Speicheldrüsenszintigraphie

Bei der Speicheldrüsenszintigraphie handelt es sich um ein diagnostisches Verfahren der Nuklearmedizin, welches als nicht-invasive Untersuchungsmethode zur Überprüfung der Funktion der Speicheldrüsen dient. Das Verfahren basiert auf der indirekten Darstellung der Speicheldrüsen, indem das Gewebe detektiert (mithilfe von Detektoren feststellen) wird, das zur Speichelsezernierung (Speichelfreisetzung) beiträgt. Als Folge der unterschiedlichen Speichelmenge, die von der jeweiligen Speicheldrüse sezerniert werden kann, lassen sich die Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse) und die Glandula submandibularis (Unterkieferspeicheldrüse) besonders präzise darstellen.

Beurteilbare Strukturen

  • Funktion der Speicheldrüsen: Bewertung der Speichelsekretion und -ausscheidung durch dynamische Aufnahmen.
  • Anatomische Darstellung: Identifikation der Größe, Form und Lage der Speicheldrüsen, insbesondere der Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse) und Glandula submandibularis (Unterkieferspeicheldrüse).
  • Pathologische Veränderungen: Erkennung von Entzündungen, Obstruktionen (Verschlüsse) durch Steine oder Tumoren innerhalb der Drüsen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Sialadenitis (Speicheldrüsenentzündung) – mithilfe der Speicheldrüsenszintigraphie lässt sich sowohl eine chronische als auch akute Sialadenitis (Speicheldrüsenentzündung) diagnostizieren, die viraler oder bakterieller Genese (Ursprung) sein kann.
  • Rheumatische Systemerkrankungen –  besonders häufig kommt die Speicheldrüsenszintigraphie bei Erkrankungen rheumatischen Ursprungs zum Einsatz, da diese häufig mit einer Sicca-Symptomatik einhergehen. Unter der Sicca-Symptomatik wird eine persistierende Trockenheit der Speicheldrüsen verstanden, die sich als Xerostomie (Mundtrockenheit) bzw. als Trockenheit des Auges (Konjunktivitis sicca) darstellen kann. Die Sicca-Symptomatik ist häufig Ausdruck eines Sjögren-Syndroms, bei dem es sich um eine Kollagenose (Autoimmunerkrankung) handelt. Auch das Heerfordt-Syndrom, bei dem es sich um eine chronische Entzündung der Glandula parotis und der Tränendrüse handelt, stellt eine Indikation für die Anwendung des Verfahrens dar.
  • Radiojodtherapie – eine therapeutische Behandlung mit radioaktivem Jod kann zur Zerstörung des Parenchyms (Gewebe) der Speicheldrüsen beitragen. Die hierdurch bedingte Schädigung lässt sich mit der Speicheldrüsenszintigraphie nachweisen.
  • Sialolithiasis (Speichelsteinleiden) – im Bereich der Speicheldrüsen können sich Speichelsteine bilden, die unter anderem mit einer massiv erhöhten Entzündungsgefahr einhergehen.
  • Tumoren – Der Nachweis von Tumoren der Speicheldrüsen lässt sich mit der Speicheldrüsenszintigraphie durchführen. Besonders häufig treten Adenome (gutartiger Tumor des Drüsengewebes), Karzinome (bösartiger Tumor der Haut und Schleimhäute), aber auch Metastasen in diesem Bereich auf.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Relative Kontraindikationen

  • Laktationsphase (Stillphase) – das Stillen muss für 48 Stunden unterbrochen werden, um eine Gefährdung des Kindes zu verhindern.
  • Wiederholungsuntersuchung – innerhalb von drei Monaten sollte aufgrund der Strahlenbelastung keine Wiederholung einer Szintigraphie durchgeführt werden.

Absolute Kontraindikationen

  • Gravidität (Schwangerschaft)

Vor der Untersuchung

  • Nahrungsverzicht – der Patient sollte vor der Untersuchung mindestens eine Stunde keine Nahrung und keine Flüssigkeit zu sich genommen haben.
  • Applikation des Radiopharmakons – in Abhängigkeit vom Alter, Größe und Gewicht wird eine definierte Menge des 99mTc-Pertechnetats über eine intravenöse Injektion verabreicht. Die Applikation erfolgt unter Kamerakontrolle.

Das Verfahren

  • Initiale Bildgebung: Erfassung der Speicheldrüsenaktivität vor der Stimulation.
  • Stimulation: Gabe von Zitronensaft oder Ascorbinsäure zur Anregung der Speichelsekretion, gefolgt von einer zweiten Bildgebung zur Beurteilung der Reaktion der Drüsen.
  • Datenanalyse: Quantitative und qualitative Auswertung der Speichelflussraten und Drüsenfunktion.

Im Anschluss an die Gabe des 99mTc-Pertechnetats erfolgt die 30-minütige Erstellung von Bilddaten. Nach weiteren 20 Minuten wird dem Patienten Zitronensaft oder in Wasser gelöste Ascorbinsäure verabreicht, die die Funktion der Speicheldrüsen anregen sollen. Durch die verstärkte Speichelsekretion wird eine massive Ausscheidung des Radiopharmakons hervorgerufen. Bei der anschließenden Funktionsanalyse der Messwerte wird die zeitabhängige Funktion der vier großen Speicheldrüsen evaluiert (beurteilt).

Für die Beurteilung der Messwerte ist von entscheidender Bedeutung, dass sich der Patient möglichst wenig bewegt, um eine adäquate Aufzeichnungsqualität gewährleisten zu können.

Anhand der Untersuchung können verschiedene Parameter beurteilt werden, sodass ein pathologischer (krankhafter) Prozess erkannt und eingeordnet werden kann. Beim Vorliegen einer akuten Entzündung der Speicheldrüsen ist die Perfusion dieser erhöht, wobei die Aufnahme des Radiopharmakons verstärkt ist. Im Gegensatz hierzu ist jedoch die Abgabe des Pharmakons reduziert. Liegt ein chronischer Entzündungsprozess vor, so lassen sich eine deutlich reduzierte Perfusion und Pharmakon-Aufnahme feststellen, wobei die Abgabe des Radiopharmakons vermindert ist. Bei einer Sialolithiasis (Speicheldrüsensteinleiden) sind hingegen alle Parameter reduziert. Auch eine Parenchymstörung (Gewebeveränderung) durch eine Radiojodtherapie führt zur Reduktion aller Messparameter.

Obwohl verschiedene Verfahren zur Beurteilung der Speicheldrüsen vorhanden sind, die ohne eine Strahlenexposition auskommen, stellt die Speicheldrüsenszintigraphie eine sinnvolle Beurteilungsmethode bei diversen pathologischen (krankhaften) Prozessen dar, weil es sich um eine nicht-invasive Methode handelt, die eine physiologische (natürliche) Darstellung der Drüsenparenchymfunktion ermöglicht. Aufgrund dessen bietet sich das Verfahren insbesondere für die Durchführung von Verlaufskontrollen bei einer Pharmakotherapie (medikamentöse Therapie) an. Des Weiteren stellt es den Goldstandard in der Beurteilung einer Xerostomie (Trockenheit der Mundhöhle) dar.

Mögliche Befunde

  • Normal: Ausgeglichene und effiziente Speicheldrüsenfunktion.
  • Akute Sialadenitis (Speicheldrüsenentzündung): Erhöhte Aufnahme und verzögerte Ausscheidung des Radiopharmakons.
  • Chronische Sialadenitis: Reduzierte Funktion und Aufnahme.

Nach der Untersuchung

Besprechung der Ergebnisse: Klärung der Befunde und Diskussion über weiterführende Maßnahmen oder Behandlungsoptionen.

Mögliche Komplikationen

  • Bei der intravenösen Applikation des Radiopharmakons kann es zu lokalen Gefäß- und Nervenläsionen (Verletzungen) kommen.
  • Die Strahlenbelastung durch das verwendete Radionuklid ist eher, als gering einzustufen. Trotzdem ist das theoretische Risiko eines strahleninduzierten Spätmalignoms (Leukämie oder Karzinom) erhöht, sodass eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen sollte.
  • Allergie – allergische Reaktionen auf die aufgenommene Nahrung sind möglich. Aufgrund dessen sollte bei der Anamnese eine Nahrungsmittelallergie ausgeschlossen werden.

Literatur

  1. Linke R: Funktionsuntersuchungen des oberen Gastrointestinaltraktes. Der Nuklearmediziner. 2009. 32:28-38
  2. Reiß M: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer Verlag 2009
  3. Bork K: Mundschleimhaut- und Lippenkrankheiten. Schattauer Verlag 2008
  4. Tomiak C, Dörner T: Sjögren-Syndrom. Z. Rheumatol. 2006. 65:505-519
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