Benigne Prostatahyperplasie (BPH) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der benignen Prostatahyperplasie (BPH; gutartige Prostatavergrößerung) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie häufig Prostataerkrankungen oder andere Erkrankungen des Urogenitalsystems (z. B. Prostatitis (Prostataentzündung), Prostatakarzinom (Prostatakrebs), Zystennieren, Nephrolithiasis (Nierensteine), Stressinkontinenz)?
  • Sind bei Ihren Angehörigen Stoffwechsel- oder Hormonstörungen bekannt (z. B. Diabetes mellitus (Typ 1 oder Typ 2), Gicht, Laktoseintoleranz, Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Hashimoto-Thyreoiditis, Cushing-Syndrom)?
  • Gibt es familiäre Fälle von Blasen- oder Nierenerkrankungen?

Soziale Anamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie in Ihrem Beruf körperlichen Belastungen oder langem Sitzen ausgesetzt?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Stresssituationen?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Haben Sie häufigen Harndrang, auch bei geringen Urinmengen?
  • Wie häufig müssen Sie tagsüber Wasser lassen?
  • Müssen Sie nachts häufiger aufstehen, um die Blase zu entleeren?
  • Ist Ihnen eine Schwächung oder ein Abbruch des Harnstrahls aufgefallen?*
  • Müssen Sie sich beim Wasserlassen stark anstrengen?*
  • Dauert das Wasserlassen länger als gewöhnlich?*
  • Ist das Wasserlassen schmerzhaft?*
  • Haben Sie ein Restharngefühl nach der Blasenentleerung?
  • Tritt ungewollter Harnverlust bei starkem Harndrang (Dranginkontinenz) auf?*
  • Haben Sie Schwierigkeiten, den Urin zu halten?*
  • Kommt es zu intermittierendem Harnfluss (Unterbrechungen während des Wasserlassens)?*
  • Ist die Blase nach dem Wasserlassen noch deutlich gefüllt (Restharnempfindung)?*
  • Leiden Sie unter Schmerzen im Unterbauch oder im Bereich des Damms?
  • Haben Sie Rückenschmerzen oder Schmerzen in den Nierengegenden?
  • Haben Sie Erektionsprobleme oder eine verminderte Libido bemerkt?
  • Leiden Sie unter allgemeinen Beschwerden wie Abgeschlagenheit oder Konzentrationsschwierigkeiten?
  • Sind Ihnen Fieber, Schüttelfrost oder andere Zeichen einer Infektion aufgefallen?*
  • Haben Sie Blut im Urin (Hämaturie) bemerkt?*
  • Haben Sie Veränderungen der Samenflüssigkeit festgestellt?*
  • Seit wann bestehen diese Beschwerden?
  • Gab es zwischenzeitlich eine Besserung oder Verschlechterung?
  • Haben Sie die Beschwerden in der Vergangenheit bereits ärztlich abklären lassen?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Nehmen Sie viele säurebildende oder stark gewürzte Speisen zu sich?
  • Wie hoch ist Ihre tägliche Flüssigkeitszufuhr?
  • Bewegen Sie sich ausreichend?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Haben Sie bereits bekannte Erkrankungen des Urogenitalsystems (z. B. Harnwegsinfekte, Prostatitis (Prostataentzündung), Urolithiasis (Blasensteine))?
    • Sind bei Ihnen Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus) oder neurologische Erkrankungen diagnostiziert worden?
    • Bestehen kardiovaskuläre Erkrankungen (Hypertonie (Bluthochdruck), Herzinsuffizienz (Herzschwäche))?
    • Hatten Sie früher bereits Operationen oder andere Eingriffe im Bereich des Urogenitaltrakts?
  • Operationen
    • Haben Sie eine Prostataoperation oder eine Blasenoperation hinter sich?
    • Gab es frühere chirurgische Eingriffe oder Therapien, die den Harntrakt betreffen?
  • Medikamentenanamnese
    • Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein, die die Blasenfunktion beeinflussen können (z. B. Alpha-Blocker, Diuretika (entwässernde Medikamente), Anticholinergika)?
    • Nehmen Sie Schmerzmittel, Blutdrucksenker oder Medikamente gegen Hormonstörungen?
    • Haben Sie in der Vergangenheit hormonelle Therapien erhalten?
  • Bestehen Unverträglichkeiten oder bekannte Allergien gegen Medikamente, Kontrastmittel oder Nahrungsmittel?

Blasentagebuch

Zur weiterführenden Abklärung von Blasenspeichersymptomen, insbesondere der Nykturie (nächtliches Wasserlassen), sollte für insgesamt 3 Tage ein Blasentagebuch geführt werden.

Zur Erstdiagnostik gehört der IPSS (Internationaler Prostata Symptomen-Score)

Mithilfe des IPSS (Internationaler Prostata Symptomen-Score) werden die subjektiven Beschwerden erfasst erfasst. Dieser Schnelltest umfasst sieben Fragen über eventuell auftretende Beschwerden beim Wasserlassen.

IPSS-Score [1] – die Fragen beziehen sich auf die letzten vier Wochen.

Niemals Seltener als in einem von fünf Fällen Seltener als in der Hälfte der Fälle Ungefähr in der Hälfte der Fälle In mehr als der Hälfte aller Fälle Fast immer  
Wie oft hatten Sie das Gefühl, dass Ihre Blase nach dem Wasserlassen nicht ganz entleert war? 0 1 2 3 4 5
Wie oft mussten Sie innerhalb von 2 Stunden ein zweites Mal Wasser lassen? 0 1 2 3 4 5
Wie oft mussten Sie beim Wasserlassen mehrmals aufhören und wieder neu beginnen (Harnstottern)? 0 1 2 3 4 5
Wie oft hatten Sie Schwierigkeiten, das Wasserlassen hinauszuzögern? 0 1 2 3 4 5
Wie oft hatten Sie einen schwachen Strahl beim Wasserlassen? 0 1 2 3 4 5
Wie oft mussten Sie pressen oder sich anstrengen, um mit dem Wasserlassen zu beginnen? 0 1 2 3 4 5
Wie oft sind Sie im Durchschnitt nachts aufgestanden, um Wasser zu lassen? Niemals 0 Einmal 1 Zweimal 2 Dreimal 3 Viermal 4 Fünfmal oder mehr 5

Bewertung IPSS

  • 0-7 Punkte milde Symptomatik
  • 7-19 Punkte mittlere Symptomatik
  • 20-35 Punkte schwere Symptomatik.

Eine Indikation für eine Therapie wird im Allgemeinen bei einem IPSS-Wert über 7 gesehen.

Von besonderer Bedeutung ist auch die digital-rektale Untersuchung (DRU), eine Tastuntersuchung, bei der die Prostata vom Enddarm aus abgetastet wird.

Beurteilt werden

  • Größe normalerweise kastaniengroß
  • Konsistenz normalerweise prall elastisch
  • Oberfläche normalerweise glatt
  • Eventuelle lokale Veränderungen z.B. Indurationen (Verhärtungen)

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Mebust WK, Bosch R, Donovan J, Okada K, O'Leary MA, Villers A, Ackermann R, Batista JE, Boyle P, Denis L, Leplege A, Sagnier P: Symptom evaluation, quality of life and sexuality. In: Cockett ATK, Khoury S, Aso Y, Chatelain C, Denis L, Griffiths K, Murphy G (Hrsg): The 2nd consultation on benign prostatic hyperplasia (BPH), Paris 1993. Scientific Communication International Ltd., Channel Islands, S 129-149.