Mukoviszidose – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Verbesserung der Symptomatik
  • Stabilisierung der Lungenfunktion

Therapieempfehlungen

Beachte: Die Therapie der Mukoviszidose beruht auf den drei Säulen Ernährungsmedizin (s. u. , Sportmedizin und Physiotherapie (s. u. "Weitere Therapie"), sowie der Pharmakotherapie.

Pharmakotherapie

  • Pharmakotherapie der cystischen Fibrose (CF)
    • Sekretolytische Therapie (Verflüssigung von Sekret:
      • Einsatz von oralen Expektorantien (z. B. N-Acetylcystein) und Sekretolyse durch rekombinante humane DNAse (DNAse Dornase alfa: diese kann DNA in vitro depolymerisieren und damit CF-Sputum verflüssigen und seine viskoelastischen Eigenschaften verbessern)
      • Inhalation von hypertonen Kochsalzlösungen; Mannitol (→ Wassereinstrom und reduziert so Viskosität)
      • Die inhalativen sekretolytischen Therapien können kombiniert werden (z. B. hypertone Kochsalzlösung und Dornase alpha). 
    • Anticholinergika bzw. Betamimetika (kurzwirksame) zur Erweiterung der Bronchien
    • Glucocorticoide (inhalative Steroide (ICS)) bei chronischer Bronchitis [wenig Evidenz]
    • Antibiose (Antibiotikatherapie; bei Bedarf); dazu Überwachung der bronchopulmonalen Keimbesiedlung durch Sputumuntersuchungen oder Rachenabstriche, sodass eine frühzeitige Therapie einer Pseudomonasinfektion gewährleistet ist.
    • Um die Lungenfunktion stabil zu halten, sollte mehrmals täglich ein Atemtraining mit dem Flutter-Ventil durchgeführt werden.
    • Zur Therapie der oberen Atemwege werden Nasenspülungen cortisonhaltige Nasensprays eingesetzt.
  • Pharmakotherapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz:
    • Pankreas-Enzymsubstitution (ca. 3.000 I.E. Lipase/g Fett)
    • Hochkalorische, fettreiche Ernährung (s. u. Ernährungsmedizin)
    • Zufuhr fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K) und des wasserlöslichen Vitamins B12
    • Elektrolytausgleich – allem Kochsalz, Calcium- und Eisenpräparate
    • Einläufe bei akuter Darmobstruktion ("Darmverstopfung")
  • Pharmakotherapie der endokrinen Pankreasinsuffizienz:
    • Insulintherapie
  • Personalisierte Therapie (mutationsspezifische Therapien); diese ergänzen, aber ersetzen nicht die symptomatische Therapie (s.o.):
    • Ivacaftor – soll den Chlorid-Transport von CFTR in der Zellmembran verstärken, d. h. den Schleim wieder verflüssigen; wirkt nur bei G551D-Mutation (ca. 3 % der Fälle)
      Aktueller Stand der Zulassung: Zulassung von Ivacaftor als Granulat für Säuglinge mit Cystischer Fibrose (CF, Mukoviszidose) ab einem Alter von vier Monaten, die mindestens fünf Kilogramm wiegen und die eine R117H-Mutation oder eine von mehreren definierten Gating-(Klasse III)-Mutationen im Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR)-Gen aufweisen. 
    • Lumacaftor, das das Trafficking des Phe508 deletierten CFTR-Proteins zu der Zellmembran verbessert; wirkt gezielt gegen Delta F508-Mutation (40-50 % der Fälle) 
      Beachte: Da Lumacaftor ein starker CYP3A-Induktor ist, führt dieses u.a. zu einer Wirkungsabschwächung hormoneller Kontrazeptiva (hormonelle Empfängnisverhütung).
    • Kombination aus CFTR-Korrektor Lumacaftor und CFTR-Potentiator Ivacaftor: erste ursächliche Therapie für Mukoviszidose-Patienten mit homozygoter Delta F508-Mutation 
      • Die Europäische Kommission hat die Erweiterung der Zulassung für Lumacaftor/Ivacaftor zur Anwendung bei Kindern mit Mukoviszidose im Alter von 6 bis 11 Jahren, die zwei Kopien der F508del-Mutation haben, genehmigt (Stand: Januar 2018).
        Aktueller Stand der Zulassung: Die Zulassungserweiterung der Kombination umfasst die Behandlung der CF bei Patienten ab sechs Jahren, die zwei Kopien der F508del-Mutation im CFTR-Gen aufweisen oder eine Kopie der F508del-Mutation und eine Kopie einer von 14 definierten Mutationen im CFTR-Gen, die zu einer Restaktivität des CFTR-Proteins führen.
    • Kaftrio (Kombination aus Ivacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor)
      Indikation: Patienten, deren Mukoviszidose auf die von einem oder beiden Elternteilen vererbte F508del-Mutation zurückzuführen ist. Wenn sie diese Mutation nur von einem Elternteil geerbt haben, sollten sie auch eine andere Mutation haben, die als "Minimalfunktionsmutation" vom anderen Elternteil bezeichnet wird. Dieser Sachverhalt gilt für ca. 60 % aller Mukoviszidose-Betroffenen in Deutschland (Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA erfolgte am 21. August 2020).
      • Siehe dazu die Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit 403 Patienten mit zystischer Fibrose (CF), die heterozygot bezüglich der Phe508del-Mutation waren und eine andere Mutation hatten: Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor war bei Patienten mit Mukoviszidose mit Phe508del-Minimalfunktionsgenotypen wirksam, bei denen frühere CFTR-Modulator-Regime unwirksam waren [3].
      • Die Kombinationstherapie mit den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor hat die viskoelastischen Eigenschaften des Sputums, chronische Atemwegsinfektionen und Entzündungen bei CF-Patienten mit mindestens einem F508del-Allel in den ersten 12 Monaten der Therapie verbessert, jedoch ohne Werte zu erreichen, die annähernd denen der Gesunden entsprechen [5].
  • Wirkstoffe (s. u.) bei Komplikationen in Abhängigkeit von der jeweiligen Indikation 
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Weitere Hinweise

  • Die Gene einer multiresistenten Variante von Mycobacterium abscessus (atypische, nichttuberkulöse Mykobakterien) erschweren zunehmend die Behandlung von Mukoviszidose-Patienten [1].
  • Eine 15-jährige Patientin mit Mukoviszidose hat eine schwere Infektion mit Mycobacterium absessus dank einer Therapie mit teils genetisch modifizierten Bakteriophagen überlebt [2].
    Hinweis: Als Bakteriophagen (Singular Phage, der; altgriech. βακτήριον; baktérion "Stäbchen" und φαγεῖν phageín "fressen") – kurz benannt auch als Phagen – bezeichnet man verschiedene Gruppen von Viren, die auf Bakterien und Archaeen als Wirtszellen spezialisiert sind.
    Phagen können therapeutisch zur Behandlung von Bakterieninfektionen eingesetzt werden, die auf konventionelle Antibiotika nicht ansprechen.
  • COMBAT-CF: Die prophylaktische antibiotische/immunmodulatorische Therapie mit Azithromycin kann die Atemwegsinflammation (Atemwegsentzündung) und die pulmonalen Exazerbationen (Verschlechterung der Symptome bei chronischen Lungenkrankheiten) bei Säuglingen und Kleinkindern reduzieren. Der Progress (Fortschreiten) der frühen strukturellen CF-Lungenerkrankung ließ sich allerdings dadurch nicht verbessern [4].

Wirkstoffe (Hauptindikation)

Inhalationen

Indikation Wirkstoffgruppe Wirkstoff Besonderheiten
Schleimlockerung Expektorantien 0,9 % NaCl  
Erweiterung der Bronchien Anticholinergika Ipratropiumbromid  
  Betamimetika Salbutamol Ggf. zusätzlich
Allergien Antiallergika Cromoglicinsäure Wirkbeginn erst nach Wochen
Chronische Bronchitis Glucocorticoide Cortison  
Pseudomonas-Besiedelung Aminoglykosid Tobramycin 28-tägiger On-Off-Rhythmus
Rezidivierende Infekte Enzyme Rekombinante humane DNAse Wenn ein Effekt eintritt, ist er meist innerhalb von 2 Wochen festzustellen
  K-sparendes Diuretikum Amilorid  

Bei Komplikationen

Indikation Wirkstoff Besonderheiten
Cor pulmonale Theophyllin Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz
Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
Spironolacton Kontraindikationen (Gegenanzeigen) bei Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), ANV (akutes Nierenversagen)
Chronischer Leberschaden Ursodesoxycholsäure (UDCS)
 
  Vitamin K  
Allergische bronchopulmonale Aspergillose Cortison  
Diabetes mellitus Diverse orale Antidiabetika  
  Insulin  

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (D3, B1)
  • Mineralstoffe (Kalium, Magnesium)
  • Weitere Vitalstoffe (Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesiumcitrat und Kaliumcitrat))

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Bryant JM et al.: Emergence and spread of a human-transmissible multidrug-resistant nontuberculous mycobacterium. Science 11 Nov 2016: Vol. 354, Issue 6313, pp. 751-757 doi: 10.1126/science.aaf8156
  2. Dedrick RM et al.: Engineered bacteriophages for treatment of a patient with a disseminated drug-resistant Mycobacterium abscessus. Nature Medicine 2019;25:730-733 
  3. Middleton PG, Mall MA, Dřevínek P et al.: Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor for Cystic Fibrosis with a Single Phe508del Allele. N Engl J Med. 2019;381(19):1809-19 doi: 10.1056/NEJMoa1908639
  4. Stick SM, Foti A, Ware RS et al.: The effect of azithromycin on structural lung disease in infants with cystic fibrosis (COMBAT CF): a phase 3, randomized, double-blind, placebo-controlled trial, Lancet Respir Med 2022, 10: 776-84.
  5. Schaupp et al.: Longitudinal Effects of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor on Sputum Viscoelastic Properties, Airway Infection and Inflammation in Patients with Cystic Fibrosis. European Respiratory Journal (2023). doi: 10.1183/13993003.02153-2022

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Lungenerkrankung bei Mukoviszidose. (AWMF-Registernummer: 026-022), Juni 2013 Kurzfassung Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Diagnose der Mukoviszidose. (AWMF-Registernummer: 026-023), Juni 2013 Kurzfassung Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Lungenerkrankung bei Mukoviszidose. Modul 2: Chronische Pseudomonas – Infektion. (AWMF-Registernummer: 020 - 018), Juli 2017 Kurzfassung Langfassung