Leberkrebs (Leberzellkarzinom) – Operative Therapie
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die häufigste primäre maligne Lebertumorerkrankung. Die chirurgische Therapie stellt derzeit die einzige kurative (heilende) Behandlungsoption dar. Sie umfasst die Leberresektion (teilweise Entfernung der Leber) und die orthotope Lebertransplantation (kompletter Austausch der Leber).
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Leberresektion (teilweise Entfernung der Leber): Geeignet für Patienten mit einem HCC im Stadium I bis III, wenn eine vollständige (R0) Resektion (vollständige Entfernung ohne Tumorreste) möglich ist. Entscheidend ist die erhaltene Leberfunktion sowie das Fehlen einer höhergradigen portalen Hypertonie (PH; Pfortaderhochdruck), schwerer Leberzirrhose (fortgeschrittener Umbau des Lebergewebes mit Funktionsverlust) oder systemischer Kontraindikationen.
- Orthotope Lebertransplantation: Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit HCC und zugrunde liegender Leberzirrhose, insbesondere wenn sie die Milan-Kriterien erfüllen (einzelner Tumor ≤ 5 cm oder bis zu drei Tumoren mit jeweils ≤ 3 cm Durchmesser, ohne vaskuläre Infiltration oder extrahepatische Metastasierung).
- Lebendspende-Lebertransplantation: Alternative zur postmortalen Organspende, die die Mortalität (Sterberate) der Patienten um bis zu 49 % innerhalb von drei Jahren senken kann.
- Bridging-Therapie vor Lebertransplantation: Patienten, die auf eine Transplantation warten, erhalten lokal-ablative Verfahren oder transarterielle Chemoembolisation (TACE), um das Tumorwachstum zu kontrollieren.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwerer Leberfunktionsverlust (Child-Pugh C, MELD > 25)
- Unkontrollierte extrahepatische Metastasierung (Auftreten von Tochtergeschwülsten außerhalb der Leber)
- Schwere Begleiterkrankungen, die die perioperative Prognose erheblich verschlechtern
- Aktive Infektionen oder unbehandelter Alkohol- und Drogenmissbrauch
Operationsverfahren
HCC < 2 cm
- Radiofrequenzablation (RFA, RFTA, RITA) – Eine thermische Ablationsmethode, bei der hochfrequente elektrische Ströme genutzt werden, um Tumorzellen durch Hitze zu zerstören. Sie kann mit Jod-125-Implantation kombiniert werden und zeigt bei Tumoren bis zu 3 cm Durchmesser eine vergleichbare Effektivität zur chirurgischen Leberresektion.
- Perkutane Ethanolinjektion (PEI) – Eine minimalinvasive Methode, bei der hochkonzentrierter Alkohol direkt in den Tumor injiziert wird, um die Krebszellen zu zerstören.
- Chirurgische Leberresektion – Operative Entfernung des tumortragenden Lebersegments, falls die Restleberfunktion ausreichend ist.
HCC > 2 cm, keine vaskuläre Infiltration
- Leberresektion – Entfernung des betroffenen Leberabschnitts, sofern eine ausreichende Restleberkapazität gewährleistet ist.
- Radiofrequenzablation (RFA, RFTA, RITA) – Einsatz bei Patienten, die für eine Resektion nicht geeignet sind oder wenn eine lokale Kontrolle des Tumors angestrebt wird.
- Orthotope Lebertransplantation – Vollständiger Austausch der Leber, insbesondere bei Patienten mit begleitender Leberzirrhose.
Multiple Tumorknoten (unilobär) / Gefäßinfiltration
-
Transarterielle Chemoembolisation (TAE, TACE) – Ein katheterbasiertes Verfahren, bei dem Chemotherapeutika selektiv in die tumorversorgenden Arterien eingebracht und gleichzeitig die Blutversorgung des Tumors embolisiert (Verschluss von Blutgefäßen) wird.
Tumor bilobär, keine vaskuläre Infiltration
-
Transarterielle Chemoembolisation (TAE, TACE) mit orthotoper Lebertransplantation – Geeignet für Patienten mit bilobärem Tumorbefall, die auf eine TACE ansprechen und transplantabel sind.
Postoperative Nachsorge
- Leberresektion: Regelmäßige Verlaufskontrollen mit Bildgebung (Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT), Sonographie/Ultraschall) alle drei bis sechs Monate im ersten Jahr, danach individuell angepasst.
- Lebertransplantation: Lebenslange immunsuppressive Therapie zur Vermeidung einer Abstoßungsreaktion. Engmaschige Kontrollen auf Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) und Infektionen.
- Tumormarker-Überwachung: Regelmäßige Kontrolle des Alpha-Fetoproteins (AFP) als Marker für Tumorprogression oder -rezidiv.
Mögliche Komplikationen
- Nach Leberresektion:
- Leberinsuffizienz (bei unzureichender Restleberfunktion)
- Nachblutungen oder Gallenleckagen
- Wundinfektionen und Thrombosen
- Nach Lebertransplantation:
- Organabstoßung trotz Immunsuppression
- Infektionen durch Immunsuppression
- Rezidiv des HCC (selten, aber möglich)
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Leberresektion | Entfernung des betroffenen Lebersegments | Organerhaltend, kürzere Wartezeit auf Therapie | Hohes Rezidivrisiko, abhängig von Leberfunktion |
Orthotope Lebertransplantation | Kompletter Austausch der Leber durch Spenderorgan | Kurative Therapie für HCC und Leberzirrhose, niedrigere Rezidivrate | Organmangel, lebenslange Immunsuppression |
Lebendspende-LTx | Transplantation eines Lebersegments von lebendem Spender | Verkürzt Wartezeit, bessere Prognose als postmortale Transplantation | Operatives Risiko für Spender, postoperative Komplikationen |
Radiofrequenzablation (RFA, RFTA, RITA) | Thermische Zerstörung von Tumorzellen durch hochfrequente elektrische Ströme | Minimalinvasiv, ambulante Durchführung möglich | Risiko für inkomplette Tumorablation, nicht bei großen Tumoren geeignet |
Perkutane Ethanolinjektion (PEI) | Injektion von 95 % Ethanol in den Tumor zur Zellzerstörung | Einfache Technik, kostengünstig | Höhere Rezidivrate als RFA, weniger effektiv bei größeren Tumoren |
Transarterielle Chemoembolisation (TACE, TAE) | Applikation von Chemotherapeutika und Embolisation der tumorversorgenden Gefäße | Reduziert Tumorwachstum, Bridging-Therapie zur Transplantation | Nicht kurativ, potenzielle Leberfunktionsverschlechterung |
Weitere Hinweise
- Gemäß einer Metaanalyse (168 Studien; 9.527 Fälle) ist die laparoskopische Leberresektion (LLR) ein überzeugendes Verfahren, das mit einer niedrigen Mortalitätsrate (0,39 %) und wenig Komplikationen einhergeht [1].
- Der Vergleich einer Leberresektion (LR) mit einer Lebertransplantation (LTX) in Bezug auf Morbidität (Krankheitshäufigkeit) und Mortalität (Sterberate) bei Patienten mit frühem Leberzellkarzinom (HCC) bei kompensierter Leberzirrhose zeigte nach 1 und 3 Jahren keine signifikanten Unterschiede; erst nach 5 Jahren zeigte die LTX eine höhere Überlebensrate als die LR (66,67 versus 60,35 Prozent) [2].
- Patienten mit transarterieller Chemoembolisation (TAE, TACE), die zum Zeitpunkt der TAE mit Acetylsalicylsäure (ASS) behandelt wurden, hatten im Vergleich zu nicht mit ASS behandelten Patienten einen niedrigeren Bilirubinspiegel nach der Embolisation: ein Tag (0,9 vs. 1,3), ein Monat (0,9 vs. 1,2) und ein Jahr (0,8 vs. 1,0); die ASS behandelten Patienten lebten auch länger (57 versus 23 Monate) [3].
- HCC-Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung): Zwischen einer erneuten Leberresektion (Leberteilentfernung) und einer Radiofrequenzablation (Beschreibung siehe unter "Leberzellkarzinom/weitere Therapie/konventionelle nicht-operative Therapieverfahren") gab es keinen Unterschied beim Überleben in der Gesamtgruppe. In einer Subgruppe, die Patienten wiesen einen erhöhten AFP > 200 ng/ml oder Rezidivtumoren mit einem Durchmesser > 3 cm auf, war das Überleben nach chirurgischer Therapie länger. Möglicherweise ist eine erneute Leberresektion für diese Patienten deshalb geeigneter, da es sich bei diesen Patienten aufgrund des erhöhten AFP-Spiegels um aggressive Tumoren handelt [4].
Fazit
Die chirurgische Therapie des hepatozellulären Karzinoms ist entscheidend für die kurative Behandlung. Die Wahl zwischen Leberresektion und Lebertransplantation richtet sich nach Tumorstadium, Leberfunktion und Begleiterkrankungen. Während die Resektion bei guter Leberfunktion eine schnelle Option bietet, stellt die Lebertransplantation die umfassendste Therapie dar, da sie sowohl den Tumor als auch die zugrunde liegende Lebererkrankung behandelt. Regelmäßige Nachsorge ist essenziell, um Rezidive frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Literatur
- Ciria R et al.: Comparative Short-term Benefits of Laparoscopic Liver Resection: 9000 Cases and Climbing. doi: 10.1097/SLA.0000000000001413
- Schoenberg, MB et al.: Resektion oder Transplantation beim frühen hepatozellulären Karzinom. Systematisches Review und Metaanalyse. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(31-32): 519-26; doi: 10.3238/arztebl.2017.0519
- Boas FE et al.: Aspirin Is Associated With Improved Liver Function After Embolization of Hepatocellular Carcinoma American Journal of Roentgenology: 1-7. 10.2214/AJR.18.20846
- Xia Y et al.: Long-term Effects of Repeat Hepatectomy vs Percutaneous Radiofrequency Ablation Among Patients With Recurrent Hepatocellular Carcinoma. A Randomized Clinical Trial. JAMA Onco 2019; https://doi.org/10.1001/jamaoncol.2019.4477
- Lai Q et al.: Evaluation of the Intention-to-Treat Benefit of Living Donation in Patients With Hepatocellular Carcinoma Awaiting a Liver Transplant. JAMA Surg 2021; 156(9):e213112; https://doi.org/10.1001/jamasurg.2021.3112
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome. (AWMF-Registernummer: 032-053OL), August 2023 Kurzfassung Langfassung