf).

Beurteilbare Strukturen

  • Stimmlippen: Beurteilung von Symmetrie, Beweglichkeit, Oberflächenbeschaffenheit und eventuellen Läsionen.
  • Glottis: Einschätzung der Stimmritze für Anomalien oder Dysfunktionen (Fehlfunktionen).
  • Subglottischer Raum: Untersuchung des Raums unterhalb der Stimmlippen auf Verengungen oder pathologische Veränderungen.
  • Supraglottischer Bereich: Einsicht in den oberen Teil des Larynx, einschließlich der Epiglottis und der aryepiglottischen Falten.
  • Aryknorpel: Beurteilung der Knorpel, die für die Öffnung und Schließung der Stimmritze verantwortlich sind.
  • Ventrikelfalten: Auch als falsche Stimmbänder bekannt; Beurteilung auf Schwellungen oder Neoplasien (Neubildungen).

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Abtragung benigner (gutartiger) Gewebeveränderungen – z. B. Fibrome (Wucherung von Bindegewebezellen), Hyperkeratosen (übermäßige Verhornung), Polypen oder Stimmlippenknötchen (Synonyme: Stimmbandknötchen; Sänger- oder Schreiknötchen); dieses sind mehr oder weniger symmetrische Erhebungen am Rand der Stimmlippen, ähnlich der Hornhaut auf der Haut
  • Reinke-Ödem (Ödem des Stimmlippenrandes im sog. Reinke-Raum, einem spaltförmigem Raum zwischen Epithel und dem darunterliegendem Bindegewebe) – typische, glasig-lappige Schwellung der Stimmlippen unterschiedlichen Ausmaßes. Symptome: Abnahme der mittleren Sprechstimmlage, die Stimme klingt rau-heiser (Dysphonie). Bei Zunahme der Ödeme (Schwellungen) ist eine Aphonie (Stimmlosigkeit) möglich. Durch die Einengung der Glottis (Stimmritze) können Atemprobleme als zusätzliche Komplikation auftreten.
  • Entfernung von Narben, Synechien (Verwachsungen)
  • Beurteilung der Tumorausdehnung bei malignen Geschwüren (z. B. bei Stimmlippenkarzinom)
  • Operative Eingriffe am Larynx (Kehlkopf)
  • Probeexzision (Entfernen eines Gewebes zu diagnostischen Zwecken)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Allgemeinerkrankungen, die einer Narkose im Weg stehen
  • Erkrankungen, die eine maximale Reklination des Kopfes verbieten (z. B. Diskusprolaps/Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule)
  • Kieferklemme (Trismus) – erschwerte Mundöffnung, z. B. bei lokalen Entzündungen der Kaumuskulatur
  • Zu enger Larynx (Kehlkopf)

Vor der Operation

  • Medizinische Evaluation und Aufklärung: Vor der Mikrolaryngoskopie ist eine umfassende medizinische Evaluation erforderlich. Der Patient wird über den Eingriff, seine Risiken und den erwarteten Nutzen aufgeklärt.
  • Nüchternheit: Der Patient muss für eine bestimmte Zeit vor der Operation nüchtern bleiben. Dies ist notwendig, um das Risiko einer Aspiration während der Narkose zu minimieren.
  • Medikamentöse Vorbereitung: Bestimmte Medikamente, insbesondere Antikoagulantien (Blutverdünner), müssen möglicherweise vor dem Eingriff abgesetzt werden. Dies wird individuell nach Absprache mit dem behandelnden Arzt festgelegt.
  • Anästhesiologische Beurteilung: Vor dem Eingriff erfolgt eine anästhesiologische Beurteilung, um die Narkosefähigkeit sicherzustellen und das Anästhesieverfahren festzulegen.

Das Operationsverfahren

Die Mikrolaryngoskopie erfolgt unter Allgemeinnarkose. Der Patient befindet sich auf dem Rücken liegend, während der untersuchende Arzt hinter seinem Kopf steht. Der Schultergürtel des Patienten ist leicht erhöht gelagert und der Kopf maximal rekliniert (”in den Nacken gelegt”). Falls eine Zahnprothese vorhanden ist, wird diese entfernt, das gesunde Gebiss des Patienten wird mit einer Zahnschiene geschützt.

Der Patient wird zunächst mit einem dünnen Tubus intubiert (Einführung eines Plastikschlauches in die Luftröhre zur Beatmung). Jetzt wird ein starres Rohr (z. B. Kleinsasser-Instrument) in den Mund des Patienten an der Zunge vorbei zum Larynx vorgeschoben. Sobald das Kleinsasser-Rohr korrekt platziert ist, wird es mit einer Bruststütze auf der Brust des Patienten fixiert. Anschließend wird ein Operationsmikroskop (bzw. Endoskop) hindurchgeschoben, damit der Operateur die gewünschte Sicht auf den Kehlkopf erhält. Nun können neben der Inspektion auch chirurgische Eingriffe im Bereich des Larynx durchgeführt werden.

Mögliche Befunde

  • Benigne (gutartige) Läsionen: Einschließlich Polypen, Zysten, Noduli (Sängerknötchen) und Reinke-Ödeme.
  • Maligne (bösartige) Veränderungen: Früherkennung von Larynxkarzinomen (Kehlkopfkrebs), einschließlich der Beurteilung der Tumorausdehnung und Tiefeninvasion.
  • Entzündliche Zustände: Akute und chronische Laryngitis, die zu Rötungen, Schwellungen und Verdickungen der Stimmlippen führen kann.
  • Vaskuläre Anomalien (Gefäßanomalien): Erkennung von erweiterten Gefäßen oder vaskulären Malformationen (Gefäßmissbildung).
  • Narben und Synechien (Verwachsungen): Beurteilung nach vorherigen chirurgischen Eingriffen oder Traumata (Verletzungen).
  • Funktionelle Störungen: Dysfunktionen (Fehlfunktionen) der Stimmlippenbewegung, die Stimmprobleme verursachen können.

Nach der Operation

  • Stimmschonung: Abhängig von der Art des Eingriffs ist eine Stimmschonung erforderlich. Dies kann von einigen Stunden bis zu mehreren Tagen variieren.
  • Medikamentöse Therapie: Zur Linderung von Beschwerden und zur Vorbeugung von Komplikationen können Medikamente wie Schmerzmittel, Antitussiva (Hustenmittel) oder Corticosteroide verordnet werden.
  • Logopädische Therapie: Eine logopädische Behandlung kann zur Unterstützung der Heilung und zur Wiederherstellung der normalen Stimmfunktion notwendig sein.
  • Nachsorge und Kontrolle: Regelmäßige Nachuntersuchungen sind erforderlich, um den Heilungsverlauf zu überwachen und eventuelle Komplikationen frühzeitig zu erkennen.

Mögliche Komplikationen

  • Mediastinitis (Entzündung des Mittelfells)
  • Dysphonie (Heiserkeit)
  • Dyspnoe (Luftnot; Atemnot)
  • Tracheotomie/Koniotomie (Luftröhrenschnitt) mit Einlage einer Trachealkanüle (Luftröhrenkanüle)
  • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Narben- und Synechienbildung
  • Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung)
  • Aphonie (Stimmverlust; Stimmlosigkeit)
  • Schleimhautverletzungen:
  • Dysphagie (Schluckstörung)
  • Schädigung der folgenden Nerven: N. lingualis, N. hypoglossus, N. glossopharyngeus
  • Verletzung des Gaumens
  • Zahnschäden, Zahnverlust

Literatur

  1. Rossaint R: Die Anästhesiologie: Allgemeine und spezielle Anästhesiologie, Schmerztherapie und Intensivmedizin. Springer Verlag 2004
  2. Theissing J: HNO-Operationslehre. Georg Thieme Verlag 2006