Eichelentzündung (Balanitis) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Balanitis bezeichnet eine Entzündung der Glans penis (Eichel), die durch unterschiedliche infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen hervorgerufen wird. Sie tritt häufig zusammen mit einer Entzündung des inneren Präputialblatts (Vorhautblatt) auf, was als Balanoposthitis bezeichnet wird. Die Pathogenese der Balanitis beruht auf einer lokalen Reizung und Entzündung der Schleimhaut der Glans penis, die durch ungenügende Hygiene, mechanische Reize, Infektionen oder eine Kombination dieser Faktoren entsteht.
1. Infektiöse Balanitis
Die infektiöse Balanitis wird durch Bakterien, Pilze, Viren oder Protozoen (einzellige Organismen) verursacht. Die Pathogenese unterscheidet sich je nach Erreger:
- Bakterielle Balanitis: Die häufigsten bakteriellen Erreger sind Streptokokken, Staphylokokken und Anaerobier (bakterielle Erreger, die in sauerstoffarmen Milieus gedeihen). Bakterien wie Streptococcus pyogenes (Gruppe-A-Streptokokken) und Staphylococcus aureus führen zu einer eitrigen Entzündung mit vermehrter Ansammlung von granulozytären Entzündungszellen (Granulozyten/weiße Blutkörperchen).
- Mykotische Balanitis (Pilzbedingte Balanitis): Die häufigste Ursache ist Candida albicans, ein Hefepilz, der eine weiße, cremige Beläge auf der Eichel verursacht und bei mangelnder Hygiene oder einem geschwächten Immunsystem besonders häufig auftritt.
- Virale Balanitis: Viren wie das Herpes-simplex-Virus oder Humane Papillomaviren (HPV) führen zu einer vesikulären (bläschenbildenden) oder verrukösen (warzenähnlichen) Entzündung.
- Protozoeninfektion: Die häufigsten Erreger sind Trichomonaden oder Entamoeba histolytica, die über den Geschlechtsverkehr übertragen werden und zu einer ulzerösen (geschwürbildenden) Entzündung führen können.
2. Nicht-infektiöse Balanitis
Die nicht-infektiöse Balanitis ist häufig auf mechanische Reize, chemische Irritationen oder Allergien zurückzuführen. Typische Auslöser sind:
- Mechanische Reizung: Kann durch zu häufiges Waschen, übermäßiges Reinigen der Eichel oder durch den Gebrauch von ungeeigneten Seifen und Hygieneprodukten verursacht werden.
- Kontaktdermatitis (allergische Reaktion): Tritt auf nach Kontakt mit Kondomen, Gleitmitteln, Waschmitteln oder Desinfektionsmitteln, die Allergene enthalten.
- Smegmaretention (Anhäufung von Talgdrüsensekret): Bei unzureichender Hygiene kann das Präputialsekret (Smegma) zwischen Eichel und Vorhaut nicht ausreichend entfernt werden und begünstigt eine Entzündungsreaktion.
3. Phimose (Vorhautverengung) als begünstigender Faktor
Eine Phimose (Vorhautverengung) kann die Entwicklung einer Balanitis fördern. Die verengte Vorhaut führt zu einer Störung des Abflusses von Sekreten, wodurch es zu einer Ansammlung von Urin und Smegma im sogenannten Präputialsack kommt, was als Urinretention bezeichnet wird. Diese Retentionsnische stellt einen Nährboden für Bakterien dar und begünstigt sekundäre Infektionen.
4. Formen der Balanitis
Die Balanitis kann in verschiedene klinische Formen unterteilt werden, je nach Verteilungsmuster, Histologie und Ursache:
- Balanitis simplex: Häufigste Form, gekennzeichnet durch Rötung und Schwellung der Eichel.
- Balanitis erosiva: Geprägt durch oberflächliche Erosionen (Substanzdefekte) der Eichel.
- Balanitis ulcerosa: Entzündung mit Ulzerationen (tiefergehende Gewebsdefekte).
- Balanitis gangraenosa: Schwere Form mit Gewebsuntergang (Gangrän).
- Balanitis circinata: Häufig bei der Reiter-Erkrankung (reaktive Arthritis), mit girlandenförmigen Erosionen und entzündlichen Veränderungen.
Begünstigende Faktoren
Die Pathogenese der Balanitis wird durch externe und interne Faktoren beeinflusst. Häufige begünstigende Faktoren sind:
- Feuchtigkeit und Wärme im Genitalbereich.
- Mangelnde oder übermäßige Hygiene.
- Phimose und Harnstau.
- Diabetes mellitus, der das Infektionsrisiko erhöht.
- Hauterkrankungen wie Lichen sclerosus oder Psoriasis.
Zusammenfassung
Die Balanitis ist eine entzündliche Erkrankung der Glans penis, die häufig durch unzureichende Hygiene, infektiöse Erreger oder mechanische und chemische Reize ausgelöst wird. Sie kann akut oder chronisch verlaufen und weist eine Vielzahl von Erscheinungsformen auf, die sowohl durch infektiöse als auch nicht-infektiöse Mechanismen entstehen. Ein häufiger begünstigender Faktor ist die Phimose, die zur Ansammlung von Sekreten führt und eine sekundäre bakterielle Infektion fördert. Die Therapie richtet sich nach der Ursache, wobei die Elimination des Auslösers und die Vermeidung begünstigender Faktoren im Vordergrund stehen.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Lebensalter – mit steigendem Alter erhöht sich das Risiko für eine Balanitis, da im Alter die oberste Hautschicht dünner ist
Verhaltensbedingte Ursachen
- Übertriebene Hygiene ("overtreatment"), wie auch mangelnde Hygiene
- Unkontrollierte Anwendung von Pflegecremes → Irritationen der Genitalhaut mit Rötungen ("overtreatment balanitis")
- Mechanische/chemische Reizung ("overtreatment")
Krankheitsbedingte Ursachen
Blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)
- Immundefizienz, nicht näher bezeichnet
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Stoffwechselstörungen, v.a. Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Haut und Unterhaut (L00-L99)
- Kontaktallergien (Kondome aus Latex; Parfüm sowie der darin enthaltene Alkohol; Salben; Seifen; Intimkosmetika oder Intimschmuck)
- Penile Dermatosen (Hauterkrankungen im Bereich des Penis): z. B. Psoriasis (Schuppenflechte), Atopisches Ekzem (Neurodermitis)
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- Condyloma acuminatum (Synonyme: Spitzenkondylom/Spitzenkondylome, spitze Kondylome, Feigwarze/Feigwarzen, Feuchtwarzen und Genitalwarzen; HPV 6, 11, 40, 42, 43, 44)
- HPV-Infektion (humanes Papillomavirus)
- Syphilis
Neubildungen (C00-D48)
- Morbus Bowen – intraepidermales Carcinoma in situ bezeichnet und gilt als Vorstufe des Plattenepithelkarzinoms; betrifft vor allem ältere Männer; erhabene, braunrote, schuppige Plaques an der Penisschafthaut
- Bowenoide Papulose des Penis (tritt vor allem bei jüngeren Männern auf)
- Erythroplasie Queyrat – dem Morbus Bowen ähnliche Präkanzerose (mögliche Vorstufe einer Krebserkrankung) des Übergangsepithels und der Schleimhäute; klinisches Bild: solitärer rundlicher und polyzyklisch konfigurierter Herd mit rötlich glänzender Oberfläche; Prädilektionstelle beim Mann ist das innere Präputialblatt und die Glans penis (Eichel), bei der Frau ist die Übergangsschleimhaut der Vulva (weibliche Scham); Progression in ein invasives spinozelluläres Karzinom wurde in ca. einem Drittel der Fälle beschrieben
Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)
- Phimose (Vorhautverengung) (Kindern: in der Regel im Rahmen einer bestehenden primären oder sekundären Phimose)
Weitere Ursachen
- Iatrogen (arztbedingt): lokale Anwendungen von Podophyllotoxin, Imiquimod oder Grünteeextrakt wg. Behandlung von Condylomata acuminata (Feigwarzen)
- Medikamentenallergie
- Reiben von Kleidung
- Sekundärinfektion bei Intimschmuck (Piercings etc.)
- Trauma