Primär sklerosierende Cholangitis – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronische Erkrankung der Gallenwege, die zur fortschreitenden Zerstörung der intrahepatischen (innerhalb der Leber) und extrahepatischen (außerhalb der Leber) Gallenwege führt. Die genaue Ätiologie (Ursache) der PSC ist bisher unklar, jedoch werden verschiedene Faktoren in der Pathogenese (Krankheitsentstehung) diskutiert. Hierbei spielen immunologische, genetische und möglicherweise mikrobielle Faktoren eine Rolle.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Immunologische Mechanismen

Es wird angenommen, dass die PSC durch eine Fehlregulation des Immunsystems ausgelöst wird. Bei vielen Patienten mit PSC finden sich Hinweise auf Autoimmunprozesse, wie etwa:

  • Entzündliche Infiltrate (Ansammlung von Immunzellen) in den Gallenwegen
  • Die Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen, insbesondere mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Colitis ulcerosa).

Diese immunologischen Reaktionen führen zu einer chronischen Entzündung der Gallenwege, was wiederum eine Vernarbung (Fibrose) und Verengung der Gallenwege zur Folge hat.

Genetische Faktoren

Es gibt deutliche Hinweise auf eine genetische Prädisposition. Zu den relevanten genetischen Assoziationen zählen:

  • HLA-Genvarianten (Human Leukocyte Antigen), die bei Patienten mit PSC häufiger auftreten. Diese Varianten sind typischerweise auch bei anderen Autoimmunerkrankungen präsent.
  • Familiäre Häufung: In einigen Fällen tritt PSC gehäuft in Familien auf, was auf eine erbliche Komponente hinweist.

Diese genetischen Faktoren erhöhen die Anfälligkeit für immunologische Fehlregulationen, die zur Entstehung der Erkrankung führen.

Mikrobielle Faktoren

Ein möglicher Zusammenhang zwischen mikrobiellen Einflüssen (wie Bakterien) und der PSC wird ebenfalls vermutet. Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, insbesondere Colitis ulcerosa, zeigen eine höhere Inzidenz von PSC, was auf eine mögliche bakterielle Translokation (Übertritt von Bakterien aus dem Darm in die Blutbahn) und anschließende Immunreaktionen hinweisen könnte.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Gallenwegsobstruktion (Verengung)

Die entzündlichen und fibrotischen Prozesse führen zu einer progressiven Obstruktion (Verengung) der intrahepatischen und extrahepatischen Gallenwege. Dies verursacht:

  • Cholestase (Gallenstau), da die Gallenflüssigkeit nicht mehr ungehindert abfließen kann.
  • Die Obstruktion begünstigt Infektionen der Gallenwege (Cholangitis) und führt zu einer chronischen Schädigung der Leberzellen.

Fibrose und Zirrhose

Durch die chronische Entzündung kommt es zu einem fortschreitenden bindegewebigen Umbau der Leber. Dies führt zu:

  • Fibrose (Narbenbildung im Lebergewebe)
  • Entwicklung einer Leberzirrhose (fortgeschrittene Vernarbung der Leber), was mit einer zunehmenden Einschränkung der Leberfunktion einhergeht.

Klinische Manifestation

Die Symptome der PSC entwickeln sich langsam und können lange Zeit asymptomatisch bleiben. Typische Leitsymptome sind:

  • Müdigkeit und Juckreiz (Pruritus), die durch die Ansammlung von Gallensalzen im Körper verursacht werden.
  • Gelbsucht (Ikterus), als Zeichen einer fortgeschrittenen Cholestase.
  • Rechtsseitige Oberbauchschmerzen, die durch die Leberentzündung und Gallengangsobstruktion verursacht werden.

Im fortgeschrittenen Stadium kann die Erkrankung zu Komplikationen führen, wie z. B.:

  • Leberzirrhose
  • Aszites (Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum)
  • Ösophagusvarizenblutungen (Krampfadern in der Speiseröhre)
  • Hepatische Enzephalopathie (Funktionsstörung des Gehirns infolge unzureichender Entgiftung durch die Leber)

Progression und Organbeteiligung

  • Lebererkrankung: Die PSC führt durch die Obstruktion und den Umbau der Gallenwege zur Entwicklung einer Leberzirrhose, die eine dauerhafte Schädigung der Leber verursacht.
  • Gallengangskarzinom: Patienten mit PSC haben ein erhöhtes Risiko, ein Gallengangskarzinom (Cholangiokarzinom) zu entwickeln.
  • Colitis ulcerosa: Bei gleichzeitiger Colitis ulcerosa besteht ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

  • Leberfunktionsverlust: Mit Fortschreiten der PSC wird die Leberfunktion zunehmend beeinträchtigt. Dies zeigt sich durch eine verminderte Syntheseleistung der Leber (z. B. verminderte Produktion von Albumin und Gerinnungsfaktoren).
  • Portale Hypertonie: Die fortschreitende Vernarbung und Zerstörung des Lebergewebes führt zu einem erhöhten Druck im Pfortaderkreislauf, was die Entstehung von portosystemischen Anastomosen und Varizenblutungen begünstigt.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

  • Regenerationsversuche der Gallenwege: Bei der PSC versucht der Körper, durch Gallengangsproliferation (Vermehrung der Gallenwegsepithelzellen) den Verlust von Gallenwegen zu kompensieren. Diese Prozesse sind jedoch in der Regel ineffektiv, da die entzündlichen und fibrotischen Mechanismen überwiegen.
  • Kompressionsanpassungen: In einigen Fällen kann der Körper durch Umgehungskreisläufe (Anastomosen) versuchen, den erhöhten Druck im Pfortaderkreislauf zu kompensieren.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die PSC ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung der Gallenwege mit unklarer Ursache. Immunologische, genetische und möglicherweise mikrobielle Faktoren spielen eine Rolle in der Krankheitsentstehung. Die chronische Entzündung und Fibrose der Gallenwege führt zu einem fortschreitenden Verlust der Leberfunktion, was zu schwerwiegenden Komplikationen wie Leberzirrhose und Gallengangkarzinom (Gallengangkrebs) führen kann. Eine frühzeitige Erkennung der Erkrankung und regelmäßige Überwachung sind entscheidend, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und Komplikationen zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Die Ätiologie der primär sklerosierenden Cholangitis ist bisher unbekannt.

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung
    • durch Eltern, Großeltern (familiäre Häufung)
    • HLA-assoziiert (HLA-B8, HLA-DR3, HLA-DRw52a)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Autoimmunerkrankungen