Pneumothorax – Operative Therapie
Ein Pneumothorax (Luftansammlung im Brustfellspalt) stellt eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung dar, bei der es zur Ansammlung von Luft im Pleuraspalt (Zwischenraum zwischen Lunge und Brustwand) kommt. Die operative Therapie (chirurgische Behandlung) ist insbesondere bei komplizierten oder rezidivierenden (wiederkehrenden) Verläufen indiziert.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die operative Therapie wird bei folgenden Indikationen in Betracht gezogen:
- Rezidivierender Spontanpneumothorax (wiederholt auftretender spontaner Lungenkollaps) – Mindestens zwei Episoden auf der gleichen Seite.
- Bilateraler Pneumothorax (beidseitiger Lungenkollaps) – Zeitgleiches Auftreten auf beiden Seiten.
- Spannungspneumothorax (lebensbedrohlicher Druckpneumothorax) – Auch bei Erstmanifestation als Notfallindikation.
- Unvollständige Lungenentfaltung trotz Thoraxdrainage (ungenügende Ausdehnung der Lunge trotz Ableitung der Luft) – Hinweis auf persistierendes (anhaltendes) Luftleck oder pleurale Verklebungen (Verwachsungen der Brustfellblätter).
- Nachweis von Bullae in der Computertomographie (CT) (sichtbare Lungenblasen in der Bildgebung) – Prädisposition (Anfälligkeit) für erneuten Pneumothorax.
- Persistierende Parenchymfistel (anhaltende Luftleckage in der Lunge) – Luftleck für mehr als sieben Tage trotz konservativer oder interventioneller Therapie.
- Hämatopneumothorax (Luft- und Bluteintritt in den Brustfellspalt) – Kombination aus Luft- und Bluteintritt in den Pleuraspalt.
- Empyem (eitrige Brustfellentzündung) – Infektiöse Komplikation mit eitriger Sekretion im Pleuraspalt.
- Schwerer Allgemeinzustand – Insbesondere bei relevanter respiratorischer Insuffizienz (schwere Atemfunktionsstörung).
- Berufsbedingte Risiken – Beispielsweise bei Piloten, Flugbegleitern oder Tauchern.
- Patientenwunsch – Individuelle Entscheidung unter Abwägung von Nutzen und Risiko.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwere kardiopulmonale Komorbiditäten (Begleiterkrankungen von Herz und Lunge) – Erhöhtes Operationsrisiko bei pulmonaler Hypertonie (Lungenhochdruck), schwerer COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) oder eingeschränkter kardialer Funktion (Herzschwäche).
- Ausgedehnte Adhäsionen im Pleuraspalt (großflächige Verwachsungen im Brustfellspalt) – Erschwerte Thorakoskopie (Brustkorbspiegelung) mit potenziellem Konversionsrisiko (Notwendigkeit zur offenen Operation).
- Blutgerinnungsstörungen – Erhöhtes Risiko für intraoperative (während der Operation auftretende) Blutungen.
- Infektiöse Instabilität – Vorliegende Sepsis (schwere Blutvergiftung) oder instabile bakterielle Infektionen.
- Fehlende Zustimmung des Patienten – Besondere Berücksichtigung der individuellen Präferenzen.
Operationsverfahren
Die chirurgische Behandlung eines Pneumothorax kann thorakoskopisch (minimalinvasiv über eine Kamera) oder offen erfolgen.
VATS (Videoassistierte Thorakoskopie) mit Bullaresektion und Pleurodese
- Standardverfahren – Minimalinvasive Methode mit drei kleinen Zugängen.
- Resektion von Bullae (Entfernung von Lungenblasen) – Entfernung pathologischer (krankhafter) Lungenblasen mittels Stapler oder Laser.
- Mechanische Pleurodese (mechanische Verklebung des Brustfells) – Abrasion (mechanisches Anrauen) oder partielle Pleurektomie (teilweise Entfernung des Brustfells) zur Förderung pleuraler Adhäsionen (Verwachsungen).
- Chemische Pleurodese (chemische Verklebung des Brustfells) – Talkumapplikation (Einspritzen von Talkumpulver) zur dauerhaften Verklebung der Pleuraschichten.
- Vorteile – Geringere Morbidität (geringere Krankheitslast), kürzere Hospitalisation (kürzerer Krankenhausaufenthalt), schnellerer Heilungsverlauf.
Offene Thorakotomie mit Pleurektomie
- Indikation – Rezidivierende Pneumothoraces (wiederholte Lungenkollapse) oder ausgeprägte pleurale Adhäsionen.
- Verfahren – Anterolaterale (seitlich-vordere) Thorakotomie mit Entfernung der pleuralen Schicht.
- Zusätzliche Maßnahmen – Falls erforderlich, Lungenteilresektion (Teilentfernung der Lunge) oder segmentale Bullaresektion (gezielte Entfernung von Lungenblasen).
- Vorteile – Höhere Rezidivfreiheit (geringeres Wiederholungsrisiko), insbesondere bei komplexen Fällen.
- Nachteile – Längere postoperative Rekonvaleszenz (Genesungszeit) und höhere Invasivität (größerer Eingriff).
Postoperative Nachsorge
- Intensive Überwachung – Regelmäßige Kontrolle der Oxygenierung (Sauerstoffsättigung) und Atemmechanik (Atmungsfunktion).
- Thoraxdrainage-Management – Kontrolle der Luftleckage, Anpassung des Sogs (in der Regel -10 bis -20 cmH₂O), Entfernung der Drainage frühestens nach 48–72 Stunden bei vollständiger Lungenentfaltung.
- Analgesie (Schmerztherapie) – Multimodale Schmerztherapie mit NSAR (entzündungshemmende Schmerzmittel) oder Opioiden bei Bedarf.
- Physiotherapie – Frühzeitige Mobilisation zur Verhinderung pulmonaler (die Lunge betreffender) Komplikationen.
- Röntgenkontrollen – Tägliche Röntgen-Thorax-Untersuchungen (Brustkorb-Röntgen) bis zur Drainage-Entfernung.
- Ambulante Nachkontrolle – Röntgenkontrolle nach zwei und sechs Wochen zur Evaluation der Lungenfunktion.
Mögliche Komplikationen
- Persistierende Luftleckage (anhaltender Luftaustritt) – Meist selbstlimitierend, ggf. Reintervention (erneuter Eingriff) erforderlich.
- Reexpansionsödem (Flüssigkeitseinlagerung in der Lunge) – Flüssigkeitseinlagerung durch rasche Lungenentfaltung mit möglicher Atemdepression (Atemeinschränkung).
- Infektionen – Risiko einer Pleuraempyembildung (eitrige Brustfellentzündung), insbesondere nach langer Drainagezeit.
- Pleuraschmerzen und Adhäsionen – Potenzielle Langzeitfolgen mit eingeschränkter pulmonaler Dehnbarkeit (verminderte Lungenbeweglichkeit).
- Postoperative Blutungen – Risiko durch vaskuläre Läsionen (Gefäßverletzungen), insbesondere bei Thorakotomie.
Weitere Hinweise
- Bei jüngeren Patienten mit Spontanpneumothorax ohne erkennbare Ursache zeigte eine Thoraxdrainage keine klaren Vorteile: Die Erholung gegenüber einer abwartenden Haltung wurde nicht erkennbar beschleunigt [1].
Fazit: Patienten mit spontanem primärem Pneumothorax und wenigen Symptomen können auch konservativ behandelt werden. - Patienten mit einem geringgradig ausgeprägten traumatisch bedingten unilateralem Pneumothorax (Röntgen: Größe des Pneumothorax median 18 mm (Abstand von der Lungenspitze bis zur Thoraxkuppel); Computertomographie: median 25 bzw. 37 mm) mit versus ohne Drain; ausgeschlossen wurden Patienten mit Hämatothorax und solche, die bearbeitet werden mussten.
Gruppe ohne Drainage versus Gruppe mit Drainage: Klinikaufenthalt um zwei Tage kürzer (median 3,6 gegenüber 5,8 Tage). Mögliche Komplikationen der Thoraxdrainage konnten zudem auf diese Weise verhindert werden [2]. - Aspiration versus Drainage bei Spontanpneumothorax: Die einfache Aspiration hat geringere initiale Erfolgsaussichten, ist aber weniger invasiv und verkürzt den stationären Aufenthalt [3].
Fazit
Die operative Therapie des Pneumothorax ist indiziert bei rezidivierenden, bilateralen oder therapierefraktären (nicht auf Behandlung ansprechenden) Fällen sowie bei komplizierten Verläufen. Die videoassistierte Thorakoskopie (VATS) mit Bullaresektion und Pleurodese stellt das bevorzugte Verfahren dar, während die offene Thorakotomie bei ausgeprägten Adhäsionen oder wiederholten Rezidiven notwendig sein kann. Entscheidend sind eine präzise Indikationsstellung (korrekte Entscheidung für den Eingriff) und ein optimales postoperatives Management zur Minimierung von Komplikationen und zur Wiederherstellung der Lungenfunktion.
Literatur
- Brown SGA et al.: Conservative versus Interventional Treatment for Spontaneous Pneumothorax. N Engl J Med 2020; 382:405-415 doi: 10.1056/NEJMoa1910775
- Banks KC et al.: Comparison of outcomes between observation and tube thoracostomy for small traumatic pneumothoraces. Am J Emerg Med 2023; https://doi.org/10.1016/j.ajem.2023.01.017
- Cheng J et al.: Simple aspiration for spontaneous pneumothorax in adults: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Emerg Med 2024;80:99–106; https://doi.org/10.1016/j.ajem.2024.03.020