Fremdkörperaspiration – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Fremdkörperaspiration beschreibt das Einatmen eines Gegenstandes oder von Fremdkörpern, was vor allem bei Kleinkindern aufgrund von Neugier oder versehentlichen Verschlucken während des Spielens auftritt. Diese Aspiration kann je nach Größe, Form und Lage des Fremdkörpers eine teilweise oder vollständige Verlegung der Atemwege verursachen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Aspiration und Atemwegsverlegung

Die Fremdkörperaspiration führt zu einer Obstruktion (Verengung) der Atemwege, die partiell oder komplett sein kann. Der Fremdkörper kann in verschiedenen Abschnitten der Atemwege stecken bleiben, wobei mehr als die Hälfte der Fälle in den Haupt- oder Zwischenbronchien zu finden sind, und dabei liegt der Fremdkörper in ca. 80 % der Fälle im rechten Hauptbronchus. Dies liegt an der anatomischen Struktur des rechten Bronchus, der steiler und direkter verläuft als der linke.

  • Partielle Verlegung der Atemwege: Eine partielle Obstruktion ermöglicht weiterhin einen gewissen Luftaustausch, kann jedoch zu einer Ventilstenose führen. In diesem Fall kann die Luft distal des Fremdkörpers nicht vollständig entweichen, was zu einer Überblähung der Lungenabschnitte (Emphysem) distal des Fremdkörpers führt.
  • Komplette Verlegung der Atemwege: Bei vollständiger Obstruktion des betroffenen Bronchus kommt es zu einer Atelektase (Kollaps des Lungengewebes), bei der der Lungenabschnitt distal des Fremdkörpers kollabiert, da er nicht mehr belüftet wird. Dies führt zu einer verminderter Sauerstoffzufuhr und im schlimmsten Fall zu einer Atemnot.

Mechanische Reizung und Entzündung

Der Fremdkörper in den Atemwegen verursacht nicht nur eine mechanische Blockade, sondern auch eine lokale Reizung der Schleimhäute. Diese Reizung kann eine entzündliche Reaktion auslösen, bei der das Gewebe anschwillt und die Atemwege weiter verengt.

  • Sekretretention: Aufgrund der gestörten mukoziliären Clearance (Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien) durch die mechanische Verlegung können sich Schleim und Sekrete ansammeln, was die Belüftung der Lungenabschnitte weiter behindert und das Risiko für Infektionen erhöht.
  • Reflexmechanismen: Die Aspiration eines Fremdkörpers löst oft einen Hustenreflex aus, um den Fremdkörper auszustoßen. Dieser Reflex kann jedoch ineffektiv sein, insbesondere wenn der Fremdkörper fest in den Atemwegen steckt.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Distale Überblähung (Emphysem) und Atelektase

Je nach Art der Obstruktion entstehen unterschiedliche pathophysiologische Veränderungen:

  • Ventilstenose und Überblähung: Bei einer Ventilstenose, bei der die Luft während der Einatmung durch den Fremdkörper hindurch gelangt, jedoch nicht vollständig ausgeatmet werden kann, kommt es zu einer distalen Überblähung des betroffenen Lungenabschnitts. Diese Überblähung kann die normale Lungenfunktion stören und den Gasaustausch beeinträchtigen.
  • Atelektase: Bei einer kompletten Verlegung des Bronchus kann die Luft im betroffenen Lungenabschnitt nicht mehr ausgetauscht werden, was zu einer Atelektase (Kollaps des Lungengewebes) führt. Dadurch kommt es zu einer verminderten Sauerstoffversorgung des Körpers und einer Hypoxie (Sauerstoffmangel).

Infektionen und Entzündungsfolgen

Die Obstruktion der Atemwege durch den Fremdkörper und die Sekretretention begünstigen das Wachstum von Bakterien, was zu sekundären Infektionen führen kann. Diese Infektionen, wie z. B. eine Aspirationspneumonie, verschlimmern die Entzündung und führen zu weiteren Komplikationen wie Lungenabszessen oder einer chronischen Bronchitis.

Klinische Manifestation

Akute Symptome

  • Plötzlicher Hustenanfall: Das häufigste Symptom der Fremdkörperaspiration ist ein plötzlicher, anhaltender Husten, der durch den Hustenreflex ausgelöst wird, um den Fremdkörper zu entfernen.
  • Atemnot: Je nach Ausmaß der Obstruktion können Patienten unter Dyspnoe (Atemnot) leiden. Bei kompletter Verlegung kann es zu einer Erstickungsgefahr kommen.
  • Stridor: Ein lautes, pfeifendes Atemgeräusch kann auftreten, wenn die Atemwege teilweise verlegt sind.

Fortgeschrittene Symptome

  • Zyanose: Eine Blaufärbung der Haut und Schleimhäute aufgrund von Sauerstoffmangel kann bei einer schweren Verlegung auftreten.
  • Repetitive Infektionen: Bei chronischer oder unbemerkter Fremdkörperaspiration treten wiederkehrende Lungenentzündungen oder Bronchitiden auf, insbesondere im betroffenen Lungenabschnitt.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen

  • Chronische Entzündung: Die fortgesetzte Reizung der Atemwege durch den Fremdkörper führt zu einer chronischen Entzündung der Bronchialschleimhaut, die das umliegende Gewebe schädigen kann.
  • Bronchiektasen: Eine unbehandelte Fremdkörperaspiration kann zur Entwicklung von Bronchiektasen führen, bei denen es zu einer dauerhaften Erweiterung und Schädigung der Bronchien kommt.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen

  • Hypoxämie: Eine lang andauernde Verlegung der Atemwege kann zu einer chronischen Hypoxie (Sauerstoffmangel) führen, die systemische Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System hat und zu pulmonaler Hypertonie (erhöhter Druck im Lungenkreislauf) beitragen kann.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

  • Atemwegsobstruktion: Je nach Größe und Lage des Fremdkörpers kann die Obstruktion der Atemwege zu einer eingeschränkten Atmung führen. Eine vollständige Blockade führt zu einem Atemstillstand, während eine teilweise Blockade zu einem erschwerten Luftaustausch führt.
  • Lungenüberblähung und Kollaps: Die Überblähung des betroffenen Lungenabschnitts und die Atelektase des nicht belüfteten Gewebes verschlechtern die Lungenfunktion und beeinträchtigen den Gasaustausch.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Regeneration des Lungengewebes

Bei frühzeitiger Entfernung des Fremdkörpers kann sich das betroffene Lungengewebe vollständig erholen, insbesondere wenn keine chronischen Entzündungen oder Infektionen vorliegen. Die mukoziliäre Clearance (Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien) kann sich nach der Beseitigung der Obstruktion wieder normalisieren, wenn die strukturelle Integrität der Bronchien erhalten geblieben ist.

Kompensatorische Anpassungsmechanismen

  • Erhöhte Atemfrequenz: Der Körper versucht, den Sauerstoffmangel durch eine erhöhte Atemfrequenz zu kompensieren, insbesondere wenn die Obstruktion nur teilweise ist und noch eine gewisse Menge an Luft ausgetauscht werden kann.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Fremdkörperaspiration stellt eine akute Notfallsituation dar, insbesondere bei Kleinkindern. Je nach Lage und Größe des Fremdkörpers kann eine vollständige oder teilweise Verlegung der Atemwege auftreten, die zu schweren Komplikationen wie Atelektasen, Überblähung oder wiederkehrenden Infektionen führen kann. Die frühzeitige Erkennung und Entfernung des Fremdkörpers sind entscheidend, um dauerhafte Lungenschäden und das Risiko eines Atemstillstands zu vermeiden.

Ätiologie (Ursachen)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Bei rezidivierenden Aspirationen:
    • Dysphagie (Schluckstörung), neurologische 
    • Larynxspalten (Kehlkopfspalten)
    • Ösophagotracheale Fisteln – Fistel (unnatürliche Verbindung) zwischen Speiseröhre (Ösophagus) und Luftröhre (Trachea)