Eichelentzündung (Balanitis) – Einleitung

Die Balanitis ist eine entzündliche Erkrankung der Eichel (Glans penis; altgriechisch: balanos). Häufig tritt sie in Kombination mit einer Entzündung des inneren Vorhautblattes (Präputialblatt) auf, was als Balanoposthitis bezeichnet wird. Diese Entzündung kann infektiöser oder nicht-infektiöser Genese sein und erfordert eine gezielte Diagnose und Therapie.

Synonyme und ICD-10: Eichelentzündung; ICD-10-GM N48.1: Balanoposthitis

Charakteristische Laborbefunde

Bei Balanitis sind folgende charakteristische Laborbefunde diagnostisch relevant:

  • Mikroskopie und Kultur: Nachweis von Erregern in Abstrichen (bakterielle oder mykotische Infektionen)
  • Entzündungsmarker: Erhöhung der lokalen Entzündungsparameter in schweren Fällen, jedoch selten systemisch erhöht
  • Serologische Tests: Bei Verdacht auf virale Ursachen, z. B. HSV (Herpes-simplex-Virus) oder HPV (Humanes Papillomavirus)

Formen der Balanitis

Nach der Ursache kann man drei Hauptformen der Balanitis unterscheiden:

  • Akute infektiöse Balanitis – Bakterien (Streptokokken der Gruppen A und B, Gardnerella vaginalis und andere Anaerobier), Viren, Mykosen (Candida-Balanitis/Hefepilze) und Protozoen (einzellige Organismen) 
  • Nicht-infektiöse Balanitis – z. B. durch mechanische Irritationen (Reizungen) und Entfettung der Eichelhaut durch zu häufiges Reinigen
  • Chronische nicht-infektiöse Balanitis – Lichen sclerosus (Balanitis xerotica obliterans)

Weitere Formen der Balanitis

Neben den drei Hauptformen gibt es zahlreiche spezifische Formen der Balanitis, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind. Diese können in infektiöse und nicht-infektiöse Kategorien eingeteilt werden.

Ursachen

  • Infektiöse Ursachen:
    • Bakterielle Infektionen
    • Virale Infektionen
    • Pilzinfektionen (z. B. Candida)
    • Protozoen
  • Nicht-infektiöse Ursachen:
    • Mechanische Reizungen
    • Übermäßige Hygiene
    • Lichen sclerosus

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Mit steigendem Alter erhöht sich das Risiko für eine Balanitis, da im Alter die oberste Hautschicht dünner ist.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Liegt vor bei 10 % aller männlichen Patienten in einer urologischen Praxis.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Streptokokken der Gruppen A und B (Bakterien, die Infektionen verursachen können), Gardnerella vaginalis (Bakterium, das oft in Verbindung mit bakterieller Vaginose steht), HSV (Herpes-simplex-Virus, verursacht Herpes), Candida albicans (Hefepilz, verantwortlich für Pilzinfektionen).

Erregerreservoir
: Der Mensch ist das primäre Reservoir (natürlicher Wirt und Überträger) für die meisten dieser Erreger.

Vorkommen
: Global verbreitet (weltweit vorkommend), abhängig von den jeweiligen Erregern.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Insbesondere bei HSV durch direkten Kontakt oder bei Bakterien durch Schmierinfektion.

Kontagiosität 
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Hoch (leicht übertragbar) bei viralen Infektionen wie Herpes.

Übertragungsweg
: Direkter Kontakt (viral), Schmierinfektion (bakteriell), häufig sexuell übertragen.

Eintrittspforte
: Genitale Haut (bei sexuell übertragbaren Erregern) oder verletzte Hautstellen.

Inkubationszeit 
(Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung): Die Inkubationszeit variiert je nach Erreger, bei HSV beträgt sie in der Regel 4 bis 7 Tage.

Krankheitsdauer
: Akute Balanitis dauert in der Regel einige Tage bis Wochen, chronische Formen können Monate andauern.

Dauer der Infektiosität
: Patienten mit viraler Balanitis, wie durch HSV, sind während aktiver Läsionen hoch ansteckend.

Seroprävalenz 
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Hohe Seroprävalenz für HSV in der erwachsenen Bevölkerung.

Erregerspezifische Immunität
: Eine einmalige Infektion mit HSV führt nicht zu einer vollständigen Immunität, sondern zu wiederkehrenden Ausbrüchen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die Balanitis verläuft in der Regel in verschiedenen Stadien, abhängig von der Ursache und dem Schweregrad der Entzündung.

  • Akute infektiöse Balanitis: Diese Form tritt plötzlich auf und kann durch verschiedene Erreger wie Bakterien, Viren, Pilze (besonders Candida spp.), oder Protozoen verursacht werden. Symptome umfassen Rötung, Schwellung, Schmerzen und manchmal Ausfluss oder Juckreiz. Ohne adäquate Behandlung kann die Entzündung fortschreiten und zu Ulzerationen und Schmerzen führen.
  • Nicht-infektiöse Balanitis: Diese kann durch mechanische Irritationen, übermäßige Hygiene oder allergische Reaktionen ausgelöst werden. Symptome sind ähnlich wie bei der infektiösen Form, jedoch ohne die systemischen Anzeichen einer Infektion. Die Reizung kann durch Vermeidung der auslösenden Faktoren und geeignete Pflege der betroffenen Stelle gemildert werden.
  • Chronische nicht-infektiöse Balanitis: Diese Form, wie etwa Lichen sclerosus (Balanitis xerotica obliterans), kann zu langfristigen Veränderungen der Hautstruktur führen. Ohne Behandlung kann dies zur Verhärtung der Vorhaut und möglicherweise zur Phimose (Vorhautverengung) führen.

Prognose

Die Prognose der Balanitis ist in den meisten Fällen gut, insbesondere wenn die zugrunde liegende Ursache identifiziert und behandelt wird.

  • Akute infektiöse Balanitis: Bei konsequenter Anwendung der empfohlenen Pharmakotherapie ist die Heilungschance hoch. Allerdings sollte auch der Partner/die Partnerin mitbehandelt werden, um eine erneute Infektion zu vermeiden.
  • Nicht-infektiöse Balanitis: Diese Form spricht gut auf die Eliminierung der auslösenden Reize und die Anwendung von topischen Steroiden oder Emollienzien* an. Die Prognose ist in der Regel günstig, wenn die Ursache vermieden wird.
  • Chronische Balanitis: Diese erfordert oft eine längerfristige Behandlung und kann wiederkehrend sein. In Fällen von Lichen sclerosus kann die Vorhaut verhärten und eine Phimose verursachen, die möglicherweise chirurgische Maßnahmen wie eine Zirkumzision (Beschneidung) erfordert. Bei frühzeitiger und adäquater Therapie kann das Fortschreiten der Erkrankung gestoppt und die Symptome kontrolliert werden.

*Externa, die traditionell frei von aktiven Wirkstoffen sind und eine rückfettende Eigenschaft haben.

Komplikationen

  • Phimose: Bei chronischer Balanitis kann sich die Vorhaut verhärten, was zu einer Phimose führt. Dies kann das Zurückziehen der Vorhaut erschweren oder unmöglich machen.
  • Ausbreitung der Infektion: Ohne angemessene Behandlung kann sich die Infektion von der Eichel über die Harnröhre (Urethra) ausbreiten und zu Urethritis (Harnröhrenentzündung), Zystitis (Blasenentzündung), Prostatitis (Prostataentzündung) oder Epididymitis (Nebenhodenentzündung) führen.
  • Rezidive: Wiederkehrende Episoden der Balanitis können auf eine zugrunde liegende systemische Erkrankung wie Diabetes mellitus hinweisen. Häufige Rezidive können eine Zirkumzision notwendig machen.

Langzeitprognose

  • Bei Männern, bei denen die Vorhaut entfernt wurde, ist das Risiko für eine Balanitis signifikant geringer.
  • Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung der Balanitis verbessern die Langzeitprognose erheblich und verhindern mögliche Komplikationen.

Leitlinien

  1. UK National Guideline on the Management of Balanoposthitis (2008). Clinical Effectiveness Group. British Association for Sexual Health and HIV