Anomaloskopie

Die Anomaloskopie ist ein Verfahren zur Diagnose und Beurteilung von Farbsinnesstörungen in der Ophthalmologie (Augenheilkunde). Bei der Untersuchung steht die Diagnostik von Rot-Grün-Schwächen im Mittelpunkt, die vor allem für die sichere Ausübung einiger Berufe überprüft werden muss. Hierzu gehören z. B. Piloten oder Busfahrer, da im Straßenverkehr bzw. Luftverkehr eine besondere Gefährdung besteht. Aus diesem Grund ist die anomaloskopische Untersuchung Teil der ärztlichen Tauglichkeitsuntersuchung.

Die Farbsinnesstörungen werden in verschiedene Krankheitsbilder unterteilt. Achromatopsie, dieses ist eine seltene vererbte Erkrankung, bei der keine oder nur partiell Farben, sondern nur Kontraste (hell-dunkel) wahrgenommen werden oder Achromasie (Farbenblindheit), bei der keine Wahrnehmung von Farben vorhanden ist und die Patienten nur Helligkeitsunterschiede erkennen. Zu den angeborenen Farbenfehlsichtigkeiten gehören die anomale Trichromasie bezeichnet die (Farbschwäche für Rot, Grün und Blau) sowie die partielle Farbenblindheit (Dichromasie – jeweils zwei Fehlfarben; Monochromasie – Fehlfarbe ist entweder Rot, Grün oder Blau). Eine Dichromasie hat typische Farbverwechslungen zur Folge, außerdem können Farbenfehlsichtigkeiten auch erworben sein. Die Anomaloskopie wird zur Unterscheidung einer monochromatischen Rotschwäche/-blindheit von einer Grünschwäche/-blindheit eingesetzt. Die Begrifflichkeiten der Farbsinnesstörungen sind wie folgt:

  • Protanomalie (Rotschwäche)
  • Protanopie (Rotblindheit)
  • Deuteranomalie (Grünschwäche)
  • Deuteranopie (Grünblindheit)
  • Tritanomalie (Blauschwäche)
  • Tritanopie (Blaublindheit)

Zielsetzung der Anomaloskopie

Die Anomaloskopie ist ein zentrales diagnostisches Verfahren zur Identifikation und Bewertung von Farbsehschwächen und Farbenblindheit, insbesondere im Rot-Grün-Spektrum. Diese Untersuchung ist entscheidend für die sichere Ausübung berufsbezogener Tätigkeiten, bei denen präzise Farbwahrnehmung eine Rolle spielt, wie bei Piloten, Busfahrern und anderen Berufen, die auf korrekte Farberkennung angewiesen sind. Ziel ist es, die Sicherheit im Straßen- und Luftverkehr zu gewährleisten und Personen mit Farbsehschwächen entsprechend zu beraten oder umzuschulen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Patienten mit Verdacht auf eine partielle Farbenblindheit (Rot oder Grün)
  • Tauglichkeitsuntersuchung für bestimmte Berufe (z. B. Piloten)

Das Verfahren

Sowohl die Protanomalie als auch die Deuteranomalie basieren auf einer Genmutation in den Retinazapfen (Farbsinneszellen der Netzhaut), die zu einer Störung der Synthese des roten bzw. grünen Sehpigments führen. Als Folge sind jeweils nur noch die verbleibenden Sehpigmente aktiv, sodass eine partielle Farbenblindheit resultiert.

Die Anomaloskopie beruht auf dem Konzept der additiven Farbmischung, die die Farbwahrnehmung im menschlichen Auge bestimmt: Als Primärfarben ergeben Rot, Grün und Blau in der menschlichen Wahrnehmung die Farbe Weiß. Wenn grüne und rote Farbrezeptoren gleichzeitig gereizt werden, entsteht im Sehzentrum des zentralen Nervensystems (Gehirn) die Farbe Gelb.

Bei der anomaloskopischen Untersuchung schaut der Patient durch das Gerät auf einen Kreis, dessen eine Hälfte ein spektrales Gelb mit der Wellenlänge von 589 nm projiziert. Die andere Hälfte besteht aus einer Mischung aus spektralem Rot (671 nm) und spektralem Grün (546 nm). Diese Mischung erscheint ebenfalls gelb. Nun wird der Proband angewiesen, die Farbmischung (Rot und Grün) zu korrigieren, sodass die Kreishälfte dem Farbton des spektralen Gelbs genau entspricht. Ein Patient mit einer Rotschwäche wird mehr Rot, ein grünschwacher Patient mehr Grün beimischen, um die Farbwahrnehmung anzupassen. Das Mischungsverhältnis wird nun zur Bestimmung des Anomaliequotienten herangezogen, der eine quantitative Beurteilung über den Grad der Farbenschwäche erlaubt:

  • normal – 0,7-1,4
  • protanomal (rotschwach) – 0,02-0,6
  • deuteranomal (grünschwach) – 2,0-20,0

Die Anomaloskopie ist ein einfaches und effektives Verfahren zur Unterscheidung und quantitativen Bestimmung von Rot- und Grünschwäche bzw. -blindheit. Sie wird regelmäßig bei Tauglichkeitsuntersuchungen eingesetzt.

Mögliche Befunde der Anomaloskopie

Bei der Durchführung der Anomaloskopie können verschiedene Befunde auftreten, die Aufschluss über die Art und Schwere der Farbsinnesstörung geben:

  • Normaler Farbsinn: Das Mischungsverhältnis liegt im normalen Bereich (Anomaliequotient von 0,7 bis 1,4). Der Patient hat keine Farbsehschwäche.
  • Protanomalie (Rotschwäche): Der Patient benötigt mehr Rot in der Mischung, um das spektrale Gelb wahrzunehmen. Der Anomaliequotient liegt zwischen 0,02 und 0,6. Diese Störung zeigt eine Schwäche in der Wahrnehmung von Rottönen.
  • Deuteranomalie (Grünschwäche): Hier wird mehr Grün für die Angleichung an das spektrale Gelb benötigt. Der Anomaliequotient ist deutlich höher (2,0 bis 20,0), was auf eine Schwäche in der Wahrnehmung von Grüntönen hinweist.
  • Protanopie (Rotblindheit) und Deuteranopie (Grünblindheit): In schweren Fällen kann eine vollständige Blindheit gegenüber Rot oder Grün vorliegen. Diese Befunde werden durch das Unvermögen des Patienten kenntlich, eine Angleichung der Farben überhaupt herzustellen.
  • Tritanomalie (Blauschwäche) und Tritanopie (Blaublindheit): Obwohl die Anomaloskopie primär Rot-Grün-Schwächen misst, können in einigen Fällen auch Hinweise auf Blauschwächen festgestellt werden, wenn zusätzliche Tests integriert werden.

Diese Befunde sind entscheidend für die weitere medizinische, berufliche und alltägliche Beratung der Betroffenen. Bei festgestellten Farbsehschwächen kann eine Anpassung der Arbeitsplatzbedingungen oder eine Umschulung empfohlen werden, um die Sicherheit und Effektivität der beruflichen Tätigkeit zu gewährleisten.

Literatur

  1. Speckmann EJ: Physiologie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2008