Leberschrumpfung (Leberzirrhose) – Einleitung

Die Leberzirrhose, umgangssprachlich auch Schrumpfleber genannt, wurde traditionell als irreversible Schädigung der Leber mit einem ausgeprägten Umbau des Lebergewebes betrachtet. Heute versteht man die Pathogenese (Krankheitsentstehung) und Progression fortgeschrittener chronischer Lebererkrankungen als prinzipiell reversiblen Prozess, der dynamisch und multidimensional ist.

Synonyme und ICD-10: Cirrhosis hepatis; Lebercirrhose; Liver cirrhosis; zirrhotische Leber; ICD-10-GM K74.-: Fibrose und Zirrhose der Leber; ICD-10-GM K70.3: Alkoholische Leberzirrhose

Charakteristische Laborbefunde

  • Erhöhte Leberenzyme (ALT, AST): Deuten auf Leberschädigung hin.
  • Erhöhtes Bilirubin: Hinweis auf eine gestörte Bilirubinausscheidung.
  • Verminderte Albuminwerte: Deutet auf eine reduzierte Syntheseleistung der Leber hin.
  • Verlängerte Prothrombinzeit (INR): Indikativ für eine Koagulopathie (Gerinnungsstörung) bei fortgeschrittener Leberzirrhose.
  • Erhöhte Ammoniakwerte: Typisch bei hepatischer Enzephalopathie (Funktionsstörung des zentralen Nervensystems, die durch eine fortgeschrittene Lebererkrankung bedingt ist).

Formen der Leberzirrhose

Es gibt mehrere Formen der Leberzirrhose, die nach ihren Ursachen klassifiziert werden:

  • Alkoholische Leberzirrhose: Die häufigste Form in Europa, verursacht durch chronischen Alkoholkonsum.
  • Posthepatitische/kryptogene Leberzirrhose: Tritt nach chronischen Lebererkrankungen auf, insbesondere Hepatitis B und C; in 10 % der Fälle bleibt die Ursache unbekannt.
  • Biliäre Leberzirrhose: Verursacht durch Verengungen oder Verschlüsse der intrahepatischen Gallengänge (innerhalb der Leber).
  • Kardiale Leberzirrhose: Folge einer Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche).
  • Metabolische Leberzirrhose: Verursacht durch Stoffwechselerkrankungen wie Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit).
  • Genetisch-bedingte Leberzirrhose: Aufgrund vererbbarer Erkrankungen wie Alpha-1-Antitrypsin-Mangel.
  • Toxische Leberzirrhose: Bedingt durch Medikamente wie Amiodaron (Arzneistoff, der als Antiarrhythmikum zur Behandlung von zahlreichen Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird).

Ursachen

  • Chronischer Alkoholmissbrauch: Führt zu einer progressiven Schädigung des Lebergewebes.
  • Virushepatitiden (Hepatitis B, C, D): Chronische virale Infektionen sind weltweit eine der Hauptursachen.
  • Autoimmunerkrankungen: Wie die Autoimmunhepatitis, können eine chronische Entzündung und schließlich eine Zirrhose verursachen.
  • Genetische Erkrankungen: Morbus Wilson, Alpha-1-Antitrypsin-Mangel.
  • Toxine: Medikamente und Giftstoffe wie Amiodaron, Methotrexat oder industrielle Chemikalien.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen im Verhältnis 2:1, insbesondere bei alkoholischer Leberzirrhose. Die primär biliäre Zirrhose tritt häufiger bei Frauen auf.

Häufigkeitsgipfel: Typischerweise im mittleren bis höheren Lebensalter.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Präzise Zahlen variieren, doch die Leberzirrhose ist in Europa und den USA eine der häufigsten chronischen Lebererkrankungen.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Ca. 250 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Europa und den USA.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die Leberzirrhose ist eine fortschreitende Erkrankung, die durch eine umfangreiche Umwandlung des Lebergewebes gekennzeichnet ist. Im Anfangsstadium kann die Leberzirrhose asymptomatisch sein und wird oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Der Krankheitsverlauf lässt sich in vier Stadien unterteilen:

  1. Kompensierte Leberzirrhose: Zu Beginn der Erkrankung zeigt die Leber noch weitgehend normale Funktionen. Symptome sind oft unspezifisch oder fehlen ganz.
  2. Dekompensierte Leberzirrhose: Mit Fortschreiten der Erkrankung treten Komplikationen auf, wie Aszites (Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum), Ösophagusvarizen (Krampfadern in der Speiseröhre), Hepatische Enzephalopathie (Gehirnfunktionsstörungen aufgrund von Leberversagen) und Gelbsucht (Ikterus).
  3. Fortgeschrittene dekompensierte Leberzirrhose: Die Symptome und Komplikationen nehmen zu, die Lebensqualität verschlechtert sich erheblich.
  4. Endstadium: Im Endstadium der Leberzirrhose kommt es häufig zu lebensbedrohlichen Komplikationen, wie Leberversagen und Leberkrebs (Hepatozelluläres Karzinom).

Die Progression der Leberzirrhose kann variieren und ist stark von der zugrunde liegenden Ursache abhängig. Ein wesentlicher Faktor ist die Kontrolle und Behandlung der Grunderkrankung. Bei alkoholischer Leberzirrhose kann konsequente Alkoholabstinenz die Progression verlangsamen oder sogar eine Regression der Krankheit bewirken.

Prognose

Die Prognose der Leberzirrhose hängt von mehreren Faktoren ab, darunter:

  • Ursache der Leberzirrhose: Die Behandlungsmöglichkeiten und der Krankheitsverlauf variieren je nach Ursache. Alkoholkranke, die abstinent werden, haben eine bessere Prognose.
  • Stadium der Erkrankung: Frühzeitig diagnostizierte und behandelte Leberzirrhose hat eine bessere Prognose als eine im fortgeschrittenen Stadium diagnostizierte Krankheit.
  • Komplikationen: Das Auftreten von Komplikationen wie Ösophagusvarizen, Leberversagen und Leberzellkarzinom verschlechtert die Prognose erheblich.
  • Allgemeinzustand des Patienten: Begleiterkrankungen und der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten beeinflussen die Prognose.

Einige spezifische Prognosefaktoren sind:

  • Varizenblutungen: Etwa 30 % der Patienten mit Leberzirrhose entwickeln Ösophagusvarizen, die bluten können. Solche Blutungen sind lebensbedrohlich und erfordern sofortige medizinische Intervention.
  • Leberzellkarzinom: Patienten mit Leberzirrhose haben ein erhöhtes Risiko, ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln. Die Überlebenschancen sind bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung besser.
  • Leberversagen: Leberversagen im fortgeschrittenen Stadium der Leberzirrhose führt häufig zu einem schlechten Überleben.

Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 50 %, was bedeutet, dass die Hälfte der Patienten fünf Jahre nach der Diagnose noch am Leben ist. Jedoch ist diese Rate stark abhängig vom Stadium der Erkrankung und der Wirksamkeit der Behandlung.

Studien zeigen, dass die Leberzirrhose in Deutschland eine hohe Mortalitätsrate aufweist. Von allen chronischen Krankheiten, die eine Krankenhausbehandlung erfordern, hat die Leberzirrhose mit 9,49 % die höchste Sterberate [1].

Literatur

  1. Gu W et al.: Trends and the course of liver cirrhosis and its complications in Germany: Nationwide population-based study (2005 to 2018) The Lancet Regional Health - Europe 2022;12: 100240 https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2021.100240

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Komplikationen der Leberzirrhose. (AWMF-Registernummer: 021-017), November 2018 Langfassung