Riechtest (Olfaktometrie)

Bei der Olfaktometrie (Synonyme: Riechprüfung, Geruchsprüfung, Riech-Test) handelt es sich um ein diagnostisches Verfahren der Hals-Nasen-Ohren-Medizin zur Überprüfung einer möglichen Einschränkung des Geruchssinnes.
Die Prüfung des Geruchssinnes erfolgt an verschiedenen Geruchsstoffen, sodass eine genaue Bestimmung der Geruchseinschränkung gewährleistet werden kann. Mithilfe der Olfaktometrie besteht die Möglichkeit sowohl subjektiv als auch objektiv die Funktionseinschränkungen des Riechorgans zu diagnostizieren. Die Untersuchungen erfolgen bei einem breit gefächerten Spektrum an Krankheiten wie bspw. Schädigungen der peripheren und zentralen Riechbahn (bei der Riechbahn handelt es sich um Strukturen des zentralen Nervensystems, über die die Informationen der Riechsinneszellen zu einem spezifischen Gehirnbereich weitergeleitet werden). Überdies ist zu erwähnen, dass die Anwendung der olfaktorischen Untersuchungen standardisiert erfolgt.

Zielsetzung der Olfaktometrie

Die Hauptzielsetzung der Olfaktometrie ist es, eine präzise und objektive Bewertung der olfaktorischen Funktionen eines Individuums vorzunehmen. Diese Diagnostik ermöglicht es, Störungen des Geruchssinnes frühzeitig zu erkennen, die Ätiologie einer Riechstörung zu bestimmen und eine adäquate Therapie oder weiterführende Diagnostik einzuleiten. Insbesondere dient sie der frühzeitigen Identifikation von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson, bei denen Geruchsverlust oft ein Frühsymptom darstellt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Bei vorliegendem Morbus Parkinson und Morbus Alzheimer leiden ungefähr 80 Prozent der Erkrankten an einer Riechstörung (Dysosmie), da die zum Riechen benötigten Hirnareale geschädigt werden. Da diese Schädigung schon früh im Krankheitsverlauf auftreten kann, festigt sie beim Vorliegen weiterer Symptome die Diagnose oder deutet als Einzelsymptom auf die Erkrankungen hin.
  • Ein verschlechtertes Riechvermögen kann auch als Zeichen eines Diabetes mellitus Typ 1 und 2 angesehen werden, da auch hier durch die Neuropathie (Nervenschädigung) eine Anosmie oder Hyposmie (verminderter Geruchssinn) entstehen kann.
  • Bei Vorliegen von Nasenpolypen kann eine Olfaktometrie indiziert (angezeigt) sein, da sich diese durch die Schleimhautschwellung ebenfalls über eine Verminderung der Riechleistung bemerkbar machen können.

Vor der Untersuchung

  • Vermeiden von Riechstörungen beeinflussenden Substanzen
    • Patienten sollten mindestens 24 Stunden vor der Untersuchung auf den Konsum von Tabak, Alkohol und stark gewürzten oder geruchsintensiven Lebensmitteln verzichten, da diese die Riechfähigkeit temporär beeinträchtigen können.
  • Keine Verwendung von nasalen oder systemischen Medikamenten
    • Bestimmte Medikamente, besonders nasale Sprays oder Allergiemedikamente, können die Riechfähigkeit beeinflussen. Diese sollten nach Möglichkeit vor der Untersuchung abgesetzt werden, natürlich nur nach Rücksprache mit einem Arzt.
  • Gesundheitlicher Zustand
    • Patienten sollten zum Zeitpunkt der Untersuchung frei von akuten respiratorischen Infektionen oder chronischen Sinuserkrankungen sein, da solche Zustände die Geruchswahrnehmung beeinträchtigen können.
  • Reinigung der Nasenpassage
    • Eine saubere Nasenpassage ist für die Untersuchung essenziell. Patienten können angehalten werden, ihre Nase vor der Untersuchung zu reinigen, um mögliche Blockaden durch Schleim oder Fremdkörper zu entfernen.
  • Psychische Vorbereitung
    • Der Patient sollte über das Verfahren aufgeklärt werden, um Angst oder Unsicherheit zu reduzieren. Das Verstehen des Verfahrens kann auch dazu beitragen, die Kooperation während der Testdurchführung zu verbessern.
  • Ruhebedingungen
    • Vor der Untersuchung sollte sichergestellt werden, dass der Patient sich in einem entspannten und ruhigen Zustand befindet. Stress und Anspannung können die Testergebnisse beeinflussen.

Das Verfahren

Das Prinzip der Olfaktometrie beruht auf der Verwendung diverser Geruchsstoffe aus verschiedenen Geruchsklassen.

Als grundlegende Geruchsstoffe sind die folgenden zu nennen:

  • Reine Riechstoffe: diese Form der Geruchsstoffe reizt ausschließlich den Nervus olfactorius (Riechnerv) – als Beispiele sind hier Kaffee, Vanille, Lavendel und Zimt aufzuzählen.
  • Kombinationsriechstoffe: diese Geruchsstoffe sind in der Lage, nicht nur den Nervus olfactorius zu reizen und so die Reizweiterleitung zu initiieren, sondern auch eine zusätzliche Anregung des Nervus trigeminus (ein Hirnnerv, der sowohl die Muskulatur als auch die Haut im Gesicht versorgt) zu erreichen.
  • Riechstoffe mit einer Geschmackskomponente: diese vorliegende Form der Geruchsstoffe reizt einerseits den Nervus olfactorius, andererseits jedoch noch zusätzlich verschiedene Geschmacksnerven wie den Nervus facialis (gemischter Nerv mit einem motorischen (einen Muskel versorgend) und einem sensiblen (ein Hautareal versorgend) Anteil). Als Beispiel für diese Gattung ist Chloroform zu nennen.

Aufgrund der Tatsache, dass reine Riechstoffe ausschließlich über den Nervus olfactorius wahrgenommen werden können, besteht bei Anosmie (vollständiger Geruchsverlust) keine Wahrnehmung des Geruches. Bei den anderen Formen können die Stoffe jedoch bspw. über den Geschmackssinn wahrgenommen werden.

Die zur Olfaktometrie benötigten Olfaktometer werden in zwei verschiedene Systeme aufgeteilt. Voneinander abgrenzen lassen sich statische und dynamische Olfaktometer, welche sich durch verschiedene Verdünnungsverfahren unterscheiden:

  • Statische Olfaktometrie: bei diesem Verfahren verwendet man zwei verschiedene Gase, die jeweils in einem unterschiedlich großen Volumen vorkommen. Das eine Gas ist vollkommen geruchslos, während das andere Gas über eine olfaktorische Wirkung verfügt. Aus dem Verhältnis der beiden Gasvolumina lässt sich nun die Verdünnung errechnen.
  • Dynamische Olfaktometrie: bei diesem Verfahren wird ebenfalls ein riechendes Gas als Geruchsprobe verwendet und mit einem Gas vermischt. Als Vorteil dieser Methode ist jedoch der geringere Bedarf des olfaktorischen Stoffes zu sehen.

Zum Ablauf der Olfaktometrie:

  • Bei der Testung auf eine vorliegende Riechstörung wird dem Patienten eine Geruchsprobe in einer unterschiedlich starken Verdünnung angeboten. Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen, darf der Patient nicht unter dem Einfluss von Medikamenten stehen, die den Geruchssinn beeinflussen können. Des Weiteren ist es wichtig, dass er unter keiner Erkrankung leidet, die das Riechen beeinträchtigen kann (Beispiel: Rhinitis – viral bedingter Schnupfen).
  • Zur Bestimmung der Geruchsschwelle (geringste Konzentration eines riechenden Stoffes, der von dem Patienten wahrgenommen werden kann) werden dem Patienten verschiedene Geruchsproben in unterschiedlicher Verdünnung zur Messung dargeboten.
  • Die verschiedenen Proben werden nach Möglichkeit nicht nur in einer absteigenden Intensität dargeboten, sondern bei der Gabe variiert. Eine andere Variante zur Verschlüsselung der Reihenfolge der Proben ist die Forced-Choice-Methode, bei der dem Patienten jeweils zwei Rohre angeboten werden und er erkennen muss, in welchem sich die verdünnte Geruchsprobe befindet. Abzugrenzen hiervon ist der Ja-Nein Modus, bei welchem der Patient bewerten soll, ob in dem angebotenen Röhrchen ein riechender Stoff enthalten ist.
  • Bei beiden Varianten darf der Geruchsstoff nur maximal 15 Sekunden auf den Patienten wirken, bis dieser das Vorliegen eines Geruches erkannt haben muss. Des Weiteren bedarf es nach jeder Gabe eines Geruchsstoffes einer Pause von einer halben Minute, sodass eine Adaption (Gewöhnung) an den Geruchsstoff verhindert werden kann.

Neben der Trennung der beiden Olfaktometrieverfahren besteht auch die Möglichkeit, die Riechprüfung selbst in zwei unterschiedlichen Verfahren zu differenzieren:

  • Die subjektive Riechprüfung vertraut als qualitatives Testverfahren auf die verbal geäußerte Antwort des Patienten, ob dieser den Geruch mit jeweils einem verschlossenen Nasenloch wahrgenommen hat.
  • Die objektive Riechprüfung hingegen ermöglicht es bei Patienten, die sich nicht selbst äußern können (bspw. beim Vorliegen einer geistigen Behinderung oder bei Kleinkindern), ob sie den Geruch wahrgenommen haben. Die Prüfung erfolgt durch die Messung der Hirnströme der Patienten mit einem EEG-Gerät. Die beim Erkennen eines Geruches ausgelösten Strömungen können durch das EEG-Messgerät dargestellt werden.

Mögliche Befunde

Die Olfaktometrie kann eine Reihe spezifischer Befunde liefern, die wichtige Hinweise auf verschiedene medizinische Zustände geben:

  • Normosmie: Normal funktionierender Geruchssinn.
  • Hyposmie: Reduzierte Geruchsempfindlichkeit, kann auf beginnende neurodegenerative Prozesse oder chronische Sinusitis hinweisen.
  • Anosmie: Kompletter Verlust des Geruchssinnes, oft verursacht durch schwere Schädigung der olfaktorischen Bahnen oder zentrale neurologische Ereignisse.
  • Parosmie: Verzerrte Geruchswahrnehmung, bei der Gerüche anders wahrgenommen werden, als sie tatsächlich sind, was oft nach einer Schädigung des olfaktorischen Epithels auftritt.
  • Phantosmie: Wahrnehmung von Gerüchen, die nicht vorhanden sind, ein mögliches Zeichen für neurologische Störungen oder psychische Erkrankungen.

In vielen Fällen erholt sich der Patient von der Riechstörung auch ohne Behandlung. Sollte diese jedoch als Symptom einer Grunderkrankung vorliegen, kann die Olfaktometrie zur Diagnose der Grunderkrankung beitragen. Entscheidend für den Patienten ist also nicht die Feststellung der Riechstörung, sondern vielmehr die Erkennung der Ursache.

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iteratur

  1. Boenninghaus H: HNO: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Springer Verlag 2007
  2. Arnold W: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Georg Thieme Verlag 2005
  3. Probst R: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Georg Thieme Verlag 2008