Hepatische Enzephalopathie – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der hepatischen Enzephalopathie (HE) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie häufige Fälle von Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose (Leberschrumpfung), Hepatitis, Morbus Wilson)?
  • Wurde bei Familienmitgliedern eine genetisch bedingte Lebererkrankung oder Stoffwechselerkrankung diagnostiziert?
  • Bestehen in Ihrer Familie psychiatrische oder neurologische Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen könnten?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie in Ihrem Beruf schädigenden Arbeitsstoffen ausgesetzt (z. B. organische Lösungsmittel, Schwermetalle)?
    • Gedenken Sie vorzeitig in Rente zu gehen (Frührente wegen Krankheit)?
  • Sind Sie arbeitslos oder haben Sie finanzielle Sorgen?
  • Haben Sie aktuell psychosozialen Stress, familiäre oder berufliche Belastungen?
  • Wie sieht Ihre Wohnsituation aus? Leben Sie alleine oder mit Angehörigen, die Veränderungen bemerken könnten?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Fühlen Sie sich häufig müde oder abgeschlagen?
  • Hat Ihre geistige Leistungsfähigkeit nachgelassen (z. B. Vergesslichkeit, Schwierigkeiten bei komplexen Aufgaben, verlangsamtes Denken)?*
  • Bestehen Konzentrationsprobleme oder eine zunehmende Verwirrtheit?*
  • Hat sich Ihre Handschrift verändert oder sind feinmotorische Tätigkeiten erschwert?*
  • Ist Ihnen ein Zittern der Hände aufgefallen (z. B. Flapping Tremor – unkontrolliertes Zittern der Hände bei ausgestreckten Armen)?*
  • Haben Sie eine Gelbfärbung der Haut oder Augen bemerkt?*
  • Bestehen bei Ihnen Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit oder depressive Verstimmungen?
  • Haben Angehörige oder Freunde Veränderungen Ihrer Persönlichkeit oder Ihres Verhaltens festgestellt?*
  • Hatten Sie in der Vergangenheit Episoden von Desorientierung oder Bewusstseinsstörungen?*
  • Haben Sie Krampfanfälle oder unwillkürliche Muskelzuckungen bemerkt?*
  • Bestehen Symptome wie Verwirrtheit, Wortfindungsstörungen oder Orientierungsprobleme?*
  • Haben Sie Schmerzen oder Druckgefühle im Oberbauch?
  • Leiden Sie unter Übelkeit, Erbrechen oder wiederkehrendem Durchfall?
  • Bestehen Veränderungen der Stuhlgewohnheiten (z. B. helle Stühle, Teerstuhl, Verstopfung)?
  • Bestehen Schwellungen der Beine oder des Bauches (Aszites, Ödeme)?*
  • Haben Sie Nasenbluten oder eine verstärkte Neigung zu blauen Flecken festgestellt?*
  • Bestehen Muskelkrämpfe oder Muskelschwäche?
  • Sind Ihnen eine verstärkte Schläfrigkeit oder phasenweise Apathie (Teilnahmslosigkeit) aufgefallen?*
  • Haben Sie eine veränderte Urinausscheidung bemerkt (dunkler Urin, vermehrtes oder vermindertes Wasserlassen)?*
  • Seit wann bestehen die Symptome? Haben sie sich verändert oder verstärkt?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in letzter Zeit ungewollt an Gewicht verloren oder an Gewicht zugenommen? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Haben Sie Appetitverlust festgestellt?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
    • Essen Sie sehr proteinreich (z. B. große Mengen Fleisch, Hülsenfrüchte, Milchprodukte)?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Erkrankungen des Nervensystems (z. B. Morbus Parkinson, Epilepsie (Krampfanfälle), Morbus Alzheimer)?
    • Gastrointestinale Erkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)?
    • Hämatologische Erkrankungen (z. B. Anämien (Blutarmut), Gerinnungsstörungen)?
    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Hypertonie (Bluthochdruck), Herzinsuffizienz (Herzschwäche))?
    • Infektionskrankheiten (z. B. Tuberkulose, HIV)?
    • Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose (Leberschrumpfung), Hepatitis B/C, Fettleber, Morbus Wilson, Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit))?
    • Psychiatrische Erkrankungen (z. B. Depression, Angststörungen)?
    • Stoffwechselstörungen (z. B. Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen)?
  • Operationen:
    • Lebertransplantation oder Leberresektion?
    • Magen-Darm-Operationen?
    • Shunt-Operationen bei portaler Hypertension?
  • Bestehen Unverträglichkeiten gegen Medikamente oder Nahrungsmittel?
  • Bestehen aktuelle oder frühere Schwangerschaften? Gab es Schwangerschaftskomplikationen?

Medikamentenanamnese

  • Laxantien (Abführmittel)
  • Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) – können bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose dosisabhängig das Risiko für eine hepatische Enzephalopathie erhöhen [1]
  • Sedativa (Beruhigungsmittel)

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Chia-Fen T et al.: Proton Pump Inhibitors Increase Risk for Hepatic Encephalopathy in Patients With Cirrhosis in A Population Study. Gastroenterology, 2017; 152(1): 134-141 doi: http://dx.doi.org/10.1053/j.gastro.2016.09.0