Husten – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Husten dar.

Familienanamnese

  • Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand Ihrer Angehörigen?
  • Gibt es Atemwegserkrankungen oder chronische Lungenerkrankungen in Ihrer Familie (z. B. Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Tuberkulose)?
  • Leidet jemand in Ihrer Familie an Allergien oder Immunschwächen?
  • Bestehen in Ihrer Familie bekannte Autoimmunerkrankungen (z. B. Sarkoidose)?
  • Gibt es genetisch bedingte Erkrankungen der Atemwege (z. B. primäre ziliäre Dyskinesie, Kartagener-Syndrom)?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Arbeiten Sie in einem Umfeld mit Staub, Chemikalien oder Schadstoffen (z. B. Holzstaub, Baustellenstaub, Lacke, Smog)?
    • Müssen Sie häufig lange sprechen oder telefonieren (z. B. Lehrer, Callcenter-Mitarbeiter)?
  • Sind Sie häufig in einer Umgebung mit erniedrigter Luftfeuchtigkeit, Klimaanlagen oder Rauchbelastung?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder familiären Stress?

Reiseanamnese

  • Waren Sie in den letzten Wochen oder Monaten auf Reisen? Wenn ja:
    • Wann sind Sie gereist? [Wichtig zur Einschätzung der Inkubationszeit: Erkrankungen wie Influenza, COVID-19 oder Mykoplasmen entwickeln sich in wenigen Tagen, Tuberkulose oft über Wochen bis Monate.]
    • Wohin sind Sie gereist?
    • Wie lange dauerte Ihr Aufenthalt?
  • Gab es in Ihrem Reisegebiet bekannte Ausbrüche von Atemwegserkrankungen, z. B. Influenza, COVID-19, Tuberkulose, Legionellen-Ausbrüche in Hotels oder Resorts?
  • Haben Sie sich in Ländern mit hoher Tuberkulose-Prävalenz aufgehalten? (z. B. Indien, China, Russland, Südafrika, Südamerika, Südostasien)
  • Haben Sie sich in heißen und feuchten Umgebungen mit Klimaanlagen oder Whirlpools aufgehalten? (besonders in Hotels und Kreuzfahrtschiffen) [Risiko für Legionellose (Legionärskrankheit)] 
  • Haben Sie sich in Höhlen oder anderen Umgebungen mit hoher Exposition gegenüber Vogelkot oder Fledermauskot aufgehalten? (v. a. in Süd- und Mittelamerika, Südostasien, USA) [Risiko für Histoplasmose oder Kryptokokkose] 
  • Haben Sie Wasser aus unsicheren Quellen getrunken oder unsauberes Trinkwasser verwendet?  (besonders in Afrika, Südamerika und Asien) [Risiko für Schistosomiasis oder andere Parasiteninfektionen mit Lungenbeteiligung]
  • Waren Sie in großer Höhe (> 2.500 m) und haben Atemprobleme entwickelt? (z. B. Anden, Himalaya, Alpen, Rocky Mountains) [Risiko für Höhenlungenödem] 
  • Haben Sie nach der Reise anhaltende Atemprobleme oder Brustschmerzen bemerkt? [Differentialdiagnosen: chronische Infektion, Umweltreizung, Lungenembolie nach Langstreckenflug]
  • Waren Sie während oder nach der Reise in medizinischer Behandlung, z. B. wegen Atemwegsinfektionen, fieberhafter Erkrankungen, Lungenprobleme?
  • Haben andere Personen in Ihrer Reisegruppe ähnliche Beschwerden entwickelt?
  • Haben Sie neue Medikamente während oder nach der Reise eingenommen? (z. B. Antibiotika, die die Symptome maskieren könnten?)
  • Waren Sie in belebten oder schlecht belüfteten Räumen mit vielen Menschen, z. B. Flugzeug, Busreisen, Hostels, Märkte, Schulen, Konferenzen? [erhöhtes Risiko für virale/bakterielle Infektionen]
  • Hatten Sie engen Kontakt zu Personen mit Husten, Fieber oder Atemwegssymptomen?
  • Wann begann der Husten? Während oder nach der Reise?
  • Ist der Husten trocken oder mit Auswurf? [Mögliche Differenzierung zwischen viralen und bakteriellen Ursachen]
    • Ist der Auswurf farbig? [blutiger Auswurf → Tuberkulose, bakteriell gelb/grün → Pneumonie (Lungenentzündung), Pilzinfektion, klar/schaumig → Höhenlungenödem]
  • Hatten Sie Fieber oder andere Begleitsymptome, z. B. Nachtschweiß bei Tuberkulose, Kopfschmerzen bei viralen Infektionen, Atemnot bei Legionellen oder Höhenkrankheit?
  • Mögliche reiseassoziierte Erkrankungen mit Husten nach Regionen:
    • Asien (z. B. Indien, China, Südostasien, Mongolei, Russland)
      • Tuberkulose (Langzeitaufenthalte, Kontakt mit infizierten Personen)
      • Influenza/COVID-19 (hohe Bevölkerungsdichte, häufige Epidemien)
      • Keuchhusten (Bordetella pertussis) (besonders in Ländern mit niedriger Impfrate)
      • Legionellose (Hotelaufenthalte mit schlecht gewarteten Klimaanlagen oder Whirlpools)
      • SARS/MERS (Südostasien, China, Arabische Halbinsel)
      • Hantavirus (China, Mongolei, Korea – Kontakt mit Nagetieren)
    • Afrika (z. B. Südafrika, Kenia, Nigeria, Kongo, Ägypten)
      • Tuberkulose (hohe Prävalenz in vielen afrikanischen Ländern)
      • Schistosomiasis (Bilharziose mit Lungenbeteiligung) (nach Baden in Süßwasser in tropischen Regionen)
      • Hämorrhagische Fieberviren (Ebola, Lassa-Fieber, Marburg-Virus) (West- und Zentralafrika)
      • COVID-19/Influenza (vor allem in Städten mit hoher Bevölkerungsdichte)
    • Süd- und Mittelamerika (z. B. Brasilien, Peru, Mexiko, Kolumbien, Argentinien)
      • Tuberkulose (hohe Fallzahlen in Peru, Brasilien, Mexiko)
      • Kokzidioidomykose („Tal-Fieber“, besonders in Mexiko, USA, Mittelamerika) (Pilzinfektion, nach Aufenthalt in trockenen Regionen)
      • Histoplasmose (nach Kontakt mit Fledermauskot, z. B. in Höhlen oder beim Abriss alter Gebäude)
      • Legionellose (Hotelaufenthalte mit schlecht gewarteten Klimaanlagen oder Whirlpools)
    • Nordamerika, Australien, Europa
      • Influenza/COVID-19 (hohe Fallzahlen in kalten Monaten)
      • Legionellose (nach Hotelaufenthalten, Nutzung von Duschen, Whirlpools)
      • Kokzidioidomykose („Tal-Fieber“) in den trockenen Regionen der USA (Kalifornien, Arizona, Nevada)
      • Hantavirus (USA, Kanada – Exposition gegenüber Nagetieren in ländlichen Gebieten)
    • Hochgebirge weltweit (Anden, Himalaya, Alpen, Rocky Mountains)
      • Höhenlungenödem (HAPE) (bei Aufenthalten über 2500 m)

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Seit wann haben Sie Husten?
    • Akuter Husten (< 3 Wochen)?
    • Subakuter Husten (3-8 Wochen)?
    • Chronischer Husten (> 8 Wochen)?
  • Wie hat der Husten begonnen?
    • Allmählich?
    • Plötzlicher Beginn?
  • Wie klingt der Husten?
    • Brüllend (selten)? (typisch bei Pertussis (Keuchhusten), Pseudokrupp, Diphterie, Influenza (Grippe), psychogenem Husten)
    • Bellend? (typisch bei Krupp-Syndrom, Tracheitis (Entzündung der Luftröhre), Pertussis (Keuchhusten))
    • Trocken? (typisch für Reizhusten, Asthma bronchiale, ACE-Hemmer-induzierter Husten, Laryngitis (Kehlkopfentzündung), Pleuritis (Brustfellentzündung))
    • Räuspernd? (typisch bei allergischer Rhinitis (Heuschnupfen), Laryngitis (Kehlkopfentzündung), Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Stimmbandpolypen oder -knötchen) 
    • Stakkatoartig? (typisch bei Pertussis (Keuchhusten), Chlamydien- oder Mykoplasmeninfektion)
    • Nachtschwerpunkt? (typisch bei Asthma bronchiale, Herzinsuffizienz (Herzschwäche), gastroösophageale Refluxkrankheit (Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre))
    • Produktiv (mit Auswurf)? (typisch bei Bronchitis, Pneumonie (Lungenentzündung), chronisch-obstruktive Lungenerkrankung COPD, Mukoviszidose, Bronchiektasen (Erweiterungen der Bronchien))
      • Wie sieht der Auswurf aus?
        • Farbe? (klar: Virusinfektion, allergische Rhinitis (Heuschnupfen); gelb: bakterielle Infektion, Bronchiektasen; blutig: Bronchialkarzinom (Lungenkrebs), Tuberkulose, Lungenembolie, Bronchiektasen)
        • Menge?
        • Konsistenz?
        • Bluthusten*?
        • Tritt der Auswurf ständig auf oder nur zu bestimmten Zeiten (Tageszeit)?
        • Tritt der Auswurf vermehrt nach dem Essen auf?
  • Hat sich der Husten in Intensität oder Art verändert?
    • Bluthusten?
    • Zähe Ausgüsse?
  • Haben Sie durchgehenden Husten ohne zeitweise gesund zu sein?
  • Ist Ihr Umfeld durch das Gehuste mehr beeinträchtigt als sie selbst?
  • Haben Sie zudem:
    • Fieber?* Wenn ja, wie hoch und wie lange? (Pneumonie, Bronchitis, Influenza, Tuberkulose, Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut))
    • Atemnot?*
    • Schmerzen (Kopf, Ohren, Brustkorb*, Rachen, Kopf, Gliedmaßen)?
      • Bei Brustschmerzen denken an Pleuritis (Rippenfellentzündung), Pneumothorax, Lungenembolie, Pneumonie (Lungenentzündung)
    • Pfeifende Atemgeräusche (Stridor)?*
    • Heiserkeit? (Laryngitis (Kehlkopfentzündung), Stimmbanddysfunktion, gastroösophagealer Reflux)
    • Schnupfen, Niesen oder eine laufende/verstopfte Nase? (Infektionen der oberen Atemwege, Rhinitis (Schnupfen), Sinusitis (Nasennebenhöhelnentzündung))
    • Mundgeruch?
    • Übelkeit oder Erbrechen?
    • Gewichtsverlust? (Tumorerkrankungen, Tuberkulose, Sarkoidose)
  • Was löst den Husten aus?
    • Kalte Luft?
    • Anstrengung oder Bewegung? (denken an Belastungsasthma, Herzinsuffizienz (Herzschwäche))
    • Körperlage (z. B. im Liegen)?
    • Nahrungsaufnahme?
  • Lässt sich der Husten durch Schlaf oder Ruhe lindern?
  • Tritt der Husten dauerhaft oder nur phasenweise auf?
    • Haben Sie chronischen Husten (länger als 8 Wochen)?
    • Gibt es Phasen ohne Husten?
  • Haben Sie sonstige Symptome, wie:
    • Müdigkeit oder Abgeschlagenheit?
    • Gerötete Augen oder Bindehautentzündung?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie an Körpergewicht verloren? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Hat sich Ihr Appetit verändert?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Sind Sie Passivraucher?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Chronische Lungenerkankungen (z. B. Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), chronische Bronchitis, Tuberkulose, Sarkoidose, Lungenfibrose, Mukoviszidose)?
    • Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung)?
    • Allergien (z. B. Heuschnupfen, Hausstauballergie)?
    • Gastroösophageale Refluxkrankheit (Sodbrennen)?
    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Lungenembolie, Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut), Linksherzinsuffizienz)?
    • Immunschwächen?
  • Gibt es vorangegangene Lungen- oder Brustkorboperationen?

Medikamentenanamnese (Reizhustenpotential)

  • ACE-Hemmer2 (Benazepril, Captopril, Cilazapril, Enalapril, Fosinopril, Imidapril, Lisinopril, Moexipril, Perindopril, Quinapril, Ramipril, Spirapril, Trandolapril, Zofenopril) [Reizhusten; trockener Husten; nicht dosisabhängig; Auftreten innerhalb von Stunden bis Wochen/Monate]
  • Amiodaron (Antiarrhythmikum)
  • Amlodipin
  • Analgetika
    • Coxiebe (Celecoxib, Parecoxib)
  • Angiotension-II-Rezeptor-Antagonisten (AT-II-RB; ARB; Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten; Angiotensin-Rezeptorblocker; AT1-Rezeptorantagonisten, AT1-Rezeptorblocker, AT1-Antagonisten, AT1-Blocker; Angiotensin-Rezeptorblocker, Sartane) – Candesartan, Eprosartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan, Telmisartan, Valsartan [Nebenwirkung: Reizhusten ist nach aktuellem Studienstand fraglich]
  • Anticholinergika (Ipratropiumbromid)
  • Betablocker
  • Cromoglicinsäure
  • Daratumumab
  • Gliptine , z. B. Linagliptin 
  • Leflunomid
  • Lenalidomid
  • mTOR-Inhibitoren (Everolimus, Temsirolimus)
  • N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptorantagonist (Memantine)
  • Rituximab
  • Statine
  • Zytostatika
    • Antimetabolite (Methotrexat (MTX))

Umweltanamnese

  • Arbeiten oder leben Sie in einem Umfeld mit:
    • Staub (z. B. Holzstaub, Baustellenstaub)?
    • Chemikalien oder Reizstoffen (Lacke, Lösungsmittel)?
    • Feinstaub oder Smogbelastung?
    • Schimmelbefall oder hohe Luftfeuchtigkeit?
    • Klimaanlagen (trockene Luft)?
  • Haben Sie häufig Kontakt zu Tieren oder Haustieren?

Legende

  • In Fettdruck die häufigsten Erkrankungen
  • 1Häufigste Ursachen von akutem Husten [s. u. Differentialdiagnosen]
  • 2Häufigste Ursachen von chronischem Husten

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.