Ergometer-Test

Der Ergometer-Test misst unter sportärztlicher Aufsicht die körperliche Arbeitsleistung der Testperson auf einem Rad-Ergometer oder Laufband. Er dient der Analyse der Ausdauer und zur Überprüfung einiger Gesundheitsparameter.

Zielsetzung des Ergometer-Tests

Die Hauptzielsetzung des Ergometer-Tests besteht darin, die kardiovaskuläre und muskuläre Leistungsfähigkeit einer Person präzise zu beurteilen. Dies ermöglicht die individuelle Anpassung von Trainingsprogrammen basierend auf der aktuellen Leistungsgrenze.

Zusätzlich dient der Test dazu, das Risiko für gesundheitliche Probleme während körperlicher Belastungen zu minimieren, indem spezifische Gesundheitsparameter wie Herzfrequenz, Blutdruck und EKG-Werte überwacht werden. Dies ist besonders relevant für:

  • Personen mit kardiovaskulären Erkrankungen/Herz- und Gefäßerkrankungen (z. B. Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung), Hypertonie (Bluthochdruck))
  • Patienten in der Rehabilitation nach Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Sportler zur Leistungssteigerung und Trainingsoptimierung
  • Ältere Personen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Der Ergometer-Test ist in folgenden Situationen indiziert:

  • Sportler/Leistungssportler – Zur Beurteilung der Leistungsgrenze und zur Anpassung der Trainingsbelastung
  • Ermittlung der Leistungsgrenze nach längerer Inaktivität – Rückkehr zum Sport nach längerer Krankheit oder Verletzung
  • Kardiovaskuläre Diagnostik
    • Diagnostik einer koronaren Herzkrankheit (KHK)
    • Diagnostik von Herzrhythmusstörungen unter Belastung
    • Bewertung der Belastbarkeit bei arterieller Hypertonie 
    • Kontrolle der kardialen Rehabilitation nach Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz
  • Beurteilung der körperlichen Fitness vor sportlichen Aktivitäten (z. B. Marathonvorbereitung)
  • Ermittlung der anaeroben Schwelle – Bestimmung der Trainingsbereiche im Leistungssport

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Ein Ergometer-Test sollte nicht durchgeführt werden bei:

  • Absolute Kontraindikationen:

    • Akuter Myokardinfarkt (< 48 Stunden)
    • Instabile Angina pectoris
    • Akute Myokarditis oder Perikarditis (Herzbeutelentzündung)
    • Schwere symptomatische Aortenklappenstenose (Aortenklappenverengung)
    • Unkontrollierte symptomatische Herzinsuffizienz
    • Schwere arterielle Hypertonie (> 230/120 mmHg)
    • Akute Lungenembolie oder pulmonale Hypertonie (Lungenhochdruck)
    • Schwere Herzrhythmusstörungen (z. B. ventrikuläre Tachykardien: Kammertachykardie; Herzrhythmusstörung, bei der eine lang anhaltende Reihe von Extraschlägen auftreten)
  • Relative Kontraindikationen:

    • Linksherzobstruktion (z. B. hypertrophe Kardiomyopathie/Herzmuskelerkrankung die mit einer Vergrößerung der Herzmuskelzellen einhergeht)
    • Mäßige Aortenklappenstenose (Herzklappenverengung)
    • Ausgeprägte Tachykardie oder Bradykardie (verlangsamter Puls)
    • Elektrolytstörungen (z. B. Hypokaliämie/Kaliummangel)
    • Frische tiefe Beinvenenthrombose (Blutgerinnsel (Thrombus), das eine Vene verschließt)

Das Verfahren

Grundsätzlich dient der Ergometer-Test der Überprüfung des Leistungs- und Belastbarkeitszustands der Testperson.

Gemessene Parameter:

  • Herzfrequenz (Puls)
  • Blutdruck
  • Elektrokardiogramm (EKG)
  • Sauerstoffaufnahme (optional bei Spiroergometrie)
  • Lactatkonzentration im Blut (optional)

Dauer des Belastungstests

Ein Ergometer-Test dauert in der Regel zwischen 6 und 15 Minuten, abhängig vom gewählten Protokoll und der individuellen Belastbarkeit.

Typischer Ablauf:

  1. Aufwärmphase – ca. 1-2 Minuten mit niedriger Belastung
  2. Belastungsphase – je nach Protokoll wird die Belastung in bestimmten Zeitintervallen um etwa 15-30 Watt erhöht
    • WHO-Protokoll – Anstieg um 25 Watt alle 2 Minuten
    • Ramp-Protokoll – Kontinuierlicher Anstieg um 10-20 Watt pro Minute
    • Conconi-Test – Selbstgesteuerte Belastungssteigerung mit Pulsmessung
    • Feldstufentest – Ermittlung der Laktatschwelle unter definierter Belastung
  3. Erholungsphase – nach Abschluss der Belastungsphase erfolgt eine Nachbeobachtung unter geringer Belastung oder in Ruhe (ca. 2-3 Minuten)

Kriterien zum Testabbruch:

  • Erreichen der maximalen Herzfrequenz (ca. 85-90 % der altersentsprechenden maximalen Herzfrequenz)
  • Auftreten von Symptomen (Brustschmerzen, Atemnot, Schwindel)
  • Auftreten von pathologischen EKG-Veränderungen (z. B. ST-Senkung)
  • Ausbelastung (muskelbedingte Erschöpfung)

Arten des Ergometer-Tests

Es gibt verschiedene standardisierte Testverfahren, die je nach Zielsetzung und Fragestellung in der sportmedizinischen und kardiologischen Diagnostik eingesetzt werden. Die Auswahl des geeigneten Tests hängt von der individuellen Belastbarkeit, dem Trainingszustand und den gesundheitlichen Voraussetzungen der Testperson ab.

1. Conconi-Test

Der Conconi-Test dient der Ermittlung der anaeroben Schwelle (Übergang von der aeroben zur anaeroben Energiegewinnung) durch die Analyse der Herzfrequenzentwicklung unter Belastung.

Ablauf:

  • Der Test beginnt mit einer niedrigen Belastung, die kontinuierlich gesteigert wird (z. B. um 1-2 km/h oder 20-30 Watt pro Minute).
  • Die Herzfrequenz wird in regelmäßigen Intervallen gemessen und aufgezeichnet.
  • Der Übergang von der linearen zur nichtlinearen Steigung der Herzfrequenz markiert die anaerobe Schwelle.

Ziel:

  • Bestimmung der optimalen Trainingsbereiche
  • Ermittlung der individuellen anaeroben Schwelle zur Steuerung der Trainingsintensität

Vorteile:

  • Einfache Durchführung ohne aufwendige Labordiagnostik
  • Gut geeignet für Sportler im Ausdauerbereich (z. B. Läufer, Radfahrer)

Nachteile:

  • Herzfrequenzverlauf kann durch äußere Faktoren (z. B. Stress, Schlafmangel) beeinflusst werden
  • Keine direkte Bestimmung der Laktatwerte

2. Feldstufentest

Der Feldstufentest dient der Bestimmung der Lactatschwelle und der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit durch die Analyse der Herzfrequenz und der Blutlaktatwerte unter Belastung.

Ablauf:

  • Die Testperson absolviert eine stufenweise Belastung auf einem Fahrradergometer oder Laufband.
  • Die Belastung wird in festen Intervallen (z. B. alle 3 Minuten um 20-30 Watt) erhöht.
  • Nach jeder Belastungsstufe wird ein kleiner Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen oder der Fingerbeere zur Bestimmung des Laktatwertes entnommen.
  • Die Herzfrequenz, der Blutdruck und die subjektive Belastungswahrnehmung (Borg-Skala) werden parallel dokumentiert.

Ziel:

  • Bestimmung der individuellen Laktatschwelle (Übergang von aerober zu anaerober Energiegewinnung)
  • Ermittlung der optimalen Trainingsbereiche
  • Kontrolle der Effektivität von Trainingsmaßnahmen

Vorteile:

  • Direkte Messung der Stoffwechselbelastung durch Lactatanalyse
  • Präzisere Bestimmung der anaeroben Schwelle im Vergleich zum Conconi-Test

Nachteile:

  • Invasives Verfahren (Blutabnahme erforderlich)
  • Höherer apparativer Aufwand

3. HfMax-Test (Herzfrequenz-Maximal-Test)

Der HfMax-Test dient der Bestimmung der maximalen Herzfrequenz unter Belastung. Die maximale Herzfrequenz ist ein zentraler Parameter für die Trainingssteuerung und die Festlegung der individuellen Belastungszonen.

Ablauf:

  • Die Belastung wird nach einer kurzen Aufwärmphase kontinuierlich gesteigert (z. B. alle 30 Sekunden um 10-20 Watt).
  • Die Testperson wird bis zur völligen Erschöpfung belastet.
  • Die maximale Herzfrequenz wird im Moment der Erschöpfung aufgezeichnet.

Ziel:

  • Ermittlung der maximalen Herzfrequenz für die Trainingssteuerung
  • Definition der individuellen Trainingszonen (z. B. Fettverbrennungszone, anaerobe Schwelle)

Vorteile:

  • Einfache und schnelle Durchführung
  • Direktes Ergebnis ohne komplexe Auswertung

Nachteile:

  • Hohe körperliche Beanspruchung → nicht geeignet für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen
  • Risiko für Arrhythmien oder Kreislaufprobleme bei Vorerkrankungen

4. Spiroergometrie

Die Spiroergometrie ist das umfassendste Verfahren zur Bestimmung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit und der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO₂max). Die Spiroergometrie kombiniert eine Belastungsanalyse mit einer Atemgasanalyse.

Ablauf:

  • Die Testperson trägt während der Belastung eine Atemmaske, die die Zusammensetzung der Atemgase (Sauerstoff, Kohlendioxid) misst.
  • Die Belastung erfolgt stufenweise oder kontinuierlich (z. B. Anstieg um 20-30 Watt alle 1-2 Minuten).
  • Gemessen werden:
    • Sauerstoffaufnahme (VO₂)
    • Kohlendioxidabgabe (VCO₂)
    • Atemfrequenz und Atemminutenvolumen
    • Respiratorischer Quotient (RQ)
    • Herzfrequenz und Blutdruck
    • Blutlaktatwerte (optional)

Ziel:

  • Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO₂max) als Maß für die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit
  • Analyse der ventilatorischen Schwellen (VT1 und VT2)
  • Differenzierung zwischen kardiologischen und pulmonalen Leistungslimitationen

Vorteile:

  • Umfassende Diagnostik der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit
  • Aussagekräftig für die Trainingssteuerung im Leistungssport

Nachteile:

  • Hoher apparativer Aufwand
  • Belastend für die Testperson
  • Erfordert spezialisiertes Fachpersonal

5. Belastungs-EKG (Ergometrie nach WHO-Standard)

Der Belastungstest nach WHO-Standard wird primär zur kardiologischen Diagnostik eingesetzt.

Ablauf:

  • Die Testperson absolviert eine stufenweise Belastung auf einem Fahrradergometer (z. B. Anstieg um 25 Watt alle 2 Minuten).
  • Parallel werden die Herzfrequenz, der Blutdruck und das EKG aufgezeichnet.
  • Der Test wird beendet, wenn die maximale Herzfrequenz erreicht wird oder Symptome (z. B. Brustschmerzen, Dyspnoe) auftreten.

Ziel:

  • Diagnostik von myokardialer Ischämie (KHK)
  • Beurteilung von Belastungs-Hypertonie
  • Erkennung von Herzrhythmusstörungen unter Belastung

Vorteile:

  • Klinisch etabliertes Verfahren zur Diagnostik von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Aussagekräftig bei Verdacht auf KHK

Nachteile:

  • Kein direkter Rückschluss auf die muskuläre Leistungsfähigkeit
  • Keine Bestimmung der anaeroben Schwelle

6. Lactat-Leistungstest (Lactatdiagnostik)

Der Lactat-Leistungstest dient der Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle durch eine kombinierte Lactat- und Herzfrequenzanalyse.

Ablauf:

  • Die Belastung wird stufenweise gesteigert (z. B. alle 3 Minuten um 20-30 Watt).
  • Nach jeder Belastungsstufe erfolgt eine Blutabnahme zur Bestimmung der Laktatkonzentration.
  • Die anaerobe Schwelle wird anhand der Laktatkurve bestimmt.

Ziel:

  • Bestimmung der optimalen Trainingsintensität
  • Kontrolle der Trainingsanpassung

Vorteile:

  • Hohe diagnostische Aussagekraft
  • Direktes Feedback für die Trainingssteuerung

Nachteile:

  • Invasives Verfahren (Blutabnahme erforderlich)
  • Erfordert spezialisierte Labordiagnostik

Zusammenfassung der Testverfahren

Testverfahren Ziel Messgrößen Vorteil Nachteil
Conconi-Test Anaerobe Schwelle Herzfrequenz Einfach, nicht invasiv Weniger präzise
Feldstufentest Laktatschwelle Herzfrequenz, Lactat Präzise Lactatbestimmung Blutentnahme notwendig
HfMax-Test Maximale Herzfrequenz Herzfrequenz Einfach, direkt Hohe Belastung
Spiroergometrie VO₂max, Atemvolumen Atemgasanalyse, Herzfrequenz Umfassende Diagnostik Aufwendig
Belastungs-EKG Ischämie-Diagnostik EKG, Herzfrequenz Klinisch etabliert Keine Lakcatbestimmung

Mögliche Befunde nach dem Ergometer-Test

Die Auswertung erfolgt durch die Analyse der erfassten Werte und der subjektiven Belastungsempfindung.

  • Normale Reaktion:
    • Angemessene Steigerung der Herzfrequenz und des Blutdrucks
    • Schnelle Erholung nach der Belastung
  • Unzureichende kardiovaskuläre Reaktion:
    • Geringer oder fehlender Anstieg der Herzfrequenz oder des Blutdrucks unter Belastung
    • Fehlende Erholung nach Belastungsende
  • Übermäßige Laktatbildung:
    • Hohe Laktatwerte bereits bei geringer Belastung → Hinweis auf aerobe Kapazitätsgrenze
  • Pathologische EKG-Veränderungen:
    • ST-Streckensenkung >0,1 mV → Hinweis auf myokardiale Ischämie
    • Ventrikuläre Extrasystolen → Hinweis auf Herzrhythmusstörungen

Auswertung und Interpretation

Die Ergebnisse des Ergometer-Tests werden verwendet, um:

  • Die maximale Leistungsfähigkeit zu bestimmen
  • Die Trainingsintensität individuell anzupassen
  • Kardiovaskuläre Risiken frühzeitig zu erkennen
  • Die Effektivität einer Rehabilitationstherapie zu überwachen

Fazit

Der Ergometer-Test ist ein vielseitig einsetzbares diagnostisches Instrument zur Beurteilung der kardiovaskulären und muskulären Leistungsfähigkeit. Die durch den Test gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen eine gezielte Trainingssteuerung und bieten wertvolle Hinweise auf zugrunde liegende kardiovaskuläre Erkrankungen. Bei entsprechender Indikation und unter Berücksichtigung der Kontraindikationen ist der Ergometer-Test ein unverzichtbares Verfahren in der kardiologischen und sportmedizinischen Diagnostik.