Kontaktglasdynamometrie

Bei der Kontaktglasdynamometrie handelt es sich um ein Verfahren der Ophthalmologie (Augenheilkunde) zur Bestimmung des diastolischen und systolischen Blutdruckes im Auge. Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit, innerhalb weniger Sekunden den Zentralvenendruck im Auge genau zu ermitteln. Mithilfe dieses Kontaktglasdynamometrie-Verfahrens lässt sich eine Einschätzung einer möglichen Hypertonie (Bluthochdruck) realisieren, sodass gegebenenfalls im Anschluss an die Untersuchung eine Behandlung zur Korrektur des Bluthochdruckes durchgeführt werden kann. Die Entwicklung des Verfahrens, welches eine konsequente Weiterentwicklung des Ophthalmodynamometers nach Bailliart darstellt, geht maßgeblich auf den Arzt Dr. Bernhard Löw zurück.

Zielsetzung

Das Hauptziel der Kontaktglasdynamometrie ist es, durch die Messung des diastolischen und systolischen Blutdrucks im Auge sowie des Zentralvenendrucks (ZVD) eine detaillierte Beurteilung des vaskulären Gesundheitszustands des Auges zu ermöglichen. Diese Methode dient der Früherkennung und Überwachung von Zuständen wie Glaukom, Hypertonie und anderen vaskulären Anomalien, die das Sehvermögen beeinträchtigen können.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Arterie carotis interna Stenose (Einengung der hirnversorgenden Halsschlagader aufgrund von Verkalkungen, welche zu einem Schlaganfall führen kann)
  • Systemische Hypertonie (Bluthochdruck) mit möglicher Schädigung retinaler Gefäße
  • Zentralvenenverschlüsse
  • Glaukom (grüner Star – Erhöhung des Augeninnendruckes mit einhergehender Verschlechterung der Sehfähigkeit)
  • Endokrine Orbitopathie (EO; Exophthalmus – Hervortreten des Auges aufgrund raumfordernder Entzündungsprozesse hinter dem Augapfel des Patienten)
  • Verdacht auf mögliche Minderperfusion (verschlechterte Durchblutung) des Gehirns
  • Verdacht auf erhöhten Hirndruck mit Kopfschmerzsymptomatik und Leistungsminderung

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Bei der Kontaktglasdynamometrie gibt es bestimmte Zustände und Bedingungen, unter denen die Anwendung des Verfahrens vermieden oder mit besonderer Vorsicht durchgeführt werden sollte:

  • Schwere Oberflächenstörungen des Auges: Zustände wie das trockene Auge-Syndrom oder schwere Formen der Keratokonjunktivitis, die die Integrität der Hornhaut beeinträchtigen, können die Anwendung der Kontaktglasdynamometrie erschweren oder kontraindizieren.
  • Infektionen des Auges: Akute bakterielle oder virale Infektionen des Auges oder der Augenlider können durch den Kontakt und den Druck während der Untersuchung verschlimmert werden.
  • Kürzlich durchgeführte Augenoperationen: Patienten, die kürzlich eine Augenoperation hatten, insbesondere solche, die die Hornhaut oder die vorderen Augenkammern betreffen, könnten ebenfalls von der Untersuchung ausgeschlossen werden, bis sie vollständig geheilt sind.
  • Hohe Myopie (Kurzsichtigkeit) oder andere Erkrankungen mit erhöhtem Risiko einer Netzhautablösung: Die Anwendung von Druck auf das Auge könnte theoretisch bei bestimmten vorbestehenden Zuständen das Risiko einer Netzhautablösung erhöhen.

Vor der Untersuchung

  • Patientenaufklärung: Patienten sollten über den Ablauf der Untersuchung und mögliche Unannehmlichkeiten informiert werden.
  • Medikamentöse Vorbereitung: Die Anwendung eines pupillenerweiternden Mittels kann erforderlich sein, um eine optimale Untersuchung zu gewährleisten.
  • Lokalanästhesie: Um Discomfort zu minimieren, wird eine Tropfanästhesie angewendet.

Das Verfahren

Das Prinzip des Kontaktglasdynamometers beruht auf der Ausübung von Druck auf das Gefäß, an welchem die Blutdruckmessung erfolgen soll und basiert somit auf dem gleichen System wie eine herkömmliche Druckmessung am Oberarm (A. brachialis). Die Induktion dieser Kraft kann nun durch Messung der Gegenkraft ermittelt und im Anschluss daran mit dem Augeninnendruck in Beziehung gesetzt werden. Die Kraftausübung wird bei diesem Verfahren durch Verwendung eines Kontaktglases, dem Goldmann-Dreispiegelglas (Kontaktglas mit einem zentralen Anteil und drei Spiegeln in unterschiedlichen Winkeln zur Betrachtung der Retina – Netzhaut – und insbesondere des dort liegenden Gefäßsystems), erreicht. Die zur Bestimmung benötigte Messtechnik befindet sich auf der Rückseite des Kontaktglases. Nach erfolgter Messung wird jetzt der ermittelte Augeninnendruck auf einem LCD-Display abgebildet. Hierbei besteht eine Verbindung des Kontaktglasdynamometers zu einem computergestützten System.

Zum Ablauf der Kontaktglasdynamometrie:

  • der zu untersuchende Patient wird mithilfe einer Tropfanästhesie lokal betäubt und wenn nötig mit Atropin (pupillenerweiterndes Mittel) behandelt
  • nun erfolgt die bereits beschriebene Messung des Augeninnendruckes zur späteren Ermittlung der Blutdruckwerte in den arteriellen retinalen Gefäßen
  • der durch das Kontaktglas ausgeübte Druck wird so lange erhöht, bis ein Überschreiten des diastolischen Blutdruckes realisiert wurde
  • nach Erreichen und Überschreiten dieses signifikanten Wertes ist erst eine Pulsation (im arteriellen Gefäßsystem ausgelöste Druckwelle) beispielsweise in der Arterie centralis retinae (diagnostisch wichtige Arterie der Netzhaut) zu erkennen, dem folgend kommt es zu einem Kollaps der arteriellen Gefäße – ein Gefäßkollaps zeigt den diastolischen Druck an und eine Pulsation ist eine Indikation (Anzeige) für den systolischen Blutdruck
  • durch Verwendung des Fußpedals kann nun vom Arzt der vorliegende Blutdruck im Gefäßabschnitt festgehalten werden
  • des Weiteren bietet sich dem behandelnden Arzt auch die Möglichkeit der Messung des venösen Abflussdruckes, indem er mit einem Finger eine Kompression des oberen Augenlides oder durch Anwendung des Kontaktglases eine Druckerhöhung hervorruft – bei Erhöhung des Augeninnendruckes ist nur bei zu hohem Abflussdruck einen Venenpuls auslösbar

Zunehmende diagnostische Bedeutung erlangt das Verfahren durch Bestimmung des zentralen Venendruckes. Als Resultat dieser Möglichkeit lassen sich unter anderem der Blutdurchfluss durch Verengungen des venösen Systems und die gewebespezifischen Einflüsse der Stenose (Verengung) bestimmen. Zusätzlich bestätigen neue wissenschaftliche Untersuchungen die Korrelation von einem Glaukom mit einem erhöhten venösen Druck.

Mögliche Befunde

  • Normaler Befund: Die Werte für den systolischen und diastolischen Blutdruck sowie den Zentralvenendruck liegen innerhalb der erwarteten Normbereiche.
  • Hypertonie: Erhöhte Druckwerte können auf systemische Hypertonie hinweisen, die retinale Gefäße (Netzhautgefäße) schädigen kann.
  • Venenstauung: Ein erhöhter Zentralvenendruck kann auf ein Glaukom oder andere Erkrankungen hinweisen, die den venösen Abfluss behindern.
  • Arterielle Stenose: Abnorm niedrige Druckwerte könnten eine Stenose (Verengung) in der Arteria carotis interna oder eine andere Verengung der blutversorgenden Arterien des Gehirns anzeigen.

Nach der Untersuchung

  • Patientenberatung: Patienten sollten über ihre Ergebnisse aufgeklärt und beraten werden, wie sie ihren Augendruck und allgemeine Augengesundheit durch regelmäßige Überprüfungen und mögliche Anpassungen der Lebensweise oder Medikationen managen können.
  • Folgetermine: Gegebenenfalls sind weitere Untersuchungen oder Überwachungen erforderlich, um den Verlauf zu kontrollieren oder die Wirksamkeit einer eingeleiteten Therapie zu bewerten.

Mögliche Komplikationen

Die Kontaktglasdynamometrie ist generell ein sicheres Verfahren, jedoch gibt es wie bei jedem medizinischen Eingriff potenzielle Risiken und Nebenwirkungen:

  1. Mechanische Irritationen: Der Druck und die Manipulation am Auge können zu vorübergehenden Beschwerden, Rötungen oder einer leichten Schwellung führen.
  2. Korneale Abrasionen: Trotz der Verwendung von Lokalanästhetika (örtliches Betäubungsmittel) und sorgfältiger Technik kann es gelegentlich zu kleinen Abschürfungen der Hornhaut kommen, besonders wenn das Auge sehr trocken ist oder der Patient sich während des Verfahrens bewegt.
  3. Photophobie (Lichtscheu) oder vorübergehende Sehstörungen: Die Pupillenerweiterung und die Beleuchtung während der Untersuchung können kurzfristig zu Lichtempfindlichkeit oder verschwommenem Sehen führen.
  4. Erhöhter Augeninnendruck: Obwohl selten, kann die Manipulation am Auge den Innendruck vorübergehend erhöhen, was bei Patienten mit Glaukom ein Risiko darstellen könnte.
  5. Allergische Reaktionen: Sensibilitäten oder allergische Reaktionen auf die verwendeten Anästhetika oder andere Medikamente, die während des Verfahrens verwendet werden, sind möglich.

Ihr Nutzen

Durch die Entwicklung des Verfahrens profitieren von folgenden Krankheitsbildern betroffene Patienten durch Beurteilung ihrer Krankheitsprogression (Krankheitsverlauf), sodass nach erfolgter Untersuchung eine geeignete Therapie für den Patienten durchgeführt werden kann:

  • gefährdeten Personen für einen Schlaganfall kann eine Risikodarlegung (Aufschluss über ein mögliches Schlaganfallrisiko) geboten werden
  • Hinweis für Patienten, dass Sehstörungen gegebenenfalls auf niedrigen Blutdrucken beruhen

Das Verfahren selbst ist für den Patienten vollkommen schmerzfrei und bei ausreichend weiter Pupille auch ohne medikamentösen Einsatz durchzuführen.

Literatur

  1. Gosevenor T: Primary Care Optometry. Butterworth Heinemann 2007
  2. Kanski JJ: Klinische Ohpthalmologie Lehrbuch und Atlas. Elsevier, Urban & Fischer Verlag: 2008 
  3. Augustin AJ: Augenheilkunde. Springer Verlag 2007