Leberinsuffizienz – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Bei der Leberinsuffizienz kommt es zu einem progressiven Funktionsverlust der Leber, was schwerwiegende Folgen für den gesamten Organismus hat. Man unterscheidet dabei folgende Formen:

Akutes Leberversagen (ALV; akutes Leberversagen)

Ursachen:

  • Akute Virushepatitis: Besonders das Hepatitis-B-Virus (HBV) sowie andere hepatotrope Viren (Viren, die spezifisch die Leber betreffen), wie das Epstein-Barr-Virus (EBV), das Cytomegalievirus (CMV) und das Herpes-simplex-Virus (HSV), führen zu einer massiven Entzündung und Zerstörung der Leberzellen.
  • Toxisch induziertes Leberversagen: Häufig verursacht durch Alkoholmissbrauch (dabei spricht man von einer äthyltoxischen Leberzirrhose) oder den Einsatz von hepatotoxischen Medikamenten oder Substanzen (z. B. Paracetamol-Überdosierung).
  • Kryptogenes Leberversagen: Bei 30-50 % der Fälle von akutem Leberversagen bleibt die genaue Ursache unklar. Es wird vermutet, dass ein Großteil dieser Fälle auf autoimmunologische Prozesse zurückzuführen ist.

Subakutes Leberversagen (SALV; subakutes Leberversagen)

  • Dies ist ein seltener verlaufender Zustand, bei dem die Leberfunktion über Wochen bis Monate langsam abnimmt, in der Regel als Folge einer chronischen Lebererkrankung oder einer langsamen Virusinfektion.

Chronisches Leberversagen (CLV; chronisches Leberversagen)

  • Chronisches Leberversagen entwickelt sich meist allmählich, oft als Folge einer Leberzirrhose (Leberschrumpfung), die durch wiederholte Schädigungen der Leberzellen verursacht wird, z. B. durch langjährigen Alkoholmissbrauch, virale Infektionen (Hepatitis B und C) oder nicht-alkoholische Fettlebererkrankung.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Zellschädigung der Hepatozyten (Leberzellen): Bei allen Formen der Leberinsuffizienz steht der massive Zelltod der Hepatozyten im Vordergrund. Die Zellen werden durch Entzündungen, toxische Substanzen oder virale Infektionen geschädigt. Dies führt zu einem Funktionsverlust der Leber.
  • Verminderte Entgiftungsfunktion: Eine der Hauptaufgaben der Leber ist die Entgiftung des Blutes von Stoffwechselprodukten und Schadstoffen. Bei Leberinsuffizienz können neurotoxische Stoffe wie Ammoniak nicht mehr in Harnstoff umgewandelt werden, was zu neurologischen Symptomen wie der hepatischen Enzephalopathie führt.
  • Beeinträchtigte Syntheseleistung: Die Leber produziert wichtige Plasmaproteine wie Albumin und Gerinnungsfaktoren. Bei Leberversagen sinkt die Synthese dieser Substanzen, was zu einer gestörten Gerinnung (z. B. Blutungsneigung) und zu Ödemen (Wassereinlagerungen im Gewebe) führt.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

  • Aszites: Aufgrund des Mangels an Albumin und der erhöhten Druckbelastung in der Pfortader (Blutgefäß, das Blut zur Leber führt) entwickelt sich häufig ein Aszites (Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum).
  • Hepatorenales Syndrom: Eine fortgeschrittene Leberinsuffizienz kann zu Nierenversagen führen, da die Durchblutung der Nieren gestört wird. Dies wird als Hepatorenales Syndrom bezeichnet.
  • Hepatopulmonales Syndrom: Auch die Lunge kann betroffen sein, was sich in einer veränderten Sauerstoffaufnahme und Atemnot äußern kann.

Klinische Manifestation

  • Ikterus (Gelbsucht): Ein frühes Symptom bei Leberinsuffizienz ist der Ikterus, der durch eine erhöhte Konzentration von Bilirubin im Blut verursacht wird. Dies führt zu einer Gelbfärbung der Haut und der Augen.
  • Hepatische Enzephalopathie: Die Anreicherung von neurotoxischen Stoffen wie Ammoniak führt zu neurologischen Symptomen, die von Verwirrtheit und Schlafstörungen bis zum Leberkoma reichen können.
  • Koagulopathie: Aufgrund der verminderten Bildung von Gerinnungsfaktoren durch die Leber kommt es zu einer gestörten Blutgerinnung mit erhöhter Blutungsneigung.

Progression und Organbeteiligung

  • Hepatorenales Syndrom: Fortschreitendes Leberversagen führt oft zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion, was das Hepatorenale Syndrom verursacht. Dies verschlimmert den klinischen Zustand erheblich und erhöht das Risiko für Komplikationen.
  • Multiorganversagen: Im Endstadium der Leberinsuffizienz kann es zu einem Multiorganversagen kommen, da viele Organe durch die fehlende Entgiftung und die gestörte Stoffwechselregulation der Leber geschädigt werden.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

  • Beeinträchtigung der Synthese von Gerinnungsfaktoren: Dies führt zu einer gestörten Blutgerinnung und erhöht das Risiko für spontane Blutungen.
  • Gestörte Proteinsynthese: Der Mangel an Albumin führt zu einer vermehrten Ödembildung (Wassereinlagerungen im Gewebe) und zu einem Aszites (Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum).

Regenerative und kompensatorische Prozesse

  • Regenerationspotenzial der Leber: Die Leber besitzt die Fähigkeit zur Regeneration, doch bei fortschreitender Zirrhose oder chronischen Schädigungen ist diese Kapazität oft stark eingeschränkt.
  • Kompensatorische Mechanismen: Der Körper versucht, die verminderten Leberfunktionen durch vermehrte Aktivität anderer Organe (wie der Niere oder des Darms) auszugleichen, doch diese Prozesse sind oft unzureichend, um die schweren metabolischen Störungen auszugleichen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Leberinsuffizienz stellt eine lebensbedrohliche Erkrankung dar, die zu erheblichen metabolischen und systemischen Störungen führt. Akutes, subakutes und chronisches Leberversagen resultieren aus unterschiedlichen Ursachen, doch alle Formen führen zu einem massiven Funktionsverlust der Leber. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der auslösenden Ursache sowie supportive Maßnahmen zur Stabilisierung der Organfunktionen sind entscheidend, um das Fortschreiten des Leberversagens und die Entwicklung schwerwiegender Komplikationen zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung
    • Genetische Erkrankungen
      • Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATD; α1-Antitrypsin-Mangel; Synonyme: Laurell-Eriksson-Syndrom, Proteaseinhibitormangel, AAT-Defizit) – relativ häufige genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, bei der aufgrund eines Polymorphismus (Auftreten mehrerer Genvarianten) zu wenig Alpha-1-Antitrypsin gebildet wird. Ein Mangel an Proteaseinhibitoren zeigt sich an der mangelnden Hemmung der Elastase, wodurch das Elastin der Lungenalveolen zersetzt wird. Infolgedessen kommt es zur chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Lungenemphysem (COPD, progrediente (fortschreitende), nicht vollständig reversible (umkehrbare) Obstruktion (Verengung) der Atemwege). An der Leber führt der Mangel an Proteaseinhibitoren zu einer chronischen Hepatitis (Leberentzündung) mit Übergang zur Leberzirrhose (nicht umkehrbare Schädigung der Leber mit ausgeprägtem Umbau des Lebergewebes).
        Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) des homozygoten Alpha-1-Antitrypsin-Mangels wird in der europäischen Bevölkerung auf 0,01-0,02 Prozent geschätzt.
      • Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang mit vermehrter Ablagerung von Eisen als Folge einer erhöhten Eisenkonzentration im Blut mit Gewebeschädigung 
      • Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit) – autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, bei der durch eine oder mehrere Genmutationen der Kupferstoffwechsel in der Leber gestört ist
      • Speicherkrankheiten

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol
  • Drogenkonsum
    • Ecstasy (auch XTC, Molly u. a.) – Methylendioxymethylamphetamin (MDMA); Dosierung im Mittel 80 mg (1-700 mg); gehört strukturell zur Gruppe der Amphetamine 
    • Kokain

Krankheitsbedingte Ursachen

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Budd-Chiari-Syndrom – thrombotischer Verschluss der Lebervenen
  • Ischämie (verminderte oder aufgehobene Durchblutung eines Gewebes infolge mangelnder arterieller Zufuhr von Blut) der Leber/Schock
  • Veno-occlusive Disease (Verschluss der Lebervenen)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Akute Virushepatitis (HBV; akute Leberentzündung durch das Hepatitis-B-Virus) bzw. andere hepatotrope Viren (EBV, CMV, HSV)
  • Bakterielle Infektionen – Auslöser für ein akut-auf-chronisches Leberversagen (engl. acute-on-chronic liver failure, ACLF) 

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Hepatitis (Leberentzündung), nicht näher bezeichnet [Hepatitis A, B, C, D, E]
  • Leberzirrhose ‒ bindegewebiger Umbau der Leber, der mit Funktionseinschränkung einhergeht
  • Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) – chronische Entzündung der extra- und intrahepatischen (außerhalb und innerhalb der Leber gelegenen) Gallengänge; in 80 % der Fälle mit einer Colitis ulcerosa assoziiert; Langzeitrisiko für ein cholangiozelluläres Karzinom (bösartiger Tumor der Gallengänge der Leber) liegt bei 7-15 %
  • Schwangerschaftsfettleber

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00-O99)

  • HELLP-Syndrom (H = hemolysis (Hämolyse/Auflösung der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) im Blut), EL = elevated liver enzymes (Erhöhung der Leberenzyme), LP = low platelets (Thrombozytopenie/Verminderung der  Blutplättchen)

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Graft-versus-host-Krankheit (Transplantat-Wirt-Reaktion)
  • Schockleber

Medikamente (hepatotoxisch) → Arzneimittel-induzierter Leberschaden [Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit]

  • Allopurinol
  • Analgetika (inkl. NSAR)
    • Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen, Indometacin, Metamizol*, Paracetamol** (Acetaminophen), Sulindac
      *In Zusammenhang mit Metamizol liegen Berichte eines arzneimittelbedingten Leberschadens vor (drug-inuced liver injury, DILI). Ein DILI kann potenziell schwerwiegende Folgen wie akutes Leberversagen haben [4].
      **Eine nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD)/nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) kann die hepatotoxische Wirkung bestimmter Medikamente, z. B. Paracetamol, verstärken. Für viele potenziell hepatotoxischen Medikamente existieren derzeit jedoch keine belastbaren Daten zum Einfluss auf eine NAFL/NASH, die deren Gebrauch einschränken würden. (starker Konsens) [S2k-Leitlinie]
    • Flupirtin (nicht-opioides Analgetikum) [Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) empfiehlt Rücknahme der Marktzulassung, 2018]
    • Meloxicam [6] 
  • Antiarrhythmika – Amiodaron [6]
  • Antiasthmatika
    • Leukotrien-Rezeptorantagonist – Montelukast [6]
  • Antibiotika
    • Aminoglycosidantibiotika (Gentamycin)
    • Aminopenicilline (Amoxicillin) [6] – besonders häufig die Kombination: Amoxicillin und Clavulansäure
    • Cephalexin [6]
    • Clavulansäure [6]
    • Gyrasehemmer – Chinolone: Ciprofloxacin [6], Levofloxacin [6], Moxifloxacin [6]
    • Isoxazolylpenicilline (sogenannte Staphylokokken-Penicilline) – Oxacillin
    • Ketolide
    • Lincosamid-Antibiotika (Lincosamide) – Clindamycin
    • Makrolidantibiotika (Makrolide) – Azithromycin [6], Clarithromycin [6], Erythromycin
    • Nitroimidazole (Metronidazol [6])
    • Nitrofurantoin
    • Penicilline (Flucloxacillin)
    • Sulfonamide (Sulfasalazin, Synonym: Salazosulfapyridin)
    • Tetracycline (Doxycyclin)
    • Trimethoprim/Sulfamethoxazol [6]
  • Antidepressiva
    • Dual-serotonerge Antidepressiva (DSA) – Nefazodon
    • Melatonin-Rezeptor-Agonisten (MT1/MT) und Serotonin 5-HT2C-Rezeptor-Antagonisten – Agomelatin; kontrainidiziert bei Patienten ab 75 Jahren
    • Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva (NaSSA) – Mirtazapin
    • Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) – Duloxetin [6], Venlafaxin [6]
    • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Selective Serotonin Reuptake Inhibitor, SSRI) – Citalopram [6], Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin, Trazodon
    • Selektive Dopamin- und Noradrenalin- (geringfügig auch Serotonin-) Wiederaufnahmehemmer (NDRI) – Bupropion
    • Trizyklische Antidepressiva (TZA) – Amitriptylin
  • Antidiabetika – Acarbose, Glimepirid [6], Glipizid [6], Glyburid [6], Pioglitazon [6], Rosiglitazon [6]
  • Antiepileptika – Carbamazepin, Levetiracetam [6], Pregabalin [6], Valproat
  • Antihistaminika – Cyproheptadin [6], Famotidin [6], Levocetirizin [6], Ranitidin [6]
  • Antihypertensiva – Alphamethyldopa, Amlodipin [6], Nifedipin, Hydralazin [6], Diltiazem, Captopril [6], Enalapril, Lisinopril, Fosinopril, Ramipril [6], Verapamil, Irbesartan, Losartan
  • Antikoagulantien
    • Phenprocoumon (Produktnamen: Marcumar, Falithrom), Clopidogrel 
    • Neue orale Antikoagulantien (NOAK, NOAC; direkte orale Antikoagulantien, DOAK)
      • Direkter Faktor Xa-Inhibitor (Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban)
      • Direkter und selektiver Faktor-Xa-Inhibitor (Apixaban)
      • Selektiver Thrombininhibitor (Dabigatran)
  • Antikonvulsiva – Lamotrigin [6], Valproinsäure/Valproat, Carbamazepin, Gabapentin, Phenopbarbital, Phenytoin, Topiramat [6]
  • Antimykotika
    • Allylamine (Terbinafin)
    • Fluconazol (Triazol) [6]
    • Ketoconazol [6]
    • Polyen-Makrolakton (Amphotericin, Liposomales Amphotericin B)
  • Antiparasitika – Ivermectin
  • Antipsychotika (Neuroleptika) – Carbamazepin, Chlorpromazin [6], Phenobarbital, Phenothiazine, Phenytoin, Prochlorperazin [6], Risperidon, Valproinsäure (bei Therapie mit Antipsychotika der zweiten Generation signifikant häufiger Erhöhung der Leberenzyme als bei solchen der ersten Generation)
    • Antipsychotika der ersten Generation: Perazin (höchstes Risiko einer Leberenzymerhöhung)
    • Antipsychotika der zweiten Generation: Olanzapin [6], Clozapin, Risperidon, Quetiapin [6], Amisulprid und Aripiprazol (absteigende Rate der Leberzellerhöhungen)
    • Phenothiazine ("trizyklische Neuroleptia"): höhere Raten von Leberenzymerhöhungen als Thioxanthene und Butyrophenone
    • Risperidon: geringste Beeinflussung der GPT- und Gamma-GT-Werte
  • Antirheumatika – Adalimumab [6], Etodolac [6], Mesalamin [6], Naproxen [6], Piroxicam [6]
  • Antituberkulostatika – Isoniazid [6], Pyrazinamid, Rifampicin, Rifabutin
  • α-Methyldopa
  • Botanicals – Kurkuma (> 1.000 mg/Tag), Grüntee (400-1.000 mg Grüntee-Extrakt pro Tag),), Grüntee (400-1.000 mg Grüntee-Extrakt pro Tag), Garcinia cambogia (1.000-1.500 mg Hydroxyzitronensäure (HCA) täglich), Traubensilberkerze (40-80 mg Traubensilberkerze-Extrakt täglich), Rotschimmelreis (über 1.200 mg täglich) oder Ashwagandha (300-500 mg Extrakt pro Tag)
  • Cannabidiol (CBD) – Daten aus den USA weisen bei Produkten, die hohe Dosen CBD enthalten, auf potentielle hepatotoxische Effekte hin: Risiko für erhöhte Leberenzyme (6-fach erhöhtes Risiko) und arzneimittelbedingte Leberschäden [22].
  • Checkpointhemmer (Immuncheckpointhemmer, ICI): scheint ein erhöhtes Risiko für Leberversagen zu bestehen [7]
  • Cholesterinresorptionshemmer – Ezetimib [6]
  • Chloralhydrat
  • COX-2-Hemmer – Celecoxib [6]
  • Disulfiram (INN), auch Tetraethylthiuramdisulfid (TETD)
  • Drogen
    • Ecstasy (Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Phenylethylaminen)
    • Kokain
  • EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor – Erlotinib [6], Lapatinib
  • Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (Endothelinrezeptorantagonisten) – Ambrisentan, Bosentan
  • Hormone
  • Anabolika (anabole Steroide)
    • Antiöstrogene – Tamoxifen
    • Östrogene (Ethinylestradiol, Estradiol) [6]
    • Orale Antikonzeptiva, nicht näher bezeichnet
    • Progesteron-Modulator Ulipristal (Ulipristalacetat)
    • Testosteron
  • Immunsuppressiva
    • Azathioprin [6], Ciclosporin (Cyclosporin A), Daclizumab, Fingolimod, Lenalidomid [6], Mercaptopurin, Natalizumab, Teriflunomid, Thalidomid [6]
    • Immun-Checkpoint-Inhibitoren gegen PD-1, PD-L1 und CTLA-4
    • Fingolimod – Fälle von akutem Leberversagen, die eine Lebertransplantation erforderten
    • Pirfenidon – arzneimittelinduzierter Leberschäden (drug-indiced liver injury, DILI) einschließlich Fälle mit tödlichem Ausgang [2]
  • Intestinaler Entzündungshemmer – Sulfasalzin
  • Lipidsenker – Fenofibrat [6], Gemfibrozil [6]
  • Motilinagonist
  • Narkosemittel – Halothan
  • Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor – Atomoxetin
  • Orlistat
  • Petadolex (Pestwurz) [selten]
  • Phytopharmaka – z. B. Kava Kava, Usnea barbata, Schöllkraut (z. B. enthalten in Iberogast)
  • Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) – Lansoprazol [6], Omeprazol [6], Pantoprazol [6]
  • Psychotrope Substanzen wie Modafinil [Alkalische Phosphatase ↑, Gamma-GT ↑]
  • Pyrrolizidinalkaloide (sekundärer Pflanzenstoff)
  • Stimulanzien
    • Amphetamin [6]
    • Methylphenidat [6]
  • Statine (HMG-CoA-Reduktasehemmer), nicht näher bezeichnet
  • Sympatholytika
    • Alphablocker (Alpha-Adrenorezeptor-Antagonisten) – Alfuzosin [6]
  • Thyreostatika – Carbimazol, Methimazol [6]Thiamazol
  • Tyrosinkinaseinhibitoren (TKi) – Bosutinib, Nintedanib
  • Urikostatika – Febuxostat
  • Vitamine
    • Vitamin B3 (Niacin) > 500 mg/d (NRV: 16 mg; sichere tägliche Höchstmenge für Nicotinsäure liegt bei 10 mg)
  • Virostatika
    • Nichtnukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) – Nevirapin
    • Nukleosid-Analoga – Abacavir, Fialuridin, Stavudin [6]
    • Proteaseinhibitoren (PI; Proteasehemmer) – Amprenavir, Ritonavir
  • Zytostatika – Anthracycline, Cytarabin, Dacarbazin, Flutamin, Isoniazid, Methotrexat (MTX), Temozolomid (bis zum Organversagen)
  • Weiteres – hypertone Kochsalzlösung, Quinin [6], Vitamin A-Intoxikation, Thorotrast

Forscher der Universität Island in Reykjavik hatten in ihrer Studie über zwei Jahre sämtliche Fälle von arzneimittelinduzierten Leberschäden analysiert. Dabei zeigte sich, dass im Durchschnitt 19 von 100.000 Einwohnern pro Jahr einen Leberschaden durch Medikamente erlitten.

Zu den Medikamenten, die häufig die Leber beeinträchtigen, gehörten neben Paracetamol und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) vor allem Antibiotika. So war die Kombination aus Amoxicillin und Clavulansäure für 22 % der Schäden verantwortlich [1].

Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigte, dass die Einnahme folgender Medikamente mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu Leberschäden führt: Stavudin (HIV-Medikament; höchste Inzidenz akuter Leberschäden (86,4 %)), Krebsmedikamente (v. a. Erlotinib, Lenalidomid, Chlorpromazin), Metronidazol, Prochlorperazin und Isoniazid [6].

Umweltbelastungen – Intoxikationen 

  • Knollenblätterpilz-Intoxikation (Amanitinen)
  • Tetrachlorkohlenstoff

Literatur

  1. Björnsson ES, Bergmann OM, Björnsson HK, Kvaran RB, Olafsson S: Incidence, presentation, and outcomes in patients with drug-induced liver injury in the general population of iceland. Gastroenterology. 2013 Jun;144(7):1419-25, 1425.e1-3; quiz e19-20. doi: 10.1053/j.gastro.2013.02.006. Epub 2013 Feb 16.
  2. Rote-Hand-Brief zu Esbriet® (Pirfenidon)
  3. Rote-Hand-Brief zu Gilenya® (Fingolimod)
  4. Rote-Hand-Brief zu Metamizol vom 15.12.2020
  5. Lo LA et al.: Cannabidiol-associated hepatotoxicity: A systematic review and meta-analysis Journal of Internal Medicine 13 March 2023 https://doi.org/10.1111/joim.13627
  6. Torgersen J, Mezochow AK, Newcomb CW et al.: Severe Acute Liver Injury After Hepatotoxic Medication Initiation in Real-World Data. JAMA Intern Med. 2024 Jun 24. doi: 10.1001/jamainternmed.2024.1836.
  7. Yan YX et al.: Hepatic failure associated with immune checkpoint inhibitors: An analysis of the Food and Drug Administration Adverse Event Reporting System database Cancer Medicine 03 February 2023. doi.org/10.1002/cam4.5655

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen. (AWMF-Registernummer: 021-025), Februar 2022 Langfassung