Hodenverdrehung (Hodentorsion) – Einleitung
Bei der Hodentorsion – umgangssprachlich Hodenverdrehung genannt – handelt es sich um eine akute Minderdurchblutung des Hodens, die durch die plötzliche Drehung des Hodens um seinen Gefäßstiel bedingt ist.
Synonyme und ICD-10: Epididymistorsion; Hodentorsion; Nebenhodentorsion; Samenstrangtorsion; Testistorsion; Torsion des Ductus deferens; Torsion des Funiculus spermaticus; ICD-10-GM N44.0: Hodentorsion
Die Hodentorsion stellt einen Notfall dar!
Sie tritt häufig im Schlaf auf (50 %), aber auch beim Sport.
Der linke Hoden ist öfter torquiert als der rechte Hoden (ca. 60 % : 40 %). Die Hodentorsion kann auch bilateral auftreten.
Formen der Hodentorsion
- Intravaginale Hodentorsion: Die häufigste Form, bei der sich der Hoden innerhalb der Tunica vaginalis (Zweiblättrige, seröse Hülle des Hodens und Nebenhodens) dreht. Diese Form tritt meist in der Pubertät auf.
- Extravaginale Hodentorsion: Diese Form tritt häufiger bei Neugeborenen auf, bei der sich der gesamte Samenstrang außerhalb der Tunica vaginalis dreht.
Sonderformen der Hodentorsion
- Intermittierende Hodentorsion: Nach akuter Schmerzsymptomatik kommt es rasch zu einer Befundbesserung. In der Dopplersonographie zeigt sich ein hyperperfundierter (überdurchbluteter) Hoden.
- Neonatale Hodentorsion: Das Torsionsereignis ist im Regelfall bereits pränatal (vor der Geburt); in ca. 100 % der Fälle liegt ein stark geschädigtes Hodenparenchym (Hodengewebe) vor.
Epidemiologie
Häufigkeitsgipfel: Betroffen sind in der Regel Kinder, wobei das Maximum des Auftretens im 1. Lebensjahr und in der Pubertät (14-16. Lebensjahr) liegt. Ca. 80 % der Fälle des akuten Skrotums bei Jugendlichen beruhen auf einer Hodentorsion (zwischen 14-21 Jahren sogar 90 %) [1].
Cave (Achtung)! Ein höheres Alter schließt eine Hodentorsion nicht aus. Eine Hodentorsion kann auftreten beim Neugeborenen bis zum Erwachsenen.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) der Hodentorsion bei Männern, die jünger als 25 Jahre sind, beträgt ca. 1 Erkrankung pro 4.000 Einwohner pro Jahr.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Akut: Die Hodentorsion beginnt plötzlich und verursacht starke Schmerzen im betroffenen Hoden, die oft von Übelkeit und Erbrechen begleitet werden.
- Irreversible Schäden: Irreversible Schädigungen des Hodenparenchyms (Hodengewebe) durch Ischämie (Minderdurchblutung) treten bereits nach 4 Stunden auf. Die Ischämiezeit im Kindesalter beträgt maximal 6-8 Stunden, für Neugeborene oder Säuglinge ist dieser Zeitraum noch deutlich kürzer.
Prognose
- Eine frühzeitige chirurgische Intervention innerhalb von 6 Stunden nach Auftreten der Symptome kann den Hoden oft retten.
- Wird die Torsion nicht rechtzeitig behandelt, führt dies in der Regel zur Nekrose (Absterben) des betroffenen Hodens, was eine Orchiektomie (operative Entfernung des Hodens) erforderlich machen kann.
- Bei rechtzeitiger Behandlung ist die Prognose gut, und die Hodenfunktion kann in vielen Fällen vollständig erhalten bleiben.
Literatur
- Thomas DFM: The acute scrotum. Essentials of paediatric urology. Informa Healthcare. London, 2008
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Akutes Skrotum im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 006-023), August 2015 Langfassung