Schweres akutes respiratorisches Syndrom (SARS) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das Schwere Akute Respiratorische Syndrom (SARS) wird durch das SARS-assoziierte Coronavirus (SARS-CoV-1) verursacht, das zur Familie der Coronaviren (Coronaviridae) gehört. Das Virus wurde erstmals im Jahr 2002 identifiziert und hat sich durch Mensch-zu-Mensch-Übertragung rasch verbreitet. Es wird angenommen, dass das natürliche Erregerreservoir wahrscheinlich Flughunde (Fledertiere) sind, wobei das Virus über Zwischenwirte, wie Zibetkatzen, auf den Menschen übertragen wurde.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Virusinfektion und Bindung an Zielzellen

Das SARS-CoV-1 infiziert den Menschen über die Atemwege. Der primäre Eintrittspunkt des Virus sind die Epithelzellen der Atemwege. Das Virus bindet sich an den ACE2-Rezeptor (Angiotensin-konvertierendes Enzym 2), der auf den Zelloberflächen der Atemwege und Alveolen (Lungenbläschen) exprimiert wird.

  • Virusinvasion: Nach der Bindung an den ACE2-Rezeptor dringt das Virus in die Wirtszellen ein und beginnt mit der Virusreplikation, was zu einer Schädigung und Zerstörung der betroffenen Zellen führt.

Entzündungsreaktion und Zytokinsturm

Die Virusvermehrung und die Zerstörung der Epithelzellen der Lunge lösen eine starke entzündliche Reaktion aus. Diese Entzündung wird durch die Aktivierung von Immunzellen (wie Makrophagen und Neutrophilen) vermittelt, die eine große Menge an Entzündungsmediatoren und Zytokinen freisetzen. Dieser Zytokinsturm führt zu einer Überreaktion des Immunsystems, die mehr Schaden als Nutzen verursacht.

  • Zytokinsturm: Die massive Freisetzung von Zytokinen wie TNF-alpha, IL-6 und IL-1 führt zu einer unkontrollierten Entzündungsreaktion, die das umliegende Lungengewebe schädigt.
  • Alveoläre Schädigung: Die Entzündung verursacht direkte Schäden an den Alveolarepithelzellen (Zellen der Lungenbläschenwand) und erhöht die Durchlässigkeit der Lungenkapillaren, was zum Austritt von Flüssigkeit in das Lungengewebe führt.

Erhöhte Permeabilität der Lungenkapillaren und Lungenödem

Die Schädigung des Alveolarepithels und der Lungenkapillaren führt zu einer erhöhten Permeabilität der Kapillarwände, was den Austritt von Flüssigkeit aus dem Blut in das Lungeninterstitium und die Alveolen ermöglicht. Dies führt zu einem rasch zunehmenden Lungenödem, das die Sauerstoffaufnahme und den Gasaustausch erheblich beeinträchtigt.

  • Lungenödem: Die Ansammlung von Flüssigkeit in den Alveolen erschwert den Gasaustausch und führt zu einer Hypoxie (Sauerstoffmangel), die typisch für SARS ist.

Akutes Atemnotsyndrom (ARDS)

Das Fortschreiten des Lungenödems und der entzündlichen Schädigung führt zur Entwicklung eines Akuten Atemnotsyndroms (ARDS). Die Alveolen füllen sich mit Flüssigkeit und entzündlichem Exsudat, was die Lungenfunktion weiter verschlechtert.

  • ARDS: Die schweren Lungenschäden und das Lungenödem resultieren in einer respiratorischen Insuffizienz (Störung des pulmonalen Gasaustausches mit pathologisch veränderten Blutgaswerten), bei der die Patienten häufig eine maschinelle Beatmung benötigen.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Multiorganversagen

In schweren Fällen kann die ausgeprägte Entzündungsreaktion und die Hypoxie nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organsysteme betreffen, was zu einem Multiorganversagen führen kann. Betroffen sind dabei vor allem das Herz, die Nieren und die Leber.

  • Kardiovaskuläre Komplikationen: Die Hypoxie und die systemische Entzündungsreaktion können eine Myokardschädigung (Herzmuskelschädigung) verursachen, die zur Herzinsuffizienz (Herzschwäche) führen kann.
  • Nierenversagen: Durch den verminderten Sauerstoffgehalt und die Entzündungsreaktionen kann es auch zu einem akuten Nierenversagen kommen.

Klinische Manifestation

Leitsymptome

  • Fieber: Häufig das erste Symptom bei SARS, begleitet von Schüttelfrost.
  • Trockener Husten: Typisch für die respiratorische Beteiligung bei SARS.
  • Dyspnoe (Atemnot): Durch die Lungenschädigung und das Lungenödem entwickelt sich in vielen Fällen Atemnot.

Fortgeschrittene Symptome

  • Hypoxie: Die zunehmende Schädigung der Lunge führt zu einem Sauerstoffmangel, was zu bläulicher Verfärbung der Lippen und Nägel (Zyanose) führen kann.
  • Respiratorische Insuffizienz: In schweren Fällen entwickelt sich eine Ateminsuffizienz (Atemschwäche), die eine intensivmedizinische Behandlung erfordert.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Pathogenese des SARS wird durch das SARS-CoV-1 ausgelöst, das vor allem die Lungenepithelzellen befällt und über den ACE2-Rezeptor in die Zellen eindringt. Die Virusvermehrung führt zu einer schweren Entzündungsreaktion in der Lunge, die durch einen Zytokinsturm und eine erhöhte Kapillarpermeabilität gekennzeichnet ist. Dies resultiert in einem Lungenödem und kann zum Akuten Atemnotsyndrom (ARDS) führen. In schweren Fällen breitet sich die Entzündungsreaktion auf andere Organsysteme aus, was zu Multiorganversagen führen kann.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Lebensalter – höheres Lebensalter und Aufenthalt in Gesundheitseinrichtungen sind Risikofaktoren
  • Beruf – medizinisches Personal

Krankheitsbedingte Ursachen

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektion mit dem SARS-Coronavirus (SARS-assoziiertes Coronavirus, SARS-CoV)