Hepatitis D – Einleitung
Die Hepatitis D ist eine virale Leberentzündung, die durch das Hepatitis-Delta-Virus (HDV) verursacht wird. Diese Infektion tritt nur in Kombination mit einer Hepatitis B-Infektion auf, da das HDV für seine Replikation das Hüllprotein des Hepatitis-B-Virus (HBV) benötigt. Ohne eine bestehende Hepatitis B-Infektion kann es nicht zu einer Hepatitis D-Infektion kommen.
Thesaurus-Synonyme und ICD-10: akute Virushepatitis B mit Begleitinfektion durch Delta-Virus; HBV/HDV-Koinfektion; HD-Virus Infektion; HD-Virus-Infektion; Hepatitis B und D; Hepatitis Delta; Virushepatitis B mit Delta-Virus; ICD-10-GM B16.0: Akute Virushepatitis B mit Delta-Virus (Begleitinfektion) und mit Coma hepaticum; CD-10-GM B16.1: Akute Virushepatitis B mit Delta-Virus (Begleitinfektion) ohne Coma hepaticum
Man kann acht HDV-Genotypen unterscheiden.
Charakteristische Laborbefunde
- Erhöhte Transaminasen (ALT, AST): Deutlicher Anstieg, oft stärker ausgeprägt als bei alleiniger HBV-Infektion.
- Positiver HBsAg (Hepatitis-B-Oberflächenantigen): Indikator für eine HBV-Infektion, notwendig für die HDV-Replikation.
- Positiver Anti-HDV-Antikörper: Nachweis einer HDV-Infektion.
- HDV-RNA-Nachweis: Bestätigt die aktive Virusvermehrung des Hepatitis-Delta-Virus.
- Erhöhte Bilirubinwerte: Kann bei schwerer Leberentzündung auftreten.
Formen der Erkrankung
- Koinfektion (Simultaninfektion): Hepatitis B und D treten zeitgleich auf. Diese Form hat in der Regel einen schweren Verlauf, aber die Chronifizierungsrate ist mit bis zu 5 % relativ niedrig.
- Superinfektion: HDV infiziert eine Person, die bereits Träger des Hepatitis-B-Virus ist. Die Superinfektion verläuft meist schwerer als die Koinfektion und hat eine hohe Chronifizierungsrate von etwa 90 %.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Häufigkeitsgipfel: Am häufigsten im mittleren Lebensalter (35-55 Jahre).
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
- Weltweit: Die Prävalenz variiert je nach Region. In Endemiegebieten (z. B. Mittelmeerraum, Naher Osten) sind bis zu 40 % der HBV-Infizierten auch mit HDV infiziert.
- Deutschland: Selten, etwa 5 % der HBV-Infizierten sind auch mit HDV infiziert. In Europa sind bis zu 12 % der an Hepatitis B erkrankten Personen auch vom Hepatitis D-Virus infiziert.
- Endemiegebiete: In Regionen wie Brasilien und Rumänien sind bis zu 40 % der HBV-Infizierten auch mit HDV koinfiziert.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die genaue Inzidenz ist schwer zu bestimmen, variiert jedoch stark je nach Region und Risikofaktor.
Saisonale Häufung: Keine signifikante saisonale Variation bekannt.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Hepatitis-Delta-Virus (HDV), ein defektes RNA-Virus (Viroid).
Erregerreservoir: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir für HDV.
Vorkommen: Weltweit verbreitet, insbesondere in endemischen Gebieten wie dem Mittelmeerraum, dem Nahen Osten, Pakistan, der Mongolei und dem Amazonasgebiet.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: HDV wird hauptsächlich parenteral übertragen, meist durch Kontakt mit infiziertem Blut.
Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Mittel, abhängig vom Übertragungsweg und der Viruslast.
Übertragungsweg:
- Parenterale Übertragung: Über Blutkonserven (Transfusionen/Infusionen), kontaminierte Nadeln (intravenöser Drogenkonsum), medizinische Eingriffe.
- Sexuelle Übertragung: Möglich, insbesondere bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr.
- Perinatale Übertragung: Von der Mutter auf das Neugeborene während der Geburt; weniger häufig als bei Hepatitis B.
Eintrittspforte: Haut oder Schleimhautkontakt mit infiziertem Blut.
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 4-12 Wochen, bei Superinfektion kürzer als bei Koinfektion.
Krankheitsdauer: Akute Phase dauert Wochen bis Monate; bei chronischer Infektion kann die Krankheit Jahre bis Jahrzehnte andauern.
Dauer der Infektiosität: Solange HDV-RNA im Blut nachweisbar ist.
Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Varianz je nach Region; hoch in Endemiegebieten, niedriger in Industrieländern.
Erregerspezifische Immunität: Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt gleichzeitig gegen Hepatitis D, da HDV ohne HBV nicht replizieren kann.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Akute Hepatitis B-/Hepatitis D-Koinfektion:
- Symptomatik: Diese Form ist meist symptomatisch und zeigt häufig einen schweren Verlauf. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel zwischen 4-12 Wochen, wobei sie bei einer Superinfektion kürzer ist als bei einer Koinfektion.
- Chronifizierung: Die Rate der Chronifizierung liegt bei bis zu 5 %, vergleichbar mit der Chronifizierungsrate der alleinigen Hepatitis B-Infektion.
- Superinfektion: Tritt das Hepatitis-Delta-Virus bei einem bereits bestehenden Hepatitis-B-Virus-Träger auf, spricht man von einer Superinfektion. Diese hat eine kürzere Inkubationszeit und verläuft meistens schwerer als eine Koinfektion.
- Progression: Innerhalb von 5 bis 10 Jahren kann es zu einer schnelleren Progression zur Leberzirrhose kommen als bei einer HBV-Monoinfektion. Auch das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC; Leberkrebs) ist erhöht.
Prognose
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Chronische Hepatitis-D-Infektion:
- Langzeitfolgen: Bei einer chronischen Hepatitis-D-Infektion, die durch das Vorhandensein von HDV-RNA im Blut über mehr als sechs Monate definiert wird, erfolgt die Progression zur Leberzirrhose und HCC schneller als bei alleiniger HBV-Infektion.
- Therapie: Die Therapie der chronischen Hepatitis-D-Infektion erfolgt mit PEG-Interferonen über 12 Monate. Neuere Therapiemöglichkeiten umfassen den Einsatz von Bulevirtide.
- Prognose: Die Prognose der Hepatitis B-/Hepatitis D-Koinfektion oder Superinfektion ist schlechter als die einer alleinigen Hepatitis B-Infektion. Dies liegt an der erhöhten Wahrscheinlichkeit für fulminante Verläufe und der Neigung zur Chronifizierung, die zu einer Leberzirrhose führt. Die Letalität bei diesen Patienten ist etwa zehnmal höher als bei alleiniger Hepatitis B-Infektion.
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Heilungschancen:
- Simultaninfektion: Bei einer zeitgleichen Infektion mit Hepatitis B und D (Simultaninfektion) liegen die Heilungschancen bei etwa 95 %.
- Superinfektion: Bei einer Superinfektion sind die Heilungschancen gering, und die Chronifizierungsrate liegt bei etwa 90 %.
Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Hepatitis B schützt gleichzeitig gegen Hepatitis D.
Für die Hepatitis-B-Postexpositionsprophylaxe (passive Immunisierung; zur Vermeidung einer Erkrankung bei Personen, die gegen Hepatitis B nicht durch Impfung geschützt sind, dieser aber ausgesetzt waren) steht ein Hepatitis-B-Immunglobulin zur Verfügung.
In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen.