Krampfaderbruch (Varikozele) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Varikozele ist eine Erweiterung und Schlingenbildung der Venen im Plexus pampiniformis (Gefäßgeflecht des Samenstrangs). Sie entsteht durch eine Stauung des venösen Blutes im Bereich des Skrotums (Hodensacks). Je nach Ursache unterscheidet man zwischen der primären (idiopathischen) Varikozele und der sekundären (symptomatischen) Varikozele. Beide Formen haben unterschiedliche Pathogenesen.
Primäre Varikozele/Idiopathische Varikozele
Die primäre oder idiopathische Varikozele ist meist angeboren und tritt häufig auf der linken Seite auf (ca. 80–90 % der Fälle). Die Prävalenz liegt bei jungen Männern zwischen 15 und 25 Jahren bei etwa 15 % und nimmt mit zunehmendem Alter ab.
Mechanismen der Entstehung
- Anatomische Besonderheiten: Die linke Vena testicularis mündet nahezu rechtwinklig in die linke Vena renalis (Nierenvene) ein. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Druckübertragung aus der V. renalis sinistra auf die V. testicularis. Dies führt zu einem Rückstau des venösen Blutes in das venöse Netzwerk des Hodens, den Plexus pampiniformis, was eine Varikozele zur Folge hat.
- Hydrostatische Drucksäule: Durch das nahezu vertikale Einmünden der V. testicularis sinistra entsteht eine lange hydrostatische Drucksäule, die durch insuffiziente Venenklappen nicht ausreichend reguliert werden kann. Dadurch kommt es zur Dekompensation und zur Ausbildung der Krampfadern im Bereich der Venen des Plexus pampiniformis.
- Fehlfunktion der Venenklappen: Die Klappen der V. testicularis sinistra sind oft angeboren insuffizient, wodurch der Blutfluss nicht effektiv zurückgehalten wird. Dies führt zur Stauung und zum erhöhten Druck, wodurch sich die Venen erweitern.
Pathophysiologische Folgen
Die erhöhte Blutansammlung und der gestörte Blutabfluss führen zu einer Überwärmung des Hodens und zu hypoxischen (sauerstoffarmen) Zuständen. Dies beeinträchtigt die Spermatogenese (Bildung der Spermien) und die Hodenfunktion insgesamt, was zu Fertilitätsproblemen führen kann.
Sekundäre Varikozele/Symptomatische Varikozele
Die sekundäre oder symptomatische Varikozele entsteht aufgrund einer Abflussbehinderung im venösen System, die durch raumfordernde Prozesse bedingt ist. Sie kann in jedem Lebensalter auftreten und erfordert immer eine differenzierte Abklärung, da die Ursache oft in einer Erkrankung oder einer pathologischen Veränderung der retroperitonealen oder pelvinen Gefäße liegt.
Mechanismen der Entstehung
- Kompression der Vena renalis sinistra: Die häufigste Ursache ist das sogenannte Nussknacker-Syndrom (engl. Nutcracker Syndrome), bei dem die linke Nierenvene zwischen der Arteria mesenterica superior (obere Eingeweidearterie) und der Aorta abdominalis (Hauptschlagader) komprimiert wird. Diese Kompression führt zu einem erhöhten venösen Druck in der linken Vena renalis und letztendlich zu einem Rückstau in die Vena testicularis.
- Raumforderungen: Tumore im Bereich des Retroperitoneums (Hinterbauchraums), wie z. B. Nierenkarzinome oder lymphatische Metastasen (Tochtergeschwülste der Lymphknoten), können durch mechanische Verdrängung oder Kompression der Hodenvenen den venösen Rückfluss behindern. Dadurch kommt es sekundär zur Varikozele.
- Thrombose der Nierenvene: Eine Thrombose (Blutgerinnselbildung) in der Vena renalis kann ebenfalls zu einer Rückstauung des Blutes in die Vena testicularis und den Plexus pampiniformis führen, was zur sekundären Varikozele führt.
Pathophysiologische Folgen
Bei der sekundären Varikozele steht das Symptom der venösen Abflussbehinderung im Vordergrund. Der verzögerte venöse Abfluss führt zu einer vermehrten Blutansammlung, wodurch das lokale Gewebe und insbesondere der Hoden schlechter mit Sauerstoff versorgt werden. Infolgedessen kann es ebenfalls zu Schädigungen der Hodenfunktion und zu Schmerzen kommen. Bei der sekundären Varikozele ist der bösartige Tumor als Ursache nicht auszuschließen, was die Notwendigkeit einer gründlichen Abklärung unterstreicht.
Zusammenfassung
Die primäre (idiopathische) Varikozele entsteht durch angeborene venöse Abflussstörungen, die mit einer rechtwinkligen Einmündung der linken Hodenvene und einer Insuffizienz der Venenklappen assoziiert sind. Die sekundäre (symptomatische) Varikozele ist hingegen bedingt durch mechanische Abflussstörungen aufgrund von Raumforderungen oder einer Kompression der Vena renalis sinistra. In beiden Fällen kann es zu erhöhtem Druck und Blutstau im Plexus pampiniformis kommen, was zu Schmerzen, Hodenfunktionsstörungen und Fertilitätsproblemen führt. Eine sorgfältige Differenzialdiagnose ist wichtig, insbesondere bei Verdacht auf eine sekundäre Varikozele.
Ätiologie (Ursachen)
Die Ursachen der Varikozele lassen sich in zwei Hauptformen unterscheiden: die primäre (idiopathische) Varikozele und die sekundäre (symptomatische) Varikozele. Jede Form hat unterschiedliche auslösende Mechanismen und Risikofaktoren.
Biographische Ursachen
- Alter: Die primäre Varikozele tritt häufig in der Pubertät auf und entwickelt sich bis zum Erwachsenenalter. Die Inzidenz nimmt mit dem Alter ab.
- Geschlecht: Männer sind ausschließlich betroffen, da die anatomischen Voraussetzungen bei Frauen fehlen.
Verhaltensbedingte Ursachen
- Dauerhaftes Stehen: Längeres Stehen kann den venösen Rückfluss behindern und zu einer Blutstauung in den Venen führen.
- Erhöhter intraabdominaler Druck: Übermäßiges Heben schwerer Lasten, intensiver Sport oder chronischer Husten können den Druck im Bauchraum erhöhen und eine Varikozele begünstigen.
Krankheitsbedingte Ursachen
- Primäre (idiopathische) Varikozele
- Anatomische Anomalien: Eine häufige Ursache der primären Varikozele ist die rechtwinklige Einmündung der linken Vena testicularis in die Vena renalis sinistra, was eine längere hydrostatische Drucksäule und eine Erhöhung des venösen Drucks verursacht.
- Insuffiziente Venenklappen: Angeborene Fehlfunktion oder Fehlen der Venenklappen in der linken Vena testicularis, was zu einem Rückfluss des venösen Blutes und einer Stauung im Plexus pampiniformis führt.
- Sekundäre (symptomatische) Varikozele
- Raumforderungen im Retroperitoneum: Tumore, Metastasen oder Zysten im Bereich des Retroperitoneums (Hinterbauchraumes) können den venösen Abfluss behindern.
- Nussknacker-Syndrom: Die linke Vena renalis wird zwischen der Aorta und der Arteria mesenterica superior komprimiert, was zu einer Erhöhung des venösen Drucks in der linken Vena testicularis führt.
- Thrombose der Nierenvene: Eine Thrombose in der Vena renalis sinistra kann ebenfalls zu einem venösen Rückstau in den Hodenvenen und zur Varikozele führen.
- Abdominale Tumore: Abdominale Raumforderungen, wie beispielsweise Nierenkarzinome, können durch Kompression der Vena testicularis zu einer sekundären Varikozele führen.
Medikamente
- Anabolika und andere hormonaktive Substanzen: Die Einnahme von Anabolika oder hormonaktiven Substanzen kann die Venenstruktur verändern und eine Varikozele begünstigen.
Umweltbedingungen – Intoxikationen
- Lokale Kälte- und Wärmeeinflüsse: Extreme Kälte oder Wärme können die Gefäßwände beeinflussen und die Entwicklung einer Varikozele fördern.
Zusammenfassung
Die primäre Varikozele ist meist angeboren und entsteht aufgrund anatomischer Anomalien und Venenklappeninsuffizienzen im Bereich der linken Vena testicularis. Die sekundäre Varikozele hingegen ist erworben und entsteht durch raumfordernde Prozesse oder mechanische Kompression der Hodenvenen. Eine detaillierte Differenzierung der Ursachen ist für eine gezielte Therapieplanung essenziell.