Prostatakarzinom – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Prostatakarzinoms (PCa; Prostatakrebs) dar.

Familienanamnese

  • Gab es in Ihrer Familie (Vater, Bruder, Großvater, Onkel) Fälle von Prostatakrebs?
  • Gab es in Ihrer Familie bekannte genetische Veränderungen (z. B. BRCA1-, BRCA2- oder Lynch-Syndrom), die das Krebsrisiko erhöhen?

Soziale Anamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Arbeiten Sie im Schicht- oder Nachtdienst?
    • Sind Sie in Ihrem Beruf schädigenden Arbeitsstoffen, wie Schwermetallen, Pestiziden oder Chemikalien, ausgesetzt?
  • Gibt es psychosoziale Belastungen, die Ihre Gesundheit beeinflussen könnten?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

In der Altersgruppe der Prostatakarzinom-Patienten ist die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Patienten mit Symptomen des unteren Harntraktes (LUTS), die meist durch eine benigne Vergrößerung der Transitionalzone (Übergangszone) der Prostata (benigne Prostatahyperplasie) bedingt sind, sehr groß. Das Prostatakarzinom ist nur selten für LUTS verantwortlich. Dennoch findet man bei 10 % der Patienten, bei denen eine transurethrale Resektion der Prostata (chirurgische Entfernung der Prostata durch die Harnröhre) durchgeführt wurde, ein inzidentelles Prostatakarzinom (Prostatakarzinom, das zufällig in der Gewebeprobe gefunden wurde) heraus. Daher sollte bei allen Patienten, die sich mit LUTS vorstellen, eine urologische Untersuchung auf ein Prostatakarzinom erfolgen.

Beschwerden treten in der Regel erst im bereits fortgeschrittenen Stadium eines Prostatakarzinoms auf. Das liegt daran, dass zu Beginn der Erkrankung meist nur der äußere Bereich der Prostata betroffen ist.

Erst, wenn der Tumor sich weiter ins Innere der Prostata ausbreitet und die Urethra einengt, treten Beschwerden auf:

  • Blasenentleerungsstörungen:
    • Haben Sie einen abgeschwächten Harnstrahl?*
    • Tritt eine Startverzögerung beim Wasserlassen auf?*
    • Haben Sie das Gefühl, die Blase nicht vollständig entleeren zu können (Restharngefühl)?*
    • Leiden Sie unter Harnverhalt (Ischurie)?*
  • Irritative Symptome:
    • Müssen Sie häufig Wasser lassen (Pollakisurie)?
    • Haben Sie einen starken, unkontrollierbaren Harndrang (imperativer Harndrang)?*
    • Ist das Wasserlassen erschwert oder schmerzhaft (Dysurie)?*
  • Symptome einer lokalen Tumorinfiltration:
    • Haben Sie eine Erektionsstörung?*
    • Ist Ihnen Blut im Urin (Hämaturie) oder Blut im Sperma (Hämatospermie) aufgefallen?*
    • Leiden Sie unter Inkontinenz?*
    • Haben Sie Schmerzen im Darmbereich bzw. oberhalb des Schambeins?*
    • Haben Sie Schwierigkeiten beim Stuhlgang oder leiden Sie unter Obstipation (Verstopfung)?*
  • Tumormetastasen (Tochtergeschwülste des Tumors)/Lymphknotenmetastasen:
    • Haben Sie Kreuzschmerzen/Lumbago (Kardinalsymptom des metastasierten Prostatakarzinoms)?*
    • Leiden Sie unter Knochenschmerzen (durch Knochenmetastasen; bevorzugt untere Wirbelsäule und kleines Becken)?*
    • Sind Frakturen ohne äußeres Trauma aufgetreten (pathologische Frakturen)?*
    • Haben Sie neurologische Ausfälle oder Symptome durch Wirbelkörpermetastasen (können durch Einbruch des Tumors in den Spinalkanal oder durch Bruch des Wirbelkörpers zur Kompression des Spinalkanals mit neurologischen Ausfällen führen)?*
    • Haben Sie Flankenschmerzen, die auf eine Harnstauungsniere hindeuten könnten (bedingt durch Lymphknoten, die die Harnleiter obstruieren)?*
  • Allgemeinsymptome:
    • Haben Sie Anzeichen einer Anämie (Blutarmut), wie Blässe, Müdigkeit oder verminderte Belastbarkeit?
    • Haben Sie Nachtschweiß oder ungewollten Gewichtsverlust?*

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Sind Sie übergewichtig? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
    • Vermeiden Sie:
      • hohen Verzehr von rotem Fleisch und verarbeiteten Fleischprodukten?
      • häufigen Konsum von frittierten Speisen und Tiefkühlprodukten?
    • Achten Sie auf ballaststoffreiche Ernährung?
    • Essen Sie täglich Obst und Gemüse?
  • Bewegen Sie sich ausreichend?

Eigenanamnese

  • Haben Sie Vorerkrankungen des Urogenitaltrakts (wie benigne Prostatahyperplasie (BPH; gutartige Vergrößerung der Prostata) oder chronische Entzündungen)?
  • Gab es in der Vergangenheit Operationen im Urogenitalbereich?
  • Leiden Sie an Allergien?

Medikamentenanamnese

  • NSAR (nicht-steroidale Entzündungshemmer) – Es besteht eine positive Korrelation zwischen der Einnahme von NSARs und der Entstehung von Prostatakarzinomen. Jedoch besteht für Acetylsalicylsäure (ASS) eine inverse Korrelation, d. h.: Reduktion des Prostatakarzinomrisikos [1].
  • Das Zweittumorrisiko ist erhöht nach Chemotherapie wg. chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) – doppelt so hohes Risiko für Prostatakarzinom.

Umweltanamnese

  • Arsen
  • Beruf:
    • Umgang mit Gummi, Schwermetallen (z. B. Cadmium)
    • Batterie-Hersteller
    • Schweißer
  • Es gibt Hinweise darauf, dass auch die 51Cr-, 59Fe-, 60Co- und 65Zn-Exposition das Prostatakarzinom auslösen kann.
  • Pestizide – Wissenschaftler in den USA haben 22 landwirtschaftlich genutzte Pestizide identifiziert, die mit der Inzidenz von Prostatakarzinom in Verbindung stehen, vier davon auch mit der prostatakrebsbedingten Mortalität (Sterberate) [2].
  • Polychlorierte Biphenyle (PCB) – Diese gehören zu den endokrinen Disruptoren (Synonym: Xenohormone), die bereits in geringsten Mengen durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können.

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Wang X, Lin YW, Wu J, Zhu Y, Xu XL, Xu X, Liang Z, Hu ZH, Li SQ, Zheng XY, Xie LP: Meta-analysis of nonsteroidal anti-inflammatory drug intake and prostate cancer risk. World J Surg Oncol. 2014 Oct 5;12:304. doi: 10.1186/1477-7819-12-304.
  2. Soerensen SJ et al.: Pesticides and prostate cancer incidence and mortality: An environment-wide association study Americain Cancer Society First published: 04 November 2024 https://doi.org/10.1002/cncr.35572