Benigne Prostatahyperplasie (BPH) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die genaue Ursache der benignen Prostatahyperplasie (BPH), einer gutartigen Vergrößerung der Prostata, ist bisher nicht vollständig geklärt. Die BPH entwickelt sich vorwiegend in der Transitionalzone (Übergangszone) der Prostata, die die Harnröhre (Urethra) umgibt. Mit zunehmender Prostatavergrößerung kommt es zur Einengung der Harnröhre, was zu den typischen LUTS (Lower Urinary Tract Symptoms; Beschwerden des unteren Harntrakts) führen kann.

Hypothesen zur Entstehung der benignen Prostatahyperplasie:

  • Dihydrotestosteron-Hypothese (DHT-Hypothese):
    • Erhöhte intrazelluläre DHT-Spiegel (Dihydrotestosteron) in der Prostata führen zu einer Stimulation der Zellproliferation (Zellwachstum) im Prostatagewebe.
    • Eine erhöhte 5-Alpha-Reduktase-Aktivität bewirkt eine gesteigerte Umwandlung von Testosteron in DHT, was die Vergrößerung der Prostata begünstigt.
    • Es wird vermutet, dass auch eine erhöhte Androgenrezeptor-Dichte im Prostatagewebe die Ansprechbarkeit auf DHT erhöht und zur Prostatahyperplasie beiträgt.
  • Östrogen-Hypothese:
    • Ein erhöhter Östrogenspiegel im Verhältnis zum Testosteronspiegel kann die Aktivität von Wachstumsfaktoren fördern, die für die Prostatahyperplasie verantwortlich sind.
    • Östrogene verlängern die Lebensdauer von Prostatazellen und verringern die Apoptose (programmierter Zelltod), was zu einer Akkumulation von Zellen führt und die Prostata vergrößert.
  • Einfluss von Wachstumsfaktoren:
    • Wachstumsfaktoren wie der epidermale Wachstumsfaktor (EGF) und der transformierende Wachstumsfaktor Beta (TGF-β) sind möglicherweise an der Stimulation der Zellproliferation und der Reduktion der Apoptose beteiligt.
    • Eine veränderte Expression von Fibroblasten-Wachstumsfaktoren (FGF) spielt ebenfalls eine Rolle, indem sie die Stroma-Zellteilung fördert.
  • Stammzellhypothese:
    • Eine abnorme Proliferation von Stammzellen in der Transitionalzone könnte die Entwicklung einer BPH begünstigen.
    • Theorien gehen davon aus, dass Stammzellen veränderte Signale empfangen, die zu einer unkontrollierten Zellteilung führen.
  • Theorie der verminderten Zellapoptose:
    • Die verringerte Apoptoserate (Zelltod) der Prostatazellen führt dazu, dass mehr Zellen erhalten bleiben, was eine Prostatavergrößerung zur Folge hat.
    • Dies könnte durch erhöhte Östrogenspiegel vermittelt sein, die die Apoptosehemmung in der Prostata unterstützen.
  • Einfluss des Mikrobioms:
    • Erste Hinweise deuten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des Darmmikrobioms und der Entwicklung einer BPH hin [2].
    • In einer Studie fanden sich in der Gruppe der BPH-Patienten vermehrt Firmicutes und Acinetobacter (gram-negative Bakterien, die Infektionen begünstigen können).
    • In der Kontrollgruppe waren hingegen Bacteroidetes dominant.
    • Einschränkung: Diese Daten sind als hypothetisch zu betrachten und bedürfen einer weiteren Bestätigung durch größere, multizentrische Studien.
  • Entzündungshypothese:
    • Chronische Entzündungen im Prostatagewebe könnten ebenfalls eine Rolle spielen, indem sie zu Gewebereparaturprozessen führen, die eine Proliferation von Fibroblasten und eine Vermehrung von Stroma- und Epithelzellen induzieren.
    • Es wird vermutet, dass diese Prozesse durch oxidativen Stress und entzündliche Zytokine (z. B. IL-6, TNF-α) getriggert werden.
  • Stromale und epitheliale Interaktionstheorie:
    • Eine Fehlkommunikation zwischen Stromazellen (Bindegewebszellen) und Epithelzellen in der Prostata kann die Proliferation und Vergrößerung der Prostata begünstigen.

Zusammenfassung

Die Pathogenese der benignen Prostatahyperplasie (BPH) ist komplex und multifaktoriell. Zu den wichtigsten Mechanismen zählen eine veränderte Hormonbalance, eine Störung der Apoptose, Entzündungen sowie Dysbalancen im Wachstum von Prostatazellen. Eine abschließende Klärung der genauen Pathogenese steht jedoch noch aus, und zukünftige Studien sind notwendig, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Lebensalter – zunehmendes Alter

Verhaltensbedingte Ursachen 

  • Ernährung
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Unzureichende Versorgung mit z. B. Zink und Vitamin D kann die Prostatafunktion negativ beeinflussen.
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – Übermäßiger Alkoholkonsum kann eine Reizung der Prostata begünstigen und die Symptome des unteren Harntraktes verstärken.
    • Tabak (Rauchen) – Steht in Zusammenhang mit einer schlechteren Prostatafunktion und einem erhöhten Risiko für entzündliche Prozesse.
  • Körperliche Aktivität
    • Langes tägliches Sitzen – ≥ 10 Stunden tägliches Sitzen erhöht das Risiko für Symptome des unteren Harntraktes (LUTS) um 16 % [1].
    • Mangelnde körperliche Bewegung – Reduzierte Durchblutung und Muskelschwäche im Beckenboden können die Prostatafunktion beeinträchtigen.
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
    • Abdominales Übergewicht erhöht das Risiko für hormonelle Veränderungen und LUTS durch die erhöhte Aktivität der Aromatase im Fettgewebe.

Literatur

  1. Park HJ et al.: Sitting time, physical activity and the risk of lower urinary tract symptoms: a cohort study. BJU Int 2018, online 20. März doi: https://doi.org/10.1111/bju.14147
  2. Takezawa et al. The association between human gut microbiota and prostate enlargement. Prostate. 2021 Dec;81(16):1287-1293. doi: 10.1002/pros.24223. Epub 2021 Sep 13.