Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) – Strahlentherapie
Bei etwa 20 % aller Patienten mit malignen Lungentumoren ist eine strahlentherapeutische Behandlung erforderlich, da deren Tumoren nicht operiert werden können (z. B. wegen Begleiterkrankungen, schlechter Lungenfunktion).
Kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC; engl.: Small Cell Lung Cancer) (20-25 %)
Das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC; kleinzelliger Lungenkrebs) macht etwa 20–25 % der Lungenkarzinome aus und zeichnet sich durch ein aggressives Wachstum sowie eine frühe Metastasierung (Streuung von Tumorzellen) aus. Die Strahlentherapie spielt sowohl in der kurativen (heilenden) als auch in der palliativen (lindernden) Behandlung eine zentrale Rolle und wird häufig in Kombination mit einer systemischen Chemotherapie (medikamentösen Behandlung des gesamten Körpers) eingesetzt.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Strahlentherapie wird bei SCLC in verschiedenen Stadien und klinischen Situationen eingesetzt:
- Limited Disease (LD, begrenztes Stadium)
- Kurative Therapie in Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie (medikamentöse Behandlung mit Platinverbindungen)
- Konsolidierende thorakale Strahlentherapie (Bestrahlung des Brustkorbs zur Stabilisierung des Therapieerfolgs) nach initialem Ansprechen auf Chemotherapie
- Prophylaktische kraniale Bestrahlung (PCI; vorbeugende Bestrahlung des Gehirns) zur Reduktion des Risikos für zerebrale Metastasen (Tumorabsiedlungen im Gehirn)
- Extensive Disease (ED, fortgeschrittenes Stadium)
- Palliative Strahlentherapie (lindernde Bestrahlung) zur Symptomkontrolle (z. B. Dyspnoe [Atemnot], Schmerz, Kompression der oberen Hohlvene [Einengung einer großen Körpervene im Brustkorb])
- Konsolidierende thorakale Strahlentherapie nach Chemotherapie bei Patienten mit gutem Therapieansprechen
- Ganzhirnbestrahlung (WBRT; Bestrahlung des gesamten Gehirns) bei Hirnmetastasen (Tumorabsiedlungen im Gehirn)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwere pulmonale (die Lunge betreffende) oder kardiovaskuläre (Herz und Gefäße betreffende) Komorbiditäten (Begleiterkrankungen), die eine Strahlenbehandlung nicht zulassen
- Stark eingeschränkter Allgemeinzustand (ECOG ≥ 3; schlechter körperlicher Zustand)
- Lungenfibrose (krankhafte Bindegewebsvermehrung in der Lunge) oder schwere interstitielle Lungenerkrankungen (entzündliche Erkrankungen des Lungengewebes)
- Vorangegangene hochdosierte Strahlentherapie im Thoraxbereich (Brustkorb)
Verfahrensbeschreibung
Die Strahlentherapie beim SCLC erfolgt als fraktionierte (auf mehrere Sitzungen verteilte) Hochpräzisionsbestrahlung mit intensitätsmodulierten (dosisangepassten) oder stereotaktischen (hochpräzisen) Techniken. Es werden folgende Verfahren angewandt:
- Kombinierte Radiochemotherapie (Bestrahlung mit gleichzeitiger Chemotherapie)
- Konkurrierende oder sequentielle Applikation (zeitgleiche oder zeitversetzte Anwendung) mit platinbasierter Chemotherapie
- Bestrahlung mit 45 Gy in 30 Fraktionen (zweimal täglich) oder 60-66 Gy in 30-33 Fraktionen (einmal täglich)
- Thorakale Konsolidierungsbestrahlung (Bestrahlung zur Stabilisierung des Therapieerfolgs im Brustkorb)
- Nach initialem Therapieansprechen im ED-Stadium
- Dosierung: 30-40 Gy in 10-15 Fraktionen
- Prophylaktische kraniale Bestrahlung (PCI)
- Indiziert für Patienten mit gutem Ansprechen auf Chemotherapie
- Standarddosierung: 25 Gy in 10 Fraktionen
- Ganzhirnbestrahlung (WBRT) bei Hirnmetastasen
- Standardregime: 30 Gy in 10 Fraktionen
- Alternativ: Hypofraktionierte Schemata (weniger Sitzungen mit höheren Einzeldosen) für symptomatische Patienten
Therapiedurchführung
Die Strahlentherapie erfordert eine detaillierte Planung und präzise Bildgebung:
- Planung:
- Computertomographie (CT; Schnittbildgebung des Körpers) zur Zielvolumendefinition
- Fusion mit Positronen-Emissions-Tomographie (PET; bildgebendes Verfahren zur Darstellung des Stoffwechsels) zur Optimierung der Bestrahlungsfelder
- Durchführung:
- Präzise Lagerung mit individuell angepasster Immobilisation (Fixierung zur Vermeidung von Bewegungen)
- Applikation (Verabreichung) mit linearer Beschleunigertechnik (Strahlentherapiegerät)
- Regelmäßige Überprüfung mittels bildgestützter Radiotherapie (IGRT; bildgeführte Strahlentherapie)
Erfolgsaussichten und Ansprechraten
- Limited Disease (LD):
- Medianes Gesamtüberleben (OS; mittlere Überlebensdauer) mit kombinierter Radiochemotherapie: 18–24 Monate
- 5-Jahres-Überlebensrate: 25-30 %
- Extensive Disease (ED):
- Medianes Überleben nach Chemotherapie mit thorakaler Strahlentherapie: 12–15 Monate
- Verbesserung der lokalen Kontrolle (Reduktion der Tumorgröße) und Symptomreduktion durch Strahlentherapie
- Prophylaktische kraniale Bestrahlung (PCI):
- Reduktion des Risikos für Hirnmetastasen von 60 % auf ca. 30 %
- Verbesserung des 3-Jahres-Überlebens von 15 % auf ca. 20 %
Vergleich mit alternativen Verfahren
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Konventionelle fraktionierte Bestrahlung | Standardbestrahlung mit 2 Gy/Fraktion | Gute Verträglichkeit, breite Evidenzlage | Längere Behandlungsdauer |
Hyperfraktionierte Bestrahlung | 1,5 Gy zweimal täglich | Höhere Tumorkontrolle (bessere Tumorbekämpfung) | Erhöhte Nebenwirkungsrate |
Stereotaktische Strahlentherapie (SBRT) | Hochpräzise Bestrahlung mit hoher Dosis pro Fraktion | Effektiv bei limitierten Metastasen | Begrenzte Indikationen, nicht für ausgedehnte Tumoren geeignet |
Ganzhirnbestrahlung (WBRT) | Homogene Bestrahlung des gesamten Gehirns | Effektiv bei multiplen Hirnmetastasen | Neurokognitive Einschränkungen (Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten) möglich |
Weitere Hinweise
- Nach operativer Resektion wird in allen Untergruppen neben der adjuvanten Chemotherapie eine prophylaktische Radiatio des Schädels empfohlen. Ein häufig eingesetztes Vorgehen sieht die Gabe von 30 Gy in 15 Fraktionen vor (Evidenzgrad 2b) [S3-Leitlinie]
- Patienten mit bestrahlungsfähiger Primärtumorausdehnung und ohne Fernmetastasierung sollten eine Bestrahlung der Primärtumorregion erhalten (Evidenzgrad 1a) [S3-Leitlinie]
- Die Applikation der Strahlentherapie in denTumorstadien T3-4 N0-1 und T1-4N2-3M0 (Limited disease) sollte nach Möglichkeit simultan zur Chemotherapie mit Cisplatin und Etoposid erfolgen (Evidenzgrad 1b) [S3-Leitlinie]
- Bei allen Patienten mit Remission nach Abschluss der Chemo-Strahlentherapie sollte eine prophylaktische Schädelbestrahlung durchgeführt werden. Bevorzugt sollte eine GHD bis 30 Gy in Einzeldosen von 1,8 bis 2,0 Gy täglich eingesetzt werden (Evidenzgrad 1a) [S3-Leitlinie].
- Bzgl. des Gesamtüberlebens wird der Einsatz der prophylaktischen Ganzhirnbestrahlung beim extendierten Stadium kontrovers diskutiert.
- Beim kleinzelligen Bronchialkarzinom ohne Fernmetastasen (Tumorzellen, die auf dem Blut- oder Lymphweg in andere Organe als das ursprünglich betroffene Organ gestreut und sich dort angesiedelt haben) sollte versucht werden, eine simultane (parallele) Radiochemotherapie (RCTX; Kombination aus Strahlentherapie (z. B. mit Gammastrahlung) und Chemotherapie (Gabe von Zytostatika)) durchzuführen.
Ist dies kontraindiziert (besteht eine Gegenanzeige), so sollte die Radiochemotherapie (RCTX) sequenziell – Strahlentherapie (Radiotherapie, Radiatio) nach Chemotherapie – durchgeführt werden. - Patienten mit Hirnmetastasierung (Bildung von Tochtergeschwülsten im Gehirn) sollten frühzeitig im Therapieverlauf bestrahlt werden. Bei symptomatischer Hirnmetastasierung sollte die Ganzhirnbestrahlung unmittelbar nach Diagnosestellung erfolgen, bei asymptomatischer Hirnmetastasierung ist ein frühzeitiger Bestrahlungsbeginn anzustreben (Evidenzgrad 1b). Bei Verwendung eines Standard Platin/Etoposid Protokolls kann die Bestrahlung parallel zur Gabe einer Chemotherapie erfolgen [S3-Leitlinie].
- Die Strahlentherapie besteht aus einer thorakalen Radiotherapie (TRT) gefolgt von einer prophylaktischen Ganzhirnbestrahlung (PCI; prophylactic cranial irradiation) (PCI = Therapiestandard im limitierten Stadium; im extendierten Stadium wird die PCI patientenindividuell durchgeführt).
- Eine angepasste (unterstützende) supportive Therapie bei der Strahlentherapie (Radiotherapie, Radiatio) ist immer unerlässlich.
- Beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium III kann eine höhere Strahlendosis mit 60 Gy im Rahmen der Radiochemotherapie das mediane Gesamtüberleben deutlich verlängern (60 Gy: 41,6 Monate versus 45 Gy: 22,9 Monate) ohne erhöhte Strahlentoxizität (Strahlenschädigung). Dabei wurde allen Patienten auch eine prophylaktische Schädelbestrahlung mit einer Dosis von 25 Gy in 10 Fraktionen bis 30 Gy in 15 Fraktionen angeboten [6].
Fazit
Die Strahlentherapie ist ein essenzieller Bestandteil der Behandlung des kleinzelligen Bronchialkarzinoms (SCLC) und verbessert sowohl die lokale Tumorkontrolle als auch die Überlebensraten. In Kombination mit einer systemischen Chemotherapie (medikamentösen Ganzkörperbehandlung) kann sie in frühen Stadien eine Heilung ermöglichen, während sie in fortgeschrittenen Stadien zur Verlängerung der Überlebenszeit und Symptomlinderung beiträgt. Innovative Bestrahlungstechniken wie die stereotaktische Radiotherapie (SBRT; hochpräzise Einzeldosisbestrahlung) und bildgeführte Verfahren (IGRT) optimieren die therapeutische Präzision und minimieren Nebenwirkungen.
Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC, "non-small-cell lung carcinoma") (10-15 %)
Das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC, non-small-cell lung carcinoma, nicht-kleinzelliger Lungenkrebs) ist mit einem Anteil von etwa 85-90 % die häufigste Form des Lungenkarzinoms (Lungenkrebs). Die Strahlentherapie spielt eine zentrale Rolle in der Behandlung und kann sowohl kurativ (heilend) als auch palliativ (lindernd) eingesetzt werden. Insbesondere in inoperablen Stadien (nicht operierbare Stadien) sowie als Ergänzung zur systemischen Therapie (medikamentösen Therapie) hat die Strahlenbehandlung durch moderne Techniken wie die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT, präzise Strahlenbehandlung), stereotaktische Körperstrahlentherapie (SBRT, hochpräzise Strahlenbehandlung) und Protonentherapie (Teilchenbestrahlung) an Bedeutung gewonnen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Strahlentherapie ist eine wichtige Therapieoption in verschiedenen Stadien (Krankheitsphasen) des NSCLC:
- Frühe Stadien (I-II):
- Alternative zur Operation (chirurgischen Entfernung) bei inoperablen Patienten oder Patienten mit hohem Operationsrisiko.
- Stereotaktische Körperstrahlentherapie (SBRT, hochpräzise Strahlenbehandlung) als primäre kurative Therapieoption (Behandlung mit Heilungsabsicht).
- Lokal fortgeschrittene Stadien (III):
- Definitive Radiochemotherapie (kombinierte Bestrahlung und Chemotherapie) als Standardtherapie für Patienten ohne Resektionsmöglichkeit (ohne Möglichkeit der operativen Entfernung).
- Postoperative Strahlentherapie (PORT, postoperative Bestrahlung) bei unvollständiger Resektion (Teilentfernung des Tumors) oder mediastinaler Lymphknotenmetastasierung (Befall der Lymphknoten im Mittelfell).
- Metastasierte Stadien (IV):
- Palliative Strahlentherapie (lindernde Bestrahlung) zur Symptomkontrolle, insbesondere bei tumorbedingter Dyspnoe (Atemnot), Schmerzen oder Blutungen.
- Oligometastasierung (wenige Metastasen): Hochpräzise Radiotherapie zur Kontrolle einzelner Metastasen (Tochtergeschwülste, Absiedlungen des Tumors) im Gehirn, Nebennieren oder Knochen.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwere Lungenfunktionsstörungen (z. B. fortgeschrittene COPD, chronisch obstruktive Lungenerkrankung) mit hohem Risiko für eine Strahlenpneumonitis (entzündliche Reaktion der Lunge auf die Bestrahlung).
- Geringe Knochenmarksreserve (reduzierte Fähigkeit zur Blutbildung) nach vorheriger Chemo- oder Radiotherapie.
- Bestrahlungsresistenz (geringe Ansprechrate auf Strahlentherapie) bei bestimmten molekularen Subtypen, die bevorzugt mit zielgerichteten Therapien (medikamentösen Präzisionstherapien) behandelt werden.
Verfahrensbeschreibung
Die Strahlentherapie des NSCLC erfolgt nach einer sorgfältigen Planung unter Einsatz moderner bildgestützter Verfahren (bildgebender Verfahren zur Planung der Bestrahlung):
- Bildgebung zur Zielvolumendefinition (Bildgebende Verfahren zur Bestimmung des Tumorbereichs):
- Computertomographie (CT, spezielle Röntgenschichtaufnahme) und Positronen-Emissions-Tomographie (PET-CT, Verfahren zur Darstellung des Tumorstoffwechsels) zur genauen Tumorlokalisation (Bestimmung der Tumorlage) und Metastasendetektion (Aufspüren von Absiedlungen).
- Magnetresonanztomographie (MRT, bildgebendes Verfahren ohne Röntgenstrahlen) zur besseren Beurteilung von mediastinalen (im Mittelfell liegenden) und zentral gelegenen Tumoren.
- Techniken der Strahlentherapie:
- Dreidimensionale konformale Radiotherapie (3D-CRT, Formangepasste Bestrahlung): Standardverfahren mit an die Tumorform angepassten Strahlenfeldern.
- Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT, Bestrahlung mit variabler Dosisverteilung): Optimierte Dosisverteilung zur Schonung gesunder Organe wie Herz und Lunge.
- Stereotaktische Körperstrahlentherapie (SBRT, hochpräzise Bestrahlung in wenigen Sitzungen): Hochpräzise Bestrahlung mit hohen Einzeldosen für kleine, lokal begrenzte Tumoren.
- Protonentherapie (Bestrahlung mit geladenen Teilchen): Besonders vorteilhaft zur Reduktion der Strahlenbelastung für gesundes Gewebe bei bestimmten Tumorlokalisationen (Lokalisation = Lage des Tumors).
Therapiedurchführung
- Fraktionierungsschemata (Bestrahlungspläne):
- Konventionelle Fraktionierung: 60-66 Gy in 30-33 Fraktionen (Behandlungssitzungen) à 2 Gy bei definitiver Radiotherapie.
- Hypofraktionierung: 45-50 Gy in 15-20 Fraktionen bei Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion.
- Stereotaktische Radiotherapie (SBRT): 50-60 Gy in 3-5 Fraktionen bei kleinen Tumoren im Stadium I oder bei Oligometastasen (wenigen Absiedlungen).
- Begleittherapie:
- Radiochemotherapie (Bestrahlung kombiniert mit Chemotherapie): Kombination mit Cisplatin- oder Carboplatin-basierten Schemata bei lokal fortgeschrittenem NSCLC.
- Immuntherapie (Aktivierung des Immunsystems gegen Krebszellen): Kombination mit PD-L1-Checkpoint-Inhibitoren wie Durvalumab zur Verbesserung des Langzeitüberlebens (PACIFIC-Studie).
Erfolgsaussichten und Ansprechraten
- Frühe Stadien (I-II):
- SBRT als Alternative zur Chirurgie: 3-Jahres-Überlebensrate ca. 60-70 %.
- Konventionelle Radiotherapie: 5-Jahres-Überlebensrate ca. 30-50 %.
- Lokal fortgeschrittenes NSCLC (Stadium III):
- Definitive Radiochemotherapie: 5-Jahres-Überlebensrate ca. 20-30 %.
- Postoperative Strahlentherapie (PORT): Verbesserung der lokalen Kontrolle, insbesondere bei mediastinaler Lymphknotenmetastasierung.
- Metastasiertes NSCLC (Stadium IV):
- Palliative Radiotherapie: Symptomlinderung bei über 70 % der Patienten.
- Oligometastasierte Erkrankung: Stereotaktische Radiotherapie kann das progressionsfreie Überleben verlängern.
Vergleich mit alternativen Verfahren
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Chirurgie (operative Entfernung des Tumors) | Lobektomie (Entfernung eines Lungenlappens), Pneumonektomie (Entfernung einer gesamten Lunge) | Hohe lokale Kontrolle, potenziell kurativ (heilend) | Invasiver Eingriff mit OP-Risiken (z. B. Atemwegsprobleme, Infektionen) |
Radiochemotherapie (Bestrahlung in Kombination mit Chemotherapie) | Kombination aus Strahlentherapie und platinbasierter Chemotherapie | Verbesserte Kontrolle bei lokal fortgeschrittenem NSCLC, Erhalt der Lungenfunktion | Höhere Nebenwirkungsrate (z. B. Strahlenpneumonitis, Übelkeit, Fatigue) |
Stereotaktische Radiotherapie (SBRT, hochpräzise Bestrahlung in wenigen Sitzungen) | Hochpräzise Strahlentherapie mit hohen Einzeldosen | Nicht-invasiv, hohe lokale Kontrolle bei kleinen Tumoren | Nur für kleine Tumoren ohne Lymphknotenbefall geeignet |
Protonentherapie (Bestrahlung mit geladenen Teilchen) | Hochpräzise Bestrahlung mit Protonen zur Schonung von gesundem Gewebe | Geringere Strahlenbelastung für Herz und Lunge, besonders bei Tumoren in der Nähe kritischer Strukturen | Hohe Kosten, begrenzte Verfügbarkeit |
Weitere Hinweise
- Im Stadium I, II wird nach R0-Resektion eine adjuvante Strahlentherapie nicht empfohlen [S3-Leitlinie].
- Für Patienten mit mediastinalem ("im Mittelfeld") Lymphknotenbefall im Stadium IIIA1 bzw. IIIA2 sollte zusätzlich zur adjuvanten Chemotherapie die Indikation zur postoperativen Mediastinalbestrahlung geprüft werden [S3-Leitlinie].
- Patienten im Stadium IIIA3 – insbesondere bei multiplem N2-Befall – können gleichermaßen mit einer Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie (definitive Chemo-/Radiotherapie) behandelt werden [S3-Leitlinie].
- Die stereotaktische Bestrahlung von intra- und extrazerebralen NSCLC-Metastasen ist sicher, wirksam und ein technisches Standardverfahren zur sicheren Ablation lokaler Tumormanifestationen.
- In den Stadien I-II kommt die perkutane sterotaktische Radiotherapie (Strahlentherapie) zum Einsatz, wenn die Operation nicht möglich ist oder vom Patienten abgelehnt wird. Sie erzielt in 92 % der Fälle eine lokale Tumorkontrolle. Die 3-Jahres-Überlebensrat beträgt dabei 60 %.
- Beim lokal fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (LA-NSCLC) wird meist eine Chemoradiotherapie (CRT) durchgeführt.
- Beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom dominiert die Radiotherapie das Stadium III.
- Es wird zunehmend ein multimodales Konzept durchgeführt, bei dem erst die (Radio-)Chemotherapie eingesetzt wird, bevor der Tumor durch eine Operation entfernt wird (neoadjuvante (Radio-)Chemotherapie).
- Patienten mit einer isolierten Hirnmetastase soll eine stereotaktische Präzisionsstrahlentherapie oder eine Operation mit anschließender Tumorbett-Nachbestrahlung angeboten werden [S3-Leitlinie].
- Bei Hirnmetastasen eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) wird häufig eine Ganzhirnbestrahlung (whole brain radiotherapy, WBRT) vorgenommen. Die QUARTZ-Studie zeigte, dass das Weglassen einer WBRT nicht zu einem Verlust an Lebenszeit führte [2].
S. u. "Weitere Hinweise" zur prophylaktischen Gehirnbestrahlung. - Die palliative thorakale Strahlentherapie ist bei Patienten, für die kurative Therapiekonzepte nicht geeignet sind, bei bestehender thorakaler Symptomatik indiziert [S3-Leitlinie].
- Im Stadium IV wird in ausgewählten Fällen eine Kombination aus Radio- und Chemotherapie durchgeführt.
- Prophylaktische craniale Radiatio (PCI; Gehirnbestrahlung): Diese geht gemäß einer Studie mit einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens einher; außerdem kommt es seltener zu HIrnmetastasen. Die Strategie hatte jedoch keinen Einfluss auf die Gesamtüberlebensrate [5].
- Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) kam es unter der intensitätsmodulierten Radiotherapie (IMRT) im Vergleich mit der dreidimensionalen konformalen externen Bestrahlung seltener zu einer Pneumonitis (Sammelbegriff für jede Form der Lungenentzündung (Pneumonie), welche nicht die Alveolen (Lungenbläschen), sondern das Interstitium bzw. den Zellzwischenraum betrifft) vom Grad ≥ 3 (7,9 vs. 3,5 %; p = 0,039); es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Methoden das für 2-Jahres-Gesamtüberleben, das progressionsfreie Überleben, das lokale Therapieversagen und das Überleben ohne Fernmetastasen [4].
- Eine Radiotherapie vor der Operation wird beim Pancoast-Tumor (Synonym: apikaler Sulkustumor) empfohlen. Es handelt sich um ein rasch fortschreitendes peripheres Bronchialkarzinom im Bereich der Lungenspitze (Apex pulmonis); rasch übergreifend auf Rippen, Halsweichteile, Armgeflecht (ventralen Ästen der Spinalnerven der letzten vier Hals- und des ersten Brustsegments (C5–Th1)) und Wirbel der Hals- und Brustwirbelsäule (HWS, BWS)); Krankheit äußert sich häufig mit einem charakteristischen Pancoast-Syndrom: Schulter- bzw. Arm-Schmerz, Rippenschmerz, Parästhesie (Empfindungsstörungen) am Unterarm, Paresen (Lähmungen), Handmuskelatrophie, obere Einflussstauung durch Einengung der Halsvenen, Horner-Syndrom (Trias einhergehend mit Miosis (Pupillenverengung), Ptosis (Herunterhängen des oberen Augenlids) und Pseudoenophthalmus (scheinbar eingesunkener Augapfel))
- Ein Bronchialkarzinom bei Patienten mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) wird mittels einer stereotaktischen ablativen Radiatio (SABR; "abtragenden Bestrahlung") behandelt.
- In einer Studie mit 58 Patienten mit operablem Bronchialkarzinom, in der überprüft werden sollte, ob eine Radiotherapie mit SABR der Operation gleichwertig oder überlegen ist, wurde Folgendes festgestellt [2]:
- In der Gruppe der operierten Patienten starben in den ersten drei Jahren sechs von 27 Patienten, davon zwei am ursprünglichen Bronchialkarzinom und einer an einem neu entstandenen Bronchialkarzinom.
- Unter den 31 Patienten, die eine stereotaktische ablative Bestrahlung erhalten hatten, gab es nur einen Todesfall. In diesem Fall war der Tumor trotz Radiotherapie weiter gewachsen.
- Ösophagitis unter Strahlentherapie: mit zunehmendem Alter seltener [3].
Fazit
Die Strahlentherapie ist eine essenzielle Behandlungsmethode für das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC, nicht-kleinzelliger Lungenkrebs), insbesondere bei inoperablen oder lokal fortgeschrittenen Tumoren. Fortschritte in der Technik, wie die stereotaktische Radiotherapie (SBRT, hochpräzise Bestrahlung), die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT, gezielte Bestrahlung) und die Protonentherapie (Teilchenbestrahlung), ermöglichen eine gezielte und gewebeschonende Behandlung. In Kombination mit Chemotherapie und Immuntherapie verbessert die Strahlenbehandlung die Prognose, insbesondere im Stadium III. Die Therapieentscheidung sollte individuell anhand von Tumorstadium, molekularer Charakteristik und Patientenstatus getroffen werden.
Literatur
- Chang JY, Senan S, Paul MA et al.: Stereotactic ablative radiotherapy versus lobectomy for operable stage I non-small-cell lung cancer: a pooled analysis of two randomised trials. Lancet Oncol 2015; 16: 630-37. doi: 10.1016/S1470-2045(15)70168-3
- Mulvenna P et al.: Dexamethasone and supportive care with or without whole brain radiotherapy in treating patients with non-small cell lung cancer with brain metastases unsuitable for resection or stereotactic radiotherapy (QUARTZ). Lancet 2016, online 4. September 2015 doi: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)30825-X
- Soni PD et al.: Lower Incidence of Esophagitis in the Elderly Undergoing Definitive Radiation Therapy for Lung Cancer. Journal of Thoracic Oncology March 2017Volume 12, Issue 3, Pages 539-546 doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.jtho.2016.11.2227
- Chun SG et al.: Impact of Intensity-Modulated Radiation Therapy Technique for Locally Advanced Non–Small-Cell Lung Cancer: A Secondary Analysis of the NRG Oncology RTOG 0617 Randomized Clinical Trial. J Clin Oncol. 2017;35(1):56-62
- Sun A et al.: Prophylactic Cranial Irradiation vs Observation in Patients With Locally Advanced Non–Small Cell Lung Cancer A Long-term Update of the NRG Oncology/RTOG 0214 Phase 3 Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol 2019. doi: https://dx.doi.org/10.1001/jamaoncol.2018.7220
- Gronberg BH et al.: Randomized phase II trial comparing the efficacy of standard-dose with high-dose twice-daily thoracic radiotherapy (TRT) in limited disease small-cell lung cancer (LD SCLC). ASCO Meeting Oral Abstract Session J Clin Oncol 38: 2020 (suppl; abstr 9007) doi: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.9007
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms. (AWMF-Registernummer: 020-007OL), März 2024 Langfassung