Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) – Operative Therapie

Beim Bronchialkarzinom kann je nach Histologie (feingeweblicher Befund) und Ausbreitung des Tumors eine chirurgische Therapie indiziert sein.

Dabei kann es zu verschiedenen Operationsverfahren kommen, unter anderem werden durchgeführt, die:

  • Lobektomie* (fernung eines Lungenlappens) – Standardtherapie für nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) im Frühstadium.
  • Segmentresektion (Entfernung eines Segments der Lunge) – In bestimmten Fällen als gewebeschonende Alternative zur Lobektomie möglich, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion.
  • Pneumonektomie (Entfernung eines Lungenflügels) – Bei zentral gelegenen oder großflächigen Tumoren notwendig, wenn eine Lobektomie nicht ausreichend ist.

*Bei Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom und einer Lobektomie werden signifikant weniger Tumorzellen in das Gefäßsystem gestreut, wenn zuerst eine Venen- und erst dann die Arterienligatur erfolgt [6].

Die chirurgische Therapie wird in der Regel für Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) im frühen bis mittleren Stadium (Stadium I-IIIA) empfohlen, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Beim kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC) ist eine chirurgische Resektion nur in sehr frühen Stadien eine Option.

Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome (engl.: Non-Small Cell Lung Cancer, NSCLC): 

Stadienadaptierte Therapie des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom

Stadium   Therapie
Stadium I
  • Siehe Klassifikation
  • Heilung durch Operation möglich – Standardtherapie ist eine Lobektomie (chirurgische Entfernung eines Lungenlappens) mit systematischer Lymphadenektomie (Entfernung der Lymphknoten in der betroffenen Region). Alternativ bei Patienten mit erhöhter Operationsmortalität eine segmentale oder Keilresektion mit onkologisch suffizientem Sicherheitsabstand.
  • Eine adjuvante Chemotherapie ist nach der Operation nicht erforderlich, sofern eine R0-Resektion (vollständige Tumorentfernung mit tumorfreien Schnitträndern) erreicht wurde.
  • Stereotaktische ablative Radiotherapie (SABR) – Eine Option bei Patienten, die aufgrund von Komorbiditäten oder eingeschränkter Lungenfunktion nicht operabel sind. Studien zeigen, dass die SABR bei Bronchialkarzinomen im Frühstadium vergleichbare oder sogar bessere Ergebnisse als eine Lobektomie erzielt [1, 2].
  • S3-Leitlinie: Im Stadium I wird nach R0-Resektion eine adjuvante Strahlentherapie nicht empfohlen
Stadium II
  • Stadien IIA (T1 (Tumorgröße < 3 cm) und Befall von Lymphknoten im Lungenhilus)
  • IIB (Tumorgröße < 3 cm und Befall von Lymphknoten in Lungenhilus und Mediastinum) sowie
  • Standardtherapie: Operation (Lobektomie oder Pneumonektomie je nach Tumorlokalisation) mit systematischer Lymphadenektomie.
  • Adjuvante Chemotherapie mit Platin-haltigen Regimen empfohlen zur Reduktion des Rezidivrisikos.
  • Bei Patienten mit inoperablem Tumor: Stereotaktische Bestrahlung (SABR) oder fraktionierte Radiotherapie als alternative Therapieoption.
  • S3-Leitlinie: Nach R0-Resektion wird im Stadium II eine adjuvante Strahlentherapie nicht empfohlen.

Stadium III
  • Tumorbefall von Lymphknoten des Mediastinums, Stadium IIIA
  • IIIA bis IIIA3 (kleiner oder großer Tumor mit Befall von Lymphknoten in Lungenhilus und Mediastinum
  • Therapieoptionen:
    • Falls operabel: Operation mit adjuvanter Chemotherapie und ggf. Strahlentherapie.
    • Falls nicht operabel: Kombinierte Radiochemotherapie als Standardtherapie.
  • Stadium IIIA4, IIIB: Fortgeschrittener Befall der Lymphknoten im Mediastinum (Mittelraum) oder Infiltration in angrenzende Organe.

    • Keine Operation bei ausgedehntem Mediastinalbefall.
    • Definitive Radiochemotherapie als bevorzugte Behandlung.
    • Falls PD-L1-Expression (ein immunhistochemischer Marker) > 1 %: Erhaltungstherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (z. B. Durvalumab).
Stadium IV
  • Metastasiertes Lungenkarzinom
  • Systemische Therapie abhängig von molekularen Markern:

    • Falls aktivierende EGFR-Mutationen vorhanden: EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (z. B. Osimertinib, Gefitinib, Erlotinib).
    • Falls ALK- oder ROS1-Translokationen vorhanden: ALK- oder ROS1-Inhibitoren (z. B. Alectinib, Crizotinib).
    • Falls keine Treibermutation nachweisbar: Platin-basierte Chemotherapie und Immuntherapie (z. B. PD-L1-Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab oder Nivolumab).
  • Palliative Strahlentherapie zur Symptomlinderung (z. B. bei ossären Metastasen (Tochtergeschwülste im Knochen), Hirnmetastasen).
  • Supportive Therapie mit Schmerztherapie, Sauerstoffgabe und Palliativmedizin (Linderung) zur Verbesserung der Lebensqualität. |

Weitere Hinweise

  • Für das metastasierte nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) konnte gezeigt werden, dass das progressionsfreie Überleben (engl. progression-free survival, PFS) durch konsolidierende lokalablative Therapie (koLAT) aller Tumormanifestationen mittels (Chemo‑)Radiotherapie und/oder Chirurgie und anschließender Erhaltungstherapie verlängert werden kann [5].
  • Eine postoperative Chemotherapie (adjuvante Chemotherapie) kann die Prognose eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms verbessern.
  • Der Einfluss des Therapiebeginns der adjuvanten Chemotherapie hat nur einen minimalen Einfluss auf die Prognose. Gemäß einer Studie ist die Phase zwischen dem 40. und 60. Tag nach der Operation mit der geringsten Langzeit-Mortalität assoziiert [4]

Kleinzelliges Bronchialkarzinom (engl.: Small Cell Lung Cancer, SCLC)

Merkmal Beschreibung
Wachstum und Metastasierung Das kleinzellige Bronchialkarzinom wächst sehr rasch und metastasiert (Bildung von Tochtergeschwülsten) früh hämatogen (auf dem Blutwege) und lymphogen (auf dem Lymphwege).
Therapieoptionen Eine alleinige Operation oder Strahlentherapie ohne begleitende Chemotherapie ist nicht sinnvoll.
Stadieneinteilung
  • Limited Disease (LD-SCLC): Tumor auf eine Thoraxhälfte begrenzt, ggf. mit ipsilateralem Lymphknotenbefall.
  • Extensive Disease (ED-SCLC): Tumor hat sich über den Thorax hinaus oder mit Fernmetastasen ausgebreitet.
Behandlung Limited Disease
  • Kombination aus Chemotherapie (Cisplatin/Carboplatin + Etoposid) und thorakaler Radiotherapie.
  • Prophylaktische kraniale Bestrahlung (PCI; Bestrahlung des Schädels) zur Reduktion des Risikos von Hirnmetastasen bei gutem Therapieansprechen.
Behandlung Extensive Disease
  • Systemische Chemotherapie (Cisplatin/Carboplatin + Etoposid oder Topotecan).
  • Immuntherapie mit PD-L1-Inhibitoren (z. B. Atezolizumab oder Durvalumab) in Kombination mit Chemotherapie.
  • Palliative Strahlentherapie zur Symptomkontrolle bei Metastasen.
Prognose
  • Hohe initiale Ansprechrate auf Therapie, aber rasches Rezidiv.
  • Limited Disease: Medianes Überleben 15-20 Monate, 5-Jahres-Überlebensrate ca. 20 %.

Weitere Hinweise

  • In einer Studie wurden über 65-jährige Patienten mit einem invasiven Adeno- oder Plattenepithelkarzinom (Durchmesser ≤ 2 cm) untersucht, bei denen eine limitierte Resektion (Keilresektion oder Segmentektomie) oder eine Lobektomie vorgenommen worden war. Das Ergebnis zeigte für das invasive nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom ≤ 2 cm schlechtere Überlebensraten als die Lobektomie (chirurgische Entfernung eines Lungenlappens); beim Adenokarzinom ist die limitierte Resektion möglicherweise gleichwertig, sofern sie als Segmentektomie (und nicht als Keilresektion) vorgenommen wird [3].

Literatur

  1. Chang JY et al.: Stereotactic ablative radiotherapy versus lobectomy for operable stage I non-small-cell lung cancer: a pooled analysis of two randomised trials. doi: http://dx.doi.org/10.1016/S1470-2045(15)70168-3
  2. Nagata Y et al.: Prospective Trial of Stereotactic Body Radiation Therapy for Both Operable and Inoperable T1N0M0 Non-Small Cell Lung Cancer: Japan Clinical Oncology Group Study JCOG0403. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2015 Dec 1;93(5):989-96. doi: 10.1016/j.ijrobp.2015.07.2278. Epub 2015 Nov 11.
  3. Veluswamy RR et al.: Limited Resection Versus Lobectomy for Older Patients With Early-Stage Lung Cancer: Impact of Histology. J Clin Oncol. 2015;33(30):3447-53. doi: 10.1200/JCO.2014.60.6624.
  4. Salazar MC et al.: Association of Delayed Adjuvant Chemotherapy With Survival After Lung Cancer Surgery. JAMA Oncol. Published online January 5, 2017. doi:10.1001/jamaoncol.2016.5829
  5. Gomez DR, Blumenschein GR Jr, Lee JJ et al.: Local consolidative therapy versus maintenance therapy or observation for patients with oligometastatic non-small-cell lung cancer without progression after first-line systemic therapy: a multicentre, randomised, controlled, phase 2 study. Lancet Oncol 2016 Dec;17(12):1672-1682. doi: 10.1016/S1470-2045(16)30532-0. Epub 2016 Oct 24.
  6. Wei S et al.: Effect of Vein-First vs Artery-First Surgical Technique on Circulating Tumor Cells and Survival in Patients With Non–Small Cell Lung Cancer – A Randomized Clinical Trial and Registry-Based Propensity Score Matching Analysis. JAMA Surg. Published online May 1, 2019. doi:10.1001/jamasurg.2019.0972