Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) – Weitere Therapie

Allgemeine Maßnahmen

  • Der Patient erhält einen schriftlichen Aktionsplan, der ihn im Selbstmanagement unterstützt. Er beinhaltet individuelle Therapie Notfallmaßnahmen.
  • Normalgewicht anstreben! 
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse und ggf. Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm bzw. Programm für Untergewichtige
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 19. Lebensjahr: 19; ab dem 25. Lebensjahr: 20; ab dem 35. Lebensjahr: 21; ab dem 45. Lebensjahr: 22; ab dem 55. Lebensjahr: 23; ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
    • Ein BMI < 21 verschlechtert die Prognose bei COPD!
    • 20-40 % der Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung sind untergewichtig – IST-Gewicht unter 80 % des Normalgewichts; pulmonale Kachexie. Die Unterernährung liegt in dem gesteigerten Energieverbrauch in Ruhe um 20 % begründet, der wiederum auf der vermehrten Atemarbeit beruht.
  • Lippenbremse (auch dosierte Lippenbremse) – Atemtechnik, die zur Entspannung der Atmungsmuskulatur beiträgt. Dieses ermöglicht einen vermehrten Schleimabtransport und kann zudem bei Luftnot als Notfallmaßnahme, neben Medikamenten, angewendet werden.
    Verfahren: Die Lippen werden wie beim Pfeifen gespitzt, wobei die Oberlippe leicht vorgestülpt werden sollte. Es sollte, solange wie möglich gegen die nur einen Spalt weit geöffneten Lippen bzw. locker aufeinanderliegenden Lippen, ausgeatmet werden. Dabei blähen sich die Wangen etwas auf. Die Luft sollte dabei langsam und gleichmäßig entweichen. Die Luft sollte dabei nicht herausgepresst werden. Bei korrekter Durchführung dauert das Ausatmen länger als das Einatmen.
  • Nikotinrestriktion! (Verzicht auf Tabakkonsum) inkl. Passivrauchen → Raucherentwöhnung (wichtigste Maßnahme: nur mit einer totalen Tabakabstinenz lässt sich eine klinisch relevante Verbesserung der COPD erreichen)
  • Begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
  • Regelmäßige Bewegung (mindestens 3 km an mindestens drei Tagen der Woche)!
    Dieses führt sogar bei Patienten im COPD-Stadium III bzw. IV zur Reduktion von Exazerbationen ("Krankheitsschübe") und Krankenhauseinweisungen.
  • Körperliches Training in allen COPD-Stadien (s. u. Sportmedizin)
  • Reiseempfehlungen:
    • Flugtauglichkeit: Patienten unter Sauerstoff-Heimtherapie sind dann flugtauglich, wenn sie weniger als 4 l/min benötigen.
    • Kardiale Erkrankungen (z. B. chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche), pulmonale Hypertonie (PH)/Lungenhochdruck) sind aus flugmedizinischer Sicht das größere Risiko (s. u. den genannten Erkrankungen)
  • Vermeidung von Umweltbelastungen (Arbeitsplatzhygiene):
    • Allgemeine Luftverschmutzung
    • Berufsbedingte Stäube – quarzhaltige Stäube, Baumwollstäube, Getreidestäube, Schweißrauche, Mineralfasern, irritative Gase wie Ozon, Stickstoffdioxid oder Chlorgas
    • Holzfeuer

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

  • Langzeitsauerstofftherapie (Langzeitsauerstoffbehandlung; Sauerstoff-Langzeittherapie; engl.: long term oxygen therapy, LTOT; 16-24 h/d): Bei Patienten, deren COPD als Schweregrad III klassifiziert wurde und mit einer chronischen Hypoxie/Sauerstoffmangel (chronische Hypoxämie in Ruhe: arterieller Sauerstoffpartialdruck (pO2) < 55 mmHg) einhergeht, ist eine Langzeitsauerstofftherapie indiziert. Es sollte so viel Sauerstoff gegeben werden, dass der pO2 auf etwa 60-70 mmHg ansteigt.
    Ab einer Flussrate von 2 Litern/Minute können Befeuchter angewendet werden.
    Die Mindestnutzungsdauer bei einer Langzeitsauerstofftherapie sollte 15 Stunden täglich betragen.
    Wirkung: Durch die Therapie wird das Gewebe ausreichend mit Sauerstoff versorgt und die Atemmuskulatur entlastet.
    Weitere positive Effekte sind:
    • Verringerung des Voranschreitens der pulmonalen Hypertonie (lungenbedingter Bluthochdruck)
    • Besserung von Hämatokrit, Belastbarkeit und Atemmechanik
    Patienten, die mit einer LTOT versorgt sind, sollten regelmäßig nachuntersucht werden
    Beachte: Eine Langzeitsauerstoffbehandlung war bei Patienten mit moderater Hypoxämie in Ruhe ohne Überlebensvorteil. Einschlusskriterium war eine Sauerstoffsättigung (SpO2) zwischen 89-93 %, die per Pulsoxymetrie gemessen wurde [2].
    Hinweis: Die Pulsoxymetrie ist ein medizinisch-technisches Verfahren, das der kontinuierlichen nicht-invasiven Messung der Sauerstoffsättigung (SpO2) des arteriellen Blutes sowie der Pulsfrequenz dient.
    Laut dem Urteil von IQWiG ist der Nutzen von High-Flow zur Selbstanwendung bei COPD bei Patienten mit chronischer Atemschwäche mit Sauerstoffmangel (chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 1) nicht belegt [5].
    Die Langzeitsauerstofftherapie kann auf 15 Stunden am Tag begrenzt werden, ohne dass dieses Symptome oder Lebensqualität verschlechtert oder das Sterbe- oder Hospitalisierungsrisiko erhöht [7].

  • Atemnotbeschwerden und Therapie mit Morphin: Niedrig dosiertes Morphin (täglich 2 mal 10 mg retardiertes Morphin) lindert bei COPD-Patienten mit moderater bis schwerer Atemnot die Atembeschwerden, ohne eine Atemdepression zu bewirken. D. h. Keine merkliche Erhöhung des CO2-Partialdrucks unter dieser Therapie [4].
  • Nicht invasive Beatmung mit positiven Drücken (Noninvasive Positive Pressure Ventilation, NIPPV)): hilft COPD-Patienten mit Hyperkapnie (erhöhter Kohlendioxidgehalt im Blut; Kohlendioxidpartialdruck: pCO2 > 45 mmHg). Optimal sind BPAP (Bilevel Positive Airway Pressure)-Geräte mit zwei Leveln von positiven Drücken – höheren bei der Inspiration (Einatmung), niedrigeren bei der Exspiration (Ausatmung).
    Ergebnisse: signifikant geringeres Sterberisiko von hyperkapnischen COPD-Patienten mit BPAP im Vergleich zu Patienten ohne Gerät; seltener zur stationären Behandlung eingewiesen (38,7 vs. 75,0 %) und weniger oft intubiert (5,3 vs. 14,7 %) [3].

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten, da eine Infektion häufig zur Verschlechterung der vorliegenden Erkrankung führen kann:

  • COVID-19-Impfung
  • Grippe-Impfung
  • Herpes zoster-Impfung wg. Personen ≥ 50 Jahre bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit (hier: COPD)
  • Pertussis-Impfung (Keuchhusten)
  • Pneumokokken-Impfung 
    Beachte: Bei Patienten mit Immunsuppression rät die STIKO zur Sequenzimpfung, wobei zunächst mit PCV13 (Konjugatvakzine) und 6-12 Monate später mit PSV23 (23-valenten Polysaccharidvakzine) geimpft wird. Diese Strategie hat eine deutlich höhere protektive Effektivität als bei Impfung mit PSV23 allein.

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

  • Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen zur Überprüfung des Behandlungserfolges

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Beachtung folgender ernährungsmedizinischer Empfehlungen:
    • Bei unterernährten Patienten gilt eine Energiezufuhr von 45 kcal/kg KG/d als empfehlenswert – eine darüberliegende Kalorienzufuhr kann zu Unwohlsein und Atemnot führen
    • Patienten mit akuter Ateminsuffizienz sollten mit einer hyperkalorischen Kost auf Fettbasis ernährt werden, die durch einen niedrigen Kohlenhydratgehalt, einen hohen Fettanteil – 45-55 % der Gesamtenergiezufuhr – und eine mäßig hohe Stickstoffzufuhr – etwa 300 mg/kg KG/d – gekennzeichnet ist
    • Da die Erkrankung mit Entzündungsprozessen einhergeht, sollten Erkenntnisse in Bezug auf eine antiinflammatorische (entzündungshemmende) Ernährung auch Grundlage der Ernährung bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung sein. Siehe unter Ernährung bei „Subklinische Inflammation“.
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels, z. B. vollbilanzierte Diät zur diätetischen Behandlung von Personen mit kataboler Stoffwechsellage (Energie-Konzentrat als Trinknahrung als Zwischenmahlzeit)
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns. 

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining) und Krafttraining (Muskeltraining) – zur Therapie ("Lungensport")
  • Geeignete Sportdisziplinen sind Ausdauersportarten wie beispielsweise Gehen, Nordic-Walking oder Schwimmen. Falls dem Patienten die Kraft für Ausdauersportarten fehlt, ist Krafttraining als Einzelmaßnahme eine Alternative.
  • Ebenfalls geeignet ist Ergometertraining. Dieses bessert nicht nur die Muskelkraft von Patienten mit COPD sondern auch die 6-Minuten-Gehstrecke und die Dyspnoe (Atemnot).
  • Durch körperliches Training wird eine Verbesserung der Belastbarkeit und Lebensqualität bewirkt, des Weiteren eine Abnahme der Dyspnoe (Atemnot), Reduktion von Exazerbationen (deutliche Verschlimmerung der Erkrankung), der COPD-assoziierten Angst, der Depression und der Mortalität (Sterberate).
    Mit einem Trainingsprogramm kann bereits während einer akuten Erkrankungsphase begonnen werden. Dieses trägt dazu bei, den Funktionsverlust gering zu halten und die Erholung zu beschleunigen.
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Physikalische Therapie (inkl. Physiotherapie)

  • Im Rahmen einer Physiotherapie wird eine sogenannte Atemtherapie durchgeführt. Ziel ist das Erlernen von Atemtechniken und atmungserleichternden Körperstellungen, um die Symptome der COPD wie Atemnot zu lindern.
  • Mechanischen Abhusthilfen, die mit Vibrationen und positivem exspiratorischem Druck (OPEP) arbeiten – dreimonatige Anwendung eines OPEP-Geräts führte zu signifikanten Verbesserungen in mehreren Endpunkten [6]:
    • LCQ (Leicester Cough Questionnaire, primärer Endpunkt),
    • FACIT-Score (Functional Assessment of Chronic Illness Therapy)
    • Sputum Frequency Scale. 
    • Exazerbationen (deutliche Verschlechterung des Krankheitsbildes) waren bei Nutzern deutlich seltener aufgetreten.

Schulungsmaßnahmen

  • Die Patientenschulung dient zum ersten der Aufklärung des Patienten über Art und individuelle Schwere der Erkrankung. Des Weiteren lernen Patienten, Risikofaktoren zu reduzieren bzw. zu vermeiden und werden über die Raucherentwöhnung aufgeklärt.
  • Einweisung in das Inhalationssystem: Jeder, der ein neues Inhalationsgerät erhält, benötigt eine Einweisung und Training der korrekten Anwendung der Inhalatoren sowie der Medikation!
  • Weiteres in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung:
    • Schweregrade I oder II: große Aufmerksamkeit wird auf die Selbstmedikation sowie auf den Umgang mit akuten Exazerbationen (Krankheitsschüben) gelegt.
    • Schweregrad III: zusätzlich wird über mögliche Komplikationen und die Möglichkeit einer Langzeitsauerstofftherapie (s. o.) aufgeklärt.

Rehabilitation

  • Als Pulmonale Rehabilitation (pneumologische Rehabilitation) wird ein Rehabilitationsprogramm bezeichnet, welches sowohl stationär als auch ambulant durchgeführt werden kann. Es eignet sich für COPD-Patienten der Schweregrade I bis III bzw. Gruppen B bis D nach GOLD. Das Rehabilitationsprogramm umfasst neben der Patientenschulung und der Physiotherapie zusätzlich körperliches Training sowie Ernährungsberatung.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300, E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • COPD-Deutschland e. V.
    Fabrikstr. 33, 47119 Duisburg
    Telefon.: 0203-7188742, E-Mail: verein@copd-deutschland.de, Web: www.copd-deutschland.de

Literatur

  1. Pothirat C et al.: Long-term efficacy of intensive cycle ergometer exercise training program for advanced COPD patients. doi: 10.2147/COPD.S73398
  2. The Long-Term Oxygen Treatment Trial Research Group A Randomized Trial of Long-Term Oxygen for COPD with Moderate Desaturation. N Engl J Med 2016; 375:1617-1627 October 27, 2016 doi: 10.1056/NEJMoa1604344
  3. Wilson ME et al.: Association of Home Noninvasive Positive Pressure Ventilation With Clinical Outcomes in Chronic Obstructive Pulmonary Disease: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. 2020 Feb 4;323(5):455-465. doi: 10.1001/jama.2019.22343.
  4. Verberkt CA et al.: Effect of Sustained-Release Morphine for Refractory Breathlessness in Chronic Obstructive Pulmonary Disease on Health Status A Randomized Clinical Trial JAMA Intern Med. 2020;180(10):1306-1314. doi:10.1001/jamainternmed.2020.3134
  5. High-Flow-Therapie zur Selbstanwendung bei COPD und Ateminsuffizienz Typ 1: Nutzen nicht belegt. IQWiG 13.07.2012
  6. Alghamdi SA et al.: Oscillatory positive expiratory pressure therapy in COPD (O-COPD): a randomised controlled trial. Thorax 2022; https://doi.org/10.1136/thoraxjnl-2022-219077
  7. Ekström M et al.: Long-Term Oxygen Therapy for 24 or 15 Hours per Day in Severe Hypoxemia N Engl J Med 2024;391:977-988 doi: 10.1056/NEJMoa2402638

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Tabakentwöhnung bei COPD. (AWMF-Registernummer: 020 - 005), Januar 2014 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Langzeit-Sauerstofftherapie. (AWMF-Registernummer: 020 - 002), Juli 2020 Langfassung