Pfortaderhochdruck (Portale Hypertonie) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die portale Hypertonie (PH) beschreibt einen krankhaft erhöhten Druck im Pfortaderkreislauf, der aus einer Störung des Blutabflusses aus der Leber resultiert. Die Pfortader (Vena portae) sammelt Blut aus den unpaaren Organen des Abdomens, insbesondere dem Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) und der Milz, und leitet dieses zur Leber. Dort erfolgt die Entgiftung und der Stoffwechsel von Substanzen, bevor das Blut über die Vena cava inferior zum rechten Herzen gelangt.

Hauptursache: Leberzirrhose

Die Leberzirrhose ist die häufigste Ursache der portalen Hypertonie, verantwortlich für etwa 80 % der Fälle. Bei einer Zirrhose wird das Leberparenchym (das funktionelle Gewebe der Leber) irreversibel durch bindegewebigen Umbau zerstört. Dieser Umbau führt zu einer Erhöhung des Gefäßwiderstands innerhalb der Leber, was den Blutfluss in der Pfortader behindert und den Druck erhöht.

Die pathophysiologischen Mechanismen der portalen Hypertonie umfassen:

  • Erhöhter hepatischer Gefäßwiderstand: Durch die fibrotischen Veränderungen der Leber wird der Widerstand innerhalb der Lebergefäße deutlich erhöht. Dies führt zu einem Rückstau des Blutes in die Pfortader.
  • Zunahme des portalvenösen Blutflusses: Ein erhöhter Blutfluss in der Pfortader kann ebenfalls zur Entstehung und Aufrechterhaltung der portalen Hypertonie beitragen.

Entwicklung von portosystemischen Anastomosen

Der erhöhte Druck in der Pfortader führt zur Bildung von portosystemischen Anastomosen, die das Blut aus dem Pfortaderkreislauf in das System der Vena cava umleiten, um den erhöhten Druck auszugleichen. Diese Umgehungskreisläufe entstehen bevorzugt in folgenden Bereichen:

  • Porto-gastro-ösophageale Kollateralen: Es entstehen Kollateralkreisläufe (Umgehungskreisläufe) im Bereich der Speiseröhre, die zu Ösophagusvarizen führen können. Diese Varizen sind erweiterte Blutgefäße, die bei erhöhtem Druck reißen und schwere Blutungen verursachen können.
  • Umbilikale Kollateralen: Es bildet sich eine venöse Verbindung zwischen den Umbilikalvenen (Nabelvenen) und den epigastrischen Venen. Eine sichtbare Komplikation ist das Caput medusae, bei dem die Kollateralvenen auf der Bauchhaut als geschlängelte, vergrößerte Venen sichtbar werden.
  • Mesenterico-hämorrhoidale Kollateralen: Diese entstehen im Bereich des Mastdarms (Rektum) und führen zur Ausbildung von anorektalen Varizen (Krampfadern im Bereich des Anus und Rektums).
  • Gastro-phreno-(supra)renale Kollateralen: Diese entwickeln sich im Bereich der Milz und Nieren, um den Druck im Pfortaderkreislauf zu reduzieren.

Komplikationen der Portalen Hypertonie

Neben der Ausbildung von Kollateralen birgt die portale Hypertonie zahlreiche potenziell lebensbedrohliche Komplikationen:

  • Ösophagusvarizenblutungen: Die Blutungen aus den Varizen der Speiseröhre sind eine der schwerwiegendsten Komplikationen der portalen Hypertonie.
  • Aszites: Durch den erhöhten Druck in den Venen des Abdomens kommt es zur Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle.
  • Splenomegalie: Die Milz vergrößert sich aufgrund des erhöhten Blutflusses und Drucks in der Pfortader.
  • Caput medusae: Sichtbare, geschlängelte Venen auf der Bauchdecke infolge der Bildung von Umbilikalkollateralen.
  • Hepatische Enzephalopathie: Die Ansammlung von toxischen Substanzen im Blut, die nicht ausreichend in der Leber entgiftet werden können, führt zu neurologischen Beeinträchtigungen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die portale Hypertonie ist eine häufige Folge der Leberzirrhose, die zu schwerwiegenden Komplikationen führt. Die pathophysiologischen Mechanismen umfassen einen erhöhten Widerstand im Leberkreislauf und eine Zunahme des Blutflusses in der Pfortader, was zur Ausbildung von portosystemischen Anastomosen führt. Diese Umgehungskreisläufe, insbesondere im Bereich der Speiseröhre und des Mastdarms, bergen das Risiko lebensbedrohlicher Blutungen. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung sowie der Komplikationen der portalen Hypertonie sind entscheidend für die Prognose der Patienten.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 60 g/Tag) bzw. Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Prähepatisch (Obstruktion (Verengung) liegt vor der Leber) – ca. 15-25 % der Betroffenen leiden an dieser Form
    • Idiopathisch (ohne erkennbare Ursache)
    • Milzvenenthrombose
    • Pfortaderthrombose (Portalvenenthrombose (PVT)) (häufig)
  • Intrahepatisch (Obstruktion liegt innerhalb der Leber) – ca. 70-80 % der Betroffenen leiden an dieser Form
    • Präsinusoidal (Sinusoiden = Kapillargebiet der Leber)
      • Bilharziose (Schistosomiasis) – durch Trematoden (Saugwürmer) der Gattung Schistosoma (Pärchenegel) verursachte Wurmkrankheit (tropische Infektionskrankheit) 
      • Hepatoportale Sklerose (seltene Erkrankung mit Sklerose (Verkalkung) der intrahepatischen ("innerhalb der Leber befindlich") Pfortadervenen)
      • Kongenitale (angeborene) Fibrose (krankhafte Vermehrung von Bindegewebe)
      • Myeloproliferative Erkrankungen (Gruppe von malignen (bösartigen) hämatologischen (das Blut betreffende) Erkrankungen)
      • Primär biliäre Cholangitis (PBC, Synonyme: nichteitrige destruierende Cholangitis; früher primär biliäre Zirrhose) – relativ seltene Autoimmunerkrankung der Leber (betrifft in ca. 90 % der Fälle Frauen); beginnt primär biliär, d. h. an den intra- und extrahepatischen ("innerhalb und außerhalb der Leber") Gallenwegen, die durch eine Entzündung zerstört werden (= chronisch nichteitrige destruierende Cholangitis). Im längeren Verlauf greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und führt schließlich zu einer Vernarbung bis hin zur Zirrhose; Nachweis antimitochondrialer Antikörper (AMA); PBC ist häufig assoziiert mit Autoimmunerkrankungen (Autoimmunthyreoiditis, Polymyositis, systemischer Lupus erythematodes (SLE), progressive systemische Sklerose, rheumatoider Arthritis); in 80 % der Fälle mit einer Colitis ulcerosa (chronisch-entzündliche Darmerkrankung) assoziiert; Langzeitrisiko für ein cholangiozelluläres Karzinom (CCC; Gallengangskarzinom, Gallengangskrebs) liegt bei 7-15 % (häufig)
      • Sarkoidose (systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten))
    • Sinusoidal
      • Chronische Hepatitis
      • Leberzirrhose (Leberschrumpfung) (häufig)
      • Steatosis hepatis (Fettleber)
    • Postsinusoidal
      • Lebervenenverschlusssyndrom (venookklusive Erkrankungen (VOD))
      • Meist toxische Schäden durch Zytostatika (Medikamente, die bei Krebserkrankungen eingesetzt werden)
  • Posthepatisch (Obstruktion liegt hinter der Leber) – ca. 1 % der Betroffenen leiden an dieser Form
    • Budd-Chiari-Syndrom (thrombotischer Verschluss der Lebervenen) (selten)
    • Perikarditis constrictiva (Verdickung und Verkalkung des Herzbeutels/"Panzerherz")
    • Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche) (häufig)