Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) tritt in den meisten Fällen als Komplikation einer Cholezystolithiasis (Gallensteinleiden) auf, wobei der Stein den Ductus cysticus (Gallenblasengang) blockiert. Dieser Verschluss führt zur Stase (Stauung) der Gallenflüssigkeit und schafft ein günstiges Milieu für bakterielle Infektionen. Die häufigste Form ist die kalkulöse Cholezystitis (Gallenblasenentzündung durch Gallensteine), bei der Gallensteine eine wesentliche Rolle spielen, doch es existieren auch Formen ohne Steine, die als akalkulöse Cholezystitis (Gallenblasenentzündung ohne Steine) bezeichnet werden.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Gallenstauung (Cholestase): Die Obstruktion (Verschluss) des Ductus cysticus (Gallenblasengang) durch Gallensteine führt zu einem Rückstau der Galle und einer erhöhten Druckbelastung auf die Gallenblasenwand.
  • Bakterielle Infektion: In bis zu 85 % der Fälle kommt es zu einer sekundären Infektion. Die häufigsten Erreger sind:
    • Escherichia coli (gramnegatives Darmbakterium),
    • Streptococcus faecalis (Enterokokken, Darmbakterien),
    • Klebsiellen (gramnegative Bakterien),
    • Enterobacter (gramnegative Bakterien),
    • Clostridium perfringens (anaerobes Bakterium).
  • Entzündungsreaktion: Die Stase (Stauung) der Galle fördert die Ansiedlung von Bakterien, die eine lokale Immunantwort und eine Entzündung der Gallenblasenwand auslösen.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

  • Ischämische Schädigung (verminderte Durchblutung): Der erhöhte Druck in der Gallenblase behindert die Blutversorgung und verstärkt die Entzündungsprozesse.
  • Epitheliale Schädigung (Schädigung der Deckschicht): Die Kombination aus Gallenstau und bakterieller Infektion schwächt die Schutzbarriere des Gallenblasenepithels (Deckgewebe der Gallenblase), was die Ausbreitung der Entzündung begünstigt.
  • Eiterbildung (Empyem): In schweren Fällen kann es zur Ansammlung von Eiter in der Gallenblase kommen, was als Gallenblasenempyem bezeichnet wird.

Klinische Manifestation

  • Schmerzen im rechten Oberbauch: Ein Leitsymptom der Cholezystitis sind kolikartige oder kontinuierliche Schmerzen im rechten Oberbauch, die in den rechten Schulterbereich ausstrahlen können.
  • Fieber und Schüttelfrost: Bei einer bakteriellen Infektion treten oft Fieber und Schüttelfrost auf.
  • Übelkeit und Erbrechen: Diese unspezifischen Symptome treten häufig bei akuter Cholezystitis auf.
  • Ikterus (Gelbsucht): Bei Beteiligung des Gallengangs durch einen Stein oder eine schwere Entzündung kann ein Verschlussikterus (Verstopfung des Gallengangs) entstehen.

Progression und Organbeteiligung

  • Gallenblasenperforation (Durchbruch der Gallenblase): In schweren, unbehandelten Fällen kann es zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis) kommen.
  • Lokale Ausbreitung: Die Entzündung kann auf benachbarte Strukturen wie die Leber, den Gallengang oder den Darm übergreifen.
  • Gallengangsinfektion (Cholangitis): Eine Infektion des Gallengangs kann auftreten, wenn die Infektion in den Ductus choledochus (Hauptgallengang) aufsteigt.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

  • Verdickung und Vernarbung der Gallenblasenwand: Wiederholte Episoden einer akuten Cholezystitis führen zu Fibrosen (Narbenbildung) und einer chronischen Entzündung der Gallenblase.
  • Eingeschränkte Gallenblasenfunktion: Chronische Entzündungen beeinträchtigen die Kontraktionsfähigkeit der Gallenblase, was zu einer verminderten Entleerung der Galle führt.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

  • Fibrosierung (Vernarbung): Die Gallenblasenwand reagiert auf die wiederholte Entzündung mit einer Vernarbung, was zu einer Schrumpfgallenblase führen kann.
  • Komplexe Immunantwort: Das Immunsystem versucht, die bakterielle Infektion einzudämmen und das Gewebe zu reparieren, was jedoch zu einer Chronifizierung (Langfristigkeit) der Entzündung führen kann.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Cholezystitis ist eine häufige Komplikation der Gallensteinbildung. Die Obstruktion des Gallenblasengangs führt zu einer Stase der Galle und fördert bakterielle Infektionen. Die Erkrankung kann zu erheblichen Komplikationen wie einer Perforation (Durchbruch) oder einer aufsteigenden Cholangitis (Gallengangsinfektion) führen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
  • Hormonelle Faktoren

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Hyperalimentation (Überernährung)
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) 

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Aktinomykose – chronische Infektionserkrankung, die durch einen Pilz verursacht wird
  • Bakterielle Besiedlung der Gallenblase
  • Cholezystolithiasis (Gallensteinleiden); 95 % der akuten Cholezystitiden entstehen durch eine Cholezystolithiasis
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Gallenblasenkarzinom (Gallenblasenkrebs)
  • Gallenblasentorsion – Verdrehung der Gallenblase
  • Koronare Herzkrankheit (KHK) – Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) der Herzkranzgefäße
  • Parasitärer Befall der Gallenblase
  • Sarkoidose – entzündliche Systemerkrankung, die vor allem die Lymphknoten, die Lunge und die Gelenke betrifft
  • Syphilis (Lues) – sexuell übertragbare Infektionserkrankung
  • Tuberkulose (Schwindsucht)
  • Vaskulitis (Gefäßentzündung)
  • Zustand nach großen Operationen
  • Zustand nach schweren Traumata (Verletzungen)
  • Zustand nach Verbrennungen

Medikamente

  • Dipeptidylpeptidase(DPP)-4-Hemmer (DPP-4-Inhibitoren) – insb. bei längerer Anwendungsdauer [1]

Weitere Ursachen

  • Protrahierte Geburt – Geburtsdauer von mehr als 18 Stunden bei Erst- und über 12 Stunden bei Mehrgebärenden

Literatur

  1. He L et al.: Dipeptidyl peptidase-4 inhibitors and gallbladder or biliary disease in type 2 diabetes: systematic review and pairwise and network meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2022;377:e068882; http://dx.doi.org/10.1136/bmj-2021-068882