Pfortaderhochdruck (Portale Hypertonie) – Einleitung

Von einer portalen Hypertonie – umgangssprachlich auch Pfortaderhochdruck genannt – spricht man bei einer klinisch relevanten Druckerhöhung in der Vena portae (Pfortader) von >10 mmHg. Physiologisch liegt der Lebervenendruckgradient (LVDG) bei 5-10 mmHg.

Synonyme und ICD-10: portale Hypertension; ICD-10-GM K76.6: Portale Hypertonie

Anatomie und Funktionen

Die Pfortader sammelt das Blut aus den Venen der unpaaren Abdominalorgane (Gastrointestinaltrakt und Milz) und führt es der Leber zu. Hier erfolgt die Detoxikation (Entgiftung) und Metabolisierung (Stoffwechselumwandlung).

Formen der portalen Hypertonie

Die portale Hypertonie wird nach der Lokalisation der Widerstandserhöhung wie folgt eingeteilt:

  • Prähepatischer Block (Obstruktion (Verengung) liegt vor der Leber) – ca. 15-25 % der Betroffenen leiden an dieser Form:
    • Arterio-portalvenöse Fisteln
    • Idiopathisch (ohne erkennbare Ursache)
    • Milzvenenthrombose
    • Pfortaderthrombose (Portalvenenthrombose (PVT)) (häufig)
  • Intrahepatischer Block (Obstruktion liegt innerhalb der Leber) – ca. 70-80 % der Betroffenen leiden an dieser Form:
    • Präsinusoidal (Sinusoiden = Kapillargebiet der Leber)
      • Bilharziose (Schistosomiasis) – durch Trematoden (Saugwürmer) der Gattung Schistosoma (Pärchenegel) verursachte Wurmkrankheit (tropische Infektionskrankheit) 
      • Hepatoportale Sklerose (seltene Erkrankung mit Sklerose (Verkalkung) der intrahepatischen ("innerhalb der Leber befindlich") Pfortadervenen)
      • Kongenitale (angeborene) Fibrose (krankhafte Vermehrung von Bindegewebe)
      • Myeloproliferative Erkrankungen (Gruppe von malignen (bösartigen) hämatologischen ("Blut betreffende") Erkrankungen)
      • Primär biliäre Cholangitis (PBC, Synonyme: nichteitrige destruierende Cholangitis; primär biliäre Zirrhose) – relativ seltene autoimmune Lebererkrankung, die von den intrahepatischen ("innerhalb der Leber") Gallenwegen ausgeht und mit Entzündung einhergeht; im längeren Verlauf greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und führt schließlich zu einer Vernarbung bis hin zur Leberzirrhose; 90 % der Fälle betreffen die Frau
      • Sarkoidose (systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten))
    • Sinusoidal
      • Chronische Hepatitis (Leberentzündung)
      • Leberzirrhose (Leberschrumpfung) (häufig)
      • Steatosis hepatis (Fettleber)
    • Postsinusoidal
      • Lebervenenverschlusssyndrom (venookklusive Erkrankungen (VOD))
      • Meist toxische Schäden durch Zytostatika (Medikamente, die bei Krebserkrankungen eingesetzt werden)
  • Posthepatischer Block (Obstruktion liegt hinter der Leber) – ca. 1 % der Betroffenen leiden an dieser Form
    • Budd-Chiari-Syndrom (thrombotischer Verschluss der Lebervenen) (selten)
    • Perikarditis constrictiva (Verdickung und Verkalkung des Herzbeutels/"Panzerherz")
    • Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche) (häufig)

Ursachen

  • Leberzirrhose (Schrumpfleber): In 80 % der Fälle die Ursache der portalen Hypertonie.
  • Pfortaderthrombose (Verschluss der Pfortader): Zweithäufigste Ursache.
  • Chronische Hepatitis: Führt zur Sinusoidenobstruktion.
  • Kardiale Ursachen: Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche) und Perikarditis constrictiva (möglicher Folgezustand einer akuten Perikarditis/Herzfellentzündung mit narbigem Umbau (Fibrose und Kalzifikation) des Perikards).
  • Seltene Ursachen: Bilharziose, Myeloproliferative Erkrankungen, hepatoportale Sklerose (seltene Erkrankung mit Sklerose der intrahepatischen Pfortadervenen).

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Unterschiede je nach Ursache; PBC tritt häufiger bei Frauen auf.

Häufigkeitsgipfel
: Abhängig von der zugrunde liegenden Ursache; Leberzirrhose tritt meist im mittleren bis höheren Lebensalter auf.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Präzise Daten variieren; Leberzirrhose ist eine häufige Ursache der portalen Hypertonie in Europa.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Variiert stark je nach Region und Risikofaktoren.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Komplikationen der portalen Hypertonie:
    • Ösophagusvarizen: Häufigste Komplikation, die durch den erhöhten Druck in der Pfortader entstehen kann. Rupturierte Varizen (gerissene Krampfadern) können zu lebensbedrohlichen Blutungen führen.
    • Aszites: Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum aufgrund des erhöhten Drucks in den Venen.
    • Hepatische Enzephalopathie: Funktionsstörungen des Gehirns durch toxische Stoffe, die aufgrund der Leberinsuffizienz nicht abgebaut werden.
  • Rezidivblutungen:
    • Varizenblutungen treten häufig rezidivierend (wiederkehrend) auf, da die zugrunde liegende Ursache oft nicht vollständig behoben werden kann.
    • Innerhalb der ersten 10 Tage nach der ersten Blutung liegt das Risiko für eine Rezidivblutung bei 35 %, innerhalb eines Jahres bei 70 %.

Prognose

  • Letalität: Bei der ersten Varizenblutung (Krampfaderblutung) beträgt die Letalität (Sterblichkeit) bis zu 30 %.
  • Langzeitprognose: Häufiges Versterben durch schwerwiegende Komplikationen wie Leberzirrhose (Schrumpfleber) oder Pneumonie (Lungenentzündung). Die Prognose verbessert sich bei effektiver Behandlung der Grunderkrankung und Reduktion des Pfortaderdrucks.