Lungenentzündung (Pneumonie) – Körperliche Untersuchung
Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:
- Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Körpergewicht, Körpergröße sowie Beurteilung der Bewusstseinslage; des Weiteren:
- Inspektion (Betrachtung)
- Haut und Schleimhäute [starkes Schwitzen; zentrale Zyanose (möglich/blau-rote Färbung der Haut und zentralen Schleimhäute/Zunge infolge Sauerstoffmangel des Blutes)]
- Abdomen (Bauch)
- Form des Abdomens?
- Hautfarbe? Hautbeschaffenheit?
- Effloreszenzen (Hautveränderungen)?
- Pulsationen? Darmbewegungen?
- Sichtbare Gefäße?
- Narben? Hernien (Brüche)?
- Auskultation (Abhören) des Herzens [Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute)?]
- Untersuchung der Lunge
- Auskultation (Abhören) der Lunge [vermindertes Atemgeräusch; inspiratorisch: feinblasige Rasselgeräusche (RG) bzw. Bronchialatmen*, einseitig oder beidseitig/keine RGs bei atypischer Pneumonie; insgesamt: niedrige diagnostische Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Untersuchungsmethode erkannt wird, d. h. ein positiver Befund auftritt) 47-69 % und Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, durch die Untersuchung auch als gesund erkannt werden) 58-75 %]
- Bronchophonie (Überprüfung der Weiterleitung hochfrequenter Töne; der Patient wird aufgefordert, mehrmals mit spitzer Stimme das Wort "66" auszusprechen, während der Arzt die Lunge abhört)
[verstärkte Schallleitung durch pulmonale Infiltration/Verdichtung des Lungengewebes (z. B. bei Pneumonie) die Folge ist, die Zahl „66" ist auf der erkrankten Seite besser zu verstehen als auf der gesunden Seite; bei verminderter Schallleitung (abgeschwächt oder fehlend): z. B. bei Pleuraerguss, Lungenemphysem). Die Folge ist, die Zahl "66" ist über der erkrankten Lungenpartie kaum hörbar bis fehlend, da die hochfrequenten Töne stark gedämpft werden] - Perkussion (Abklopfen) der Lunge [z. B. bei Lungenemphysem]
- Stimmfremitus (Überprüfung der Weiterleitung tiefer Frequenzen; der Patient wird aufgefordert, mehrmals mit tiefer Stimme das Wort "99" auszusprechen, während der Arzt seine Hände auf den Brustkorb oder Rücken des Patienten legt)
[verstärkte Schallleitung durch pulmonale Infiltration/Verdichtung des Lungengewebes (z. B. bei Pneumonie) die Folge ist, die Zahl „99" ist auf der erkrankten Seite besser zu verstehen als auf der gesunden Seite; bei verminderter Schallleitung (stark abgeschwächt oder fehlend: bei Pleuraerguss, Lungenemphysem). Die Folge ist, die Zahl "99" ist über der erkrankten Lungenpartie kaum hörbar bis fehlend, da die tieffrequenten Töne stark gedämpft werden]
- Palpation (Abtasten) des Abdomens (Bauch) (Druckschmerz?, Klopfschmerz?, Hustenschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten?, Nierenlagerklopfschmerz?)
- Inspektion (Betrachtung)
- Neurologische Untersuchung [wg. möglicher Folgeerkrankungen: Meningitis (Hirnhautentzündung)]
*Wenn in der Peripherie auskultierbar, gilt dieses als pathologisch (krankhaft) und deutet auf einen verminderten Luftgehalt bzw. ein Infiltrat der Lunge hin.
In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.
Klinische Einschätzung durch einen Prognosescore
Zur Einschätzung der Prognose haben sich die Prognosescore CRB-65 und CURB-65 bewährt.
Beim CRB-65 wird für folgende mögliche Symptome jeweils 1 Punkt gegeben:
Patientenmerkmale | CRB-65- Punktwert |
|
Confusion (Verwirrung) | Neu aufgetretene Pneumonie-assoziierte Bewusstseinstrübung (Verwirrtheit, Desorientierung zu Ort, Zeit oder Person) | 1 |
Respiratory rate | Atemfrequenz > 30/min. | 1 |
Blood pressure | Blutdruck < 90 mmHg systolisch oder ≤ 60 mmHg diastolisch | 1 |
Age ≥ 65 Jahre | nein oder ja | 0 bzw. 1 |
Gemäß der aktuellen S3-Leitlinie wird die Reevaluation des CAP-Patienten (CAP: Community Acquired Pneumonia; ambulant erworbene Pneumonie) innerhalb von 48 bis 72 Stunden empfohlen.
Daraus lassen sich Schätzwerte für die Letalität ableiten.
Prognosescore CRB-65-Score
CRB-65-Score |
Letalitätsrisiko | Maßnahme |
0 | 1-2 % | Ambulante Therapie |
1-2 |
13 % |
Stationäre Therapie ab 1 Punkt abwägen, ab 2 Punkten immer |
3-4 | 31,2 % |
Intensivmedizinische Therapie |
Weitere Hinweise
- Unabhängig vom Ergebnis des obigen Prognosescore sollten Patienten mit schweren Begleiterkrankungen zu Beginn der Pneumonie stationär behandelt werden, da mit einer Verschlechterung der Grunderkrankung zu rechnen ist.
- Wg. "Risiko der intensivmedizinischen Therapienotwendigkeit bei ambulant erworbener Pneumonie" s. u. Pneumonie/Folgeerkrankungen.
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie. (AWMF-Registernummer: 020 - 020), April 2021 Langfassung