Leberkrebs (Leberzellkarzinom) – Prävention

Zur Prävention des hepatozellulären Karzinoms (HCC) (Leberzellkarzinom/Leberkrebs) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Zu geringer Fischkonsum; inverse Korrelation zwischen Fischkonsum und Erkrankungsrisiko [2]
    • Nitrat- und nitritreiche Ernährung, wie gepökelte oder geräucherte Speisen:
      Nitrat ist eine potenziell toxische Verbindung: Nitrat wird im Körper durch Bakterien (Speichel/Magen) zu Nitrit reduziert. Nitrit ist ein reaktives Oxidans, das bevorzugt mit Hämoglobin reagiert und diesen in Methämoglobin umwandelt. Des Weiteren bilden Nitrite (unter anderem auch enthalten in gepökelten Wurst- und Fleischwaren sowie gereiftem Käse) mit sekundären Aminen (enthalten in Fleisch- und Wursterzeugnissen, Käse und Fisch) Nitrosamine, die genotoxisch und mutagen wirken. Sie begünstigen u. a. die Entstehung eines Leberzellkarzinoms.
      Die tägliche Aufnahme von Nitrat erfolgt in der Regel zu circa 70 % durch den Verzehr von Gemüse (Feld- und Kopfsalat, Grün-, Weiß- und Chinakohl, Kohlrabi, Spinat, Radieschen, Rettich, Rote Bete), 20 % aus Trinkwasser (Stickstoffdünger) und 10 % aus Fleisch und Fleischwaren sowie Fisch.
    • Aflatoxin-kontaminierte Nahrungsmittel – Hohe Exposition durch verunreinigte Lebensmittel erhöht das Risiko signifikant.
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 45 g/Tag; > 60 g/Tag) (7,3-fach) [5]
    • Tabak (Rauchen) (1,4-fach) [5]
    • Kombinierte Softdrinks, d. h. zucker- und süßstoffhaltig, > 6 Gläser pro Woche; war positiv mit dem Risiko für HCC korreliert [3]
  • Einnahme anaboler Steroide
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) (+ 80 %) [8]; Anstieg + 24 % [1]; metabolische Störungen (2,8-fach) [5]

Krankheitsbedingte Risikofaktoren

  • Chronische Hepatitis B und C – Diese stellen die Hauptrisikofaktoren für ein HCC dar.
  • Metabolisches Syndrom – Umfasst Adipositas, Insulinresistenz und Dyslipidämie (Fettstoffwechselstörung) (Risiko +2,8-fach) [5].

Umweltbelastung – Intoxikationen

  • Aufnahme von Nitrosaminen 
  • Aflatoxin B (Schimmelpilzprodukt) sowie weitere Mykotoxine
  • Karzinogene wie: Arsen (Latenzzeit 15-20 Jahre); Chrom (VI)-Verbindungen

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Hepatitis-B-Impfung
    • Die Hepatitis-B-Impfung ist eine prophylaktische Maßnahme zur Reduktion des Leberzellkarzinomrisikos. Details zur Impfung siehe Abschnitt "Hepatitis-B-Impfung".
  • Genussmittelkonsum
    • Regelmäßiger Kaffeegenuss – Dieses senkt das Risiko an Leberzellkarzinom zu erkranken um mehr als die Hälfte [7]. 
  • Körperliche Aktivität
    • Eine hohe versus eine niedrige körperliche Aktivität in der Freizeit ist mit einem geringeren Risiko für Leberkarzinom verbunden (-27 %; HR 0.73, 95 % CI 0.55-0.98) [6].
  • Pharmakologische Intervention
    • Für Patienten mit vorbestehender Lebererkrankung und Diabetes mellitus konnte gezeigt werden, dass Statine das HCC-Risiko drastisch absenken [4].
    • Acetylsalicylsäure (ASS)
      • Regelmäßige Einnahme von ASS (mindestens Standarddosen à 325 mg pro Woche) war mit einem um 49 % verminderten HCC-Risiko verbunden (adjustierte Hazard Ratio 0,51; 0,34-0,77); eine Dosis-Wirkungs-Beziehung war nachweisbar [9]
      • Bei Patienten mit chronischer HBV-Infektion (Hepatitis-B-Virusinfektion) führte die Einnahme von ASS (Maximaldosis: 100 mg pro Tag) über mindestens 90 Tage (Median > 3 Jahre) signifikant seltener zu einem hepatozellulären Karzinom als in der Kontrollgruppe (5,2 versus 7,87 Prozent (p < 0,001) [5,2 versus 7,87 Prozent (p < 0,001)]: 29 Prozent niedrigeres Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (Hazard Ratio [HR]: 0,71; 95 %-Konfidenzintervall: 0,58-0,86; p < 0,001) [10].
    • Patienten mit chronischer Lebererkrankung und nichtinsulinabhängigem Diabetes mellitus  es sollte eine Behandlung mit Metformin geprüft werden, um das HCC Risiko zu senken [S3-Leitlinie].
    • Statine schützen dosis- und typ(lipophil)-abhängig Patienten mit Steatohepatitis assoziierter Zirrhose vor einem HCC [11].

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention zielt darauf ab, Risikopatienten frühzeitig zu identifizieren und gezielte Maßnahmen einzuleiten, um ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) frühzeitig zu diagnostizieren und eine Verschlechterung zu verhindern.

  • Screening und Überwachung
    • Regelmäßige Ultraschalluntersuchungen (Sonographie) – Alle 6 Monate für Patienten mit hohem Risiko, wie bei chronischer Hepatitis B oder C, Leberzirrhose oder anderen chronischen Lebererkrankungen.
    • Biomarker-Analyse – Messung von Alpha-Fetoprotein (AFP) zur Ergänzung der bildgebenden Verfahren.
    • Elastographie – Untersuchung des Leberfibrosegrads zur Beurteilung der Progression chronischer Lebererkrankungen.
  • Früherkennung und Diagnostik
    • Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) – Einsatz zur Abklärung fokaler Leberläsionen (Leberzellveränderungen), insbesondere bei unklaren oder auffälligen Befunden in der Sonographie.
    • Kontrastmittelverstärkte Bildgebung – Zur Differenzierung zwischen malignen und gutartigen Läsionen.
    • Leberbiopsie – Gewebeentnahme zur histologischen Abklärung bei unklaren Befunden.
  • Interdisziplinäre Betreuung
    • Konsultation eines Hepatologen, Onkologen und Radiologen bei auffälligen Befunden, um frühzeitig eine individuelle Therapie einzuleiten.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention konzentriert sich auf die Verhinderung von Komplikationen und die Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten mit bestehendem HCC:

  • Therapieoptimierung
    • Systemische Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren (z. B. Sorafenib) oder Immuncheckpoint-Inhibitoren (z. B. Atezolizumab und Bevacizumab).
    • Lokale Verfahren wie transarterielle Chemoembolisation (TACE) oder Radiofrequenzablation (RFA).
  • Rehabilitation und Lebensstilmodifikation
    • Ernährungsberatung zur Förderung einer hepatoprotektiven Ernährung.
    • Bewegungstherapie zur Verbesserung des Allgemeinzustands.
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Psychologische Betreuung zur Unterstützung der Krankheitsbewältigung.
    • Selbsthilfegruppen für Patienten und Angehörige.

Literatur

  1. Andrew G Renehan, Margaret Tyson, Matthias Egger, Richard F Heller, Marcel Zwahlen: Body-mass index and incidence of cancer: a systematic review and meta-analysis of prospective observational studies. The Lancet, Volume 371, Issue 9612, Pages 569-578, 16 February 2008
  2. Yu XF, Zou J, Dong J: Fish consumption and risk of gastrointestinal cancers: A meta-analysis of cohort studies. World J Gastroenterol. 2014 Nov 7;20(41):15398-412. doi: 10.3748/wjg.v20.i41.15398.
  3. Stepien M et al.: Consumption of soft drinks and juices and risk of liver and biliary tract cancers in a European cohort. Eur J Nutr. 2014 Dec 21.
  4. Mc Glynn et al.: Statin Use and Risk for Primary Liver Cancer in the Clinical Practice Research Datalink. J Natl Cancer Inst. 2015 Feb 26;107(4). pii: djv009. doi: 10.1093/jnci/djv009.
  5. Makarova-Rusher OV et al.: Population attributable fractions of risk factors for hepatocellular carcinoma in the United States. Cancer. 2016 Mar 21. doi: 10.1002/cncr.29971.
  6. Moore SC et al.: Association of Leisure-Time Physical Activity With Risk of 26 Types of Cancer in 1.44 Million Adults. JAMA Intern Med. Published online May 16, 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2016.1548
  7. Inoue M, Yoshimi I, Sobue T, Tsugane S: For the JPHC Study Group: Influence of Coffee Drinking on Subsequent Risk of Hepatocellular Carcinoma – A Prospective Study in Japan. J Natl Cancer Inst. 2005 Feb 16;97(4):293-300.
  8. Lauby-Secretan B et al.: Body Fatness and Cancer — Viewpoint of the IARC Working Group N Engl J Med 2016; 375:794-798 August 25, 2016 doi: 10.1056/NEJMsr1606602
  9. Simon TG et al.: Association Between Aspirin Use and Risk of Hepatocellular Carcinoma. JAMA Oncol. Published online October 4, 2018. doi:10.1001/jamaoncol.2018.4154
  10. Lee TY et al.: Association of Daily Aspirin Therapy With Risk of Hepatocellular Carcinoma in Patients With Chronic Hepatitis B. JAMA Intern Med. 2019;179(5):633-640. doi:10.1001/jamainternmed.2018.8342
  11. Pinyopornpanish K, Al-Yaman W, Butler RS et al.: Chemopreventive 2021 Nov 1;116(11):2258-2269. doi: 10.14309/ajg.0000000000001347.2021 Nov 1;116(11):2258-69

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome. (AWMF-Registernummer: 032-053OL), August 2023 Kurzfassung Langfassung