Stridor – Einleitung

Beim Stridor (lat., Plural Stridores, wörtlich „Zischen“, „Pfeifen“) handelt es sich um ein pfeifendes Atemgeräusch, das bei der Ein- und/oder Ausatmung auftritt

Synonyme und ICD-10: pfeifende Atmung; pfeifendes Atemgeräusch; Stertor; ICD-10-GM R06.1: Stridor

Formen des Stridors

  • Inspiratorischer Stridor: Atemgeräusch beim Einatmen, typisch für Stenose (Verengung) oder Obstruktion (Verlegung) der oberen Atemwege (Kehlkopf, Luftröhre, Hauptbronchien).
  • Exspiratorischer Stridor: Atemgeräusch beim Ausatmen, typisch für eine obstruktive Lungenerkrankung.

Einteilung nach Lokalisation

  • Stridor nasalis: Auf Höhe der Nase; zumeist als "Schniefen" hörbar.
  • Stridor pharyngealis: Auf Höhe des Rachens; zumeist als "Schnarchen" hörbar.
  • Stridor laryngealis: Auf Höhe des Kehlkopfes; zumeist als "Pfeifen" hörbar.
  • Stridor trachealis: Auf Höhe der Luftröhre; zumeist als "Brummen" hörbar.

Im Gegensatz zum Stridor steht der Sertor, ein röchelndes Atemgeräusch, das durch Schleimansammlungen in den Atemwegen bedingt ist.

Ätiologie (Ursachen)

Die Ursachen für einen Stridor können vielfältig sein. Man unterscheidet zwischen kongenitalen (angeborenen) und erworbenen Ursachen:

  • Kongenitale (angeborene) Ursachen
    • Laryngomalazie (Erweichung des Kehlkopfes)
    • Tracheomalazie (Abweichung der Luftröhre)
    • Kongenitale subglottische Stenose (angeborene Verengung unterhalb der Stimmbänder)
    • Gefäßringe und -schlingen (vaskuläre Anomalien, die die Atemwege komprimieren)
  • Erworbene Ursachen
    • Infektionen (z. B. Krupp-Syndrom, Epiglottitis (Entzündung des Kehldeckels))
    • Allergische Reaktionen (z. B. Anaphylaxie (allergischer Schock))
    • Tumoren der Atemwege
    • Fremdkörperaspiration (Einatmen eines Fremdkörpers)
    • Trauma oder postintubationsbedingte Stenose (Verengung nach Intubation)

Bei Kindern muss bei einem plötzlich aufgetretenen Stridor immer auch an einen eingeatmeten Fremdkörper gedacht werden.

Differentialdiagnosen

Ein Stridor kann Symptom vieler Erkrankungen sein. Wichtige Differentialdiagnosen umfassen:

  • Akute Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
  • Laryngotracheitis (Entzündung von Kehlkopf und Luftröhre)
  • Asthma bronchiale
  • Anaphylaktische Reaktion (allergischer Schock)
  • Tumoren der Atemwege
  • Fremdkörperaspiration (Einatmen eines Fremdkörpers)

Ein Stridor kann Symptom vieler Erkrankungen sein (s. u. "Differentialdiagnosen").

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Stridor tritt gleichermaßen bei Männern und Frauen auf, jedoch sind die Ursachen geschlechtsabhängig. Bei Kindern ist der Stridor häufiger aufgrund angeborener Ursachen, während er bei Erwachsenen häufiger durch erworbene Bedingungen verursacht wird.

Häufigkeitsgipfel:

  • Kinder: Der Stridor tritt am häufigsten bei Säuglingen und Kleinkindern auf, insbesondere in den ersten Lebensmonaten, häufig durch angeborene Anomalien wie Laryngomalazie (Erweichung des Kehlkopfes).
  • Erwachsene: Bei Erwachsenen tritt Stridor häufig bei Erkrankungen auf, die zu einer Verengung der Atemwege führen, wie Tumoren, entzündliche Prozesse oder Trauma.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Kinder: Etwa 10 % der Säuglinge entwickeln in den ersten Lebensmonaten einen Stridor, meist durch Laryngomalazie.
  • Erwachsene: Die genaue Prävalenz bei Erwachsenen ist schwer zu bestimmen, da Stridor ein Symptom vieler unterschiedlicher Ursachen ist.

Saisonale Häufung der Erkrankung

  • Stridor kann in den Wintermonaten häufiger auftreten, besonders wenn er durch Infektionen der oberen Atemwege (z. B. Pseudokrupp/unspezifische Entzündung der oberen Atemwege im Bereich des Kehlkopfes unterhalb der Stimmritze) verursacht wird.
  • Allergien, die saisonal auftreten, können ebenfalls zu einem Stridor führen, wenn sie zu einer Schwellung der Atemwege beitragen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akuter Verlauf: Ein Stridor kann plötzlich auftreten, insbesondere bei akuten Infektionen der Atemwege, allergischen Reaktionen oder Fremdkörperaspiration. In solchen Fällen kann sich der Zustand innerhalb weniger Minuten bis Stunden dramatisch verschlechtern, was zu einer zunehmenden Verengung der Atemwege und letztlich zu einer lebensbedrohlichen Atemnot führen kann. Bei Kindern tritt ein Stridor häufig im Zusammenhang mit Pseudokrupp (Entzündung der oberen Atemwege im Bereich des Kehlkopfes unterhalb der Stimmritze bezeichnet) oder Epiglottitis (lebensbedrohliche Kehldeckelentzündung) auf, bei denen sich der Zustand rasch verschlimmern kann.
  • Chronischer Verlauf: Ein Stridor kann auch schleichend und chronisch verlaufen, wie beispielsweise bei Tumoren im Bereich der Atemwege, kongenitalen Anomalien (wie einer subglottischen Stenose/ Verengung des Übergangs von Kehlkopf zu Luftröhre) oder einer fortschreitenden Laryngomalazie (krankhafte Erweichung des Kehlkopfes). Der chronische Verlauf ist oft mit einer allmählichen Verschlechterung der Symptome verbunden, die je nach Ursache über Wochen bis Monate zunimmt. Ein chronischer Stridor erfordert eine sorgfältige Abklärung, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und entsprechende Behandlungsmaßnahmen einzuleiten.
  • Exazerbationen: Bei chronischen Erkrankungen der Atemwege kann es zu plötzlichen Verschlimmerungen (Exazerbationen) kommen, die durch Infektionen, allergische Reaktionen oder körperliche Belastung ausgelöst werden. Diese Exazerbationen können einen bisher stabilen Zustand schnell in eine kritische Situation verwandeln.

Prognose

  • Abhängig von der Ursache: Die Prognose eines Stridors hängt maßgeblich von der zugrunde liegenden Ursache und der Geschwindigkeit der medizinischen Intervention ab. Akute Ursachen, wie eine Fremdkörperaspiration, erfordern eine sofortige Behandlung, um eine vollständige Wiederherstellung der Atemwege zu ermöglichen. Chronische Ursachen erfordern oft eine langfristige Therapie, die je nach Schweregrad der Erkrankung unterschiedlich erfolgreich sein kann.
  • Risiko von Komplikationen: Ohne adäquate Behandlung kann ein Stridor zu schweren Komplikationen führen, einschließlich Hypoxie (Sauerstoffmangel im Gewebe), respiratorischer Insuffizienz und schließlich zu Atemstillstand. Bei Säuglingen und Kleinkindern besteht ein erhöhtes Risiko für eine rasche Verschlechterung, da ihre Atemwege enger und anfälliger für Obstruktionen sind.
  • Langzeitprognose: Bei rechtzeitiger und adäquater Therapie kann die Langzeitprognose gut sein, insbesondere wenn die Ursache des Stridors erfolgreich behandelt wird. Bei einigen Patienten, insbesondere bei solchen mit angeborenen Anomalien oder Tumoren, kann jedoch eine dauerhafte Beeinträchtigung der Atemfunktion bestehen bleiben. In solchen Fällen sind regelmäßige Kontrollen und gegebenenfalls chirurgische Eingriffe notwendig, um eine langfristige Verbesserung der Atmungsfunktion zu gewährleisten.
  • Notfallprognose: Ein Stridor, der zu einer hochgradigen Verlegung der Atemwege führt, stellt einen medizinischen Notfall dar. Ohne sofortige Intervention, wie etwa eine Intubation Einführung eines Schlauches zur Beatmung) oder Tracheotomie (Luftröhrenschnitt), ist die Prognose sehr schlecht, da das Risiko eines tödlichen Atemstillstands hoch ist.

Notfallmanagement

  • Sicherung der Atemwege
  • Sauerstoffgabe
  • Inhalative und systemische Medikation (z. B. Corticosteroide, Adrenalin)
  • Bei anaphylaktischen Reaktionen: sofortige Gabe von Adrenalin intramuskulär
  • Endoskopische Entfernung eines Fremdkörpers bei Aspiration
  • Notfalltracheotomie, d. h. operative Eröffnung der Luftröhre zur Sicherung der Beatmung in Notfallsituationen, oder Koniotomie (Eröffnen der Atemwege in Höhe des Kehlkopfes bei akuter Erstickungsgefahr) bei vollständigem Atemwegsverschluss.