Atemnotsyndrom des Erwachsenen (ARDS) – Einleitung

Das Atemnotsyndrom des Erwachsenen (ARDS) (engl. Adult (Acute) Respiratory Distress Syndrome) – umgangssprachlich Schocklunge genannt – beschreibt das akute Lungenversagen bei zuvor lungengesunden Menschen. Führende Kennzeichen des ARDS sind eine schwere Hypoxie (Sauerstoffmangel) und bilaterale pulmonale Infiltrate (beidseitige Einwanderung von Entzündungszellen in das Lungengewebe).

Synonyme und ICD-10: Adult (Acute) Respiratory Distress Syndrome; Synonyme; Adult respiratory distress syndrome [ARDS]; ARDS [Atemnotsyndrom beim Erwachsenen]; Atemnotsyndrom; Atemnotsyndrom beim Erwachsenen [ARDS]; Atemnotzustand; Hyaline Membranen beim Erwachsenen; Pulmonalinsuffizienz nach Schock; Pulmonalinsuffizienz nach Trauma; Respiratory-distress-Syndrom beim Erwachsenen; ICD-10-GM J80

Charakteristische Laborbefunde

  • Schwere Hypoxie: PaO2/FiO2 ≤ 300 mmHg
  • Bilaterale Infiltrate auf dem Röntgenbild oder CT der Lunge
  • Erhöhter Atemwegsdruck während der mechanischen Beatmung
  • Erhöhte Werte von Entzündungsmarkern im Blut (z. B. C-reaktives Protein, IL-6)

Formen der Erkrankung

  • Mildes ARDS: PaO2/FiO2 200-300 mmHg
  • Moderates ARDS: PaO2/FiO2 100-200 mmHg
  • Schweres ARDS: PaO2/FiO2 < 100 mmHg

Ursachen

  • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Sepsis (Blutvergiftung)
  • Aspiration (Einatmen von Fremdmaterial)
  • Schweres Trauma (Verletzung)
  • Inhalationstoxine
  • Transfusion-related acute lung injury (TRALI)

Das ARDS wird nach der Berlin-Definition (European Society of Intensive Care Medicine, American Thoracic Society, Society of Critical Care Medicine) definiert (s. u. Klassifikation).

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel:
Vorwiegend bei Erwachsenen mittleren und höheren Alters.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Abhängigkeit von der Grunderkrankung variabel.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Zwischen 5-50 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland. Für schweres ARDS ca. 1,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr und für mildes ARDS ca. 89 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Saisonale Häufung der Erkrankung:
Keine spezifische saisonale Häufung kann jedoch im Zusammenhang mit Influenza- oder Pneumonieausbrüchen häufiger auftreten.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Frühe Stadien: Plötzliches Auftreten von Dyspnoe (Atemnot), Hypoxie (Sauerstoffmangel), und Tachypnoe (beschleunigte Atmung). Röntgenaufnahmen zeigen bilaterale Infiltrate.
  • Fortgeschrittene Stadien: Verschlechterung der Atemfunktion, Notwendigkeit der mechanischen Beatmung, Multiorganversagen bei unbehandelter Grunderkrankung.

Prognose

  • Die Prognose ist abhängig vom Therapieerfolg hinsichtlich der Grunderkrankung und vom Zeitpunkt des Therapiebeginns des ARDS (je früher, desto besser).
  • Bei regelmäßigem Alkoholkonsum und bereits bestehenden extrapulmonalen Erkrankungen verschlechtert sich die Prognose.
  • Anerkannte Therapiestrategie ist eine möglichst lungenprotektive ("lungenschützende") Beatmung.
  • Letalität (Sterblichkeit):
    • Posttraumatisches ARDS ohne Thoraxtrauma: ca. 10 %
    • Posttraumatisches ARDS mit Thoraxtrauma: ca. 25 %
    • Parapneumonisches ARDS: ca. 50 %
    • ARDS mit Sepsis (Blutvergiftung) und Multiorgandysfunktion: mehr als 80 %