Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) – Operative Therapie

Die akute Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) stellt eine häufige Indikation zur operativen Therapie dar. Gemäß der aktuellen S3-Leitlinie sollte zur Vermeidung von Komplikationen eine frühzeitige laparoskopische Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung per Bauchspeigel) (CCE) innerhalb von 24 Stunden nach stationärer Aufnahme durchgeführt werden [3].

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Akute Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) mit klinischer, laborchemischer und bildgebender Bestätigung
  • Symptomatische Gallenblasensteine mit rezidivierenden Koliken
  • Cholezystolithiasis (Gallenblasensteine) mit Komplikationen (z. B. Gallenblasenhydrops (Flüssigkeitsansammlung in der Gallenblase), Gallenblasenempyem (Eiteransammlung in der Gallenblase))
  • Porzellangallenblase (Verkalkung der Gallenblasenwand) (erhöhtes Karzinomrisiko)
  • Gallenblasenpolypen (gutartige Wucherungen der Gallenblasenwand) > 10 mm oder mit Verdacht auf Malignität (Bösartigkeit)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere Gerinnungsstörungen (Störungen der Blutgerinnung)
  • Dekompensierte kardiopulmonale Erkrankungen (schwere Herz- und Lungenerkrankungen mit Funktionsverlust)
  • Unkontrollierte Infektionen oder Sepsis ohne Stabilisierung
  • Unklare intraabdominelle Tumorinfiltration

Operationsverfahren

Laparoskopische Cholezystektomie (Therapie der Wahl)

  • Klassische laparoskopische CCE – Standardverfahren mit 3–4 Trokaren
  • Single-Port-CCE – Minimal-invasive Technik mit Zugang über einen einzigen Nabelport
  • Natural-Orifice-Transluminal-Endoscopic-Surgery (NOTES)-CCE – Experimentalverfahren mit Zugängen über natürliche Körperöffnungen

Offene Cholezystektomie (Gallenblasenentdernung per Bauchschnitt) (offene CCE, Laparotomie (Bauchschnitt))

  • Indiziert bei komplizierten Fällen (z. B. Gallenblasenperforation, ausgedehnte Adhäsionen, Malignitätsverdacht)

Endoskopische Verfahren zur Steinentfernung

  • Endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) mit endoskopischer Papillotomie (Spaltung der Papilla) und Steinentfernung – sinnvoll bei Choledocholithiasis vor oder nach CCE

Postoperative Nachsorge

  • Frühzeitige Mobilisation zur Vermeidung thromboembolischer Komplikationen
  • Schmerztherapie nach aktuellem WHO-Stufenschema
  • Überprüfung der Leberwerte und des Bilirubins postoperativ
  • Ernährung: Flüssige Kost am ersten postoperativen Tag, schrittweiser Kostaufbau
  • Wundkontrollen und Drainagenentfernung je nach Verlauf

Mögliche Komplikationen

  • Frühkomplikationen: Blutungen, Gallenleckagen, intraabdominelle Infektionen
  • Spätkomplikationen: Postcholezystektomie-Syndrom (Sammelbezeichnung für eine Symptom- und Befundkonstellation, die nach Durchführung einer Cholezystektomie auftreten kann), Gallengangsstrikturen (hochgradige Verengung der Gallenwege), chronische Oberbauchbeschwerden

Vergleich der Operationsmethoden

Methode Technik Vorteile Nachteile
Laparoskopische CCE Minimal-invasive Entfernung der Gallenblase über mehrere kleine Zugänge Geringeres Trauma, schnellere Erholung, kürzerer Krankenhausaufenthalt Mögliche Gallengangsverletzungen
Single-Port-CCE Zugang über einen einzigen Port, meist am Nabel Kosmetisch vorteilhaft, weniger postoperative Schmerzen Technisch anspruchsvoller, längere OP-Dauer
NOTES-CCE Zugang über natürliche Körperöffnungen, keine äußeren Schnitte Kein äußerer Schnitt, weniger postoperative Schmerzen Experimentell, erhöhtes Infektionsrisiko
Offene CCE Konventionelle Operation mit Bauchschnitt Indiziert bei komplexen Fällen (Perforation, Malignität) Längere Erholungszeit, höheres Infektions

Weitere Hinweise

  • Die deutsche ACDC-Studie liefert überzeugende Argumente für die laparoskopische Cholezystektomie bei akuter Cholezystitis innerhalb von 24 Stunden [1].
  • Frühe Cholezystektomie ist auch bei älteren Patienten sicher: Frühoperierte konnten das Krankenhaus im Mittel bereits nach 3,2 Tagen wieder verlassen, bei den später Operierten dauerte der Aufenthalt im Mittel 5,5 Tage; 0,5 % der Patienten waren in den ersten 90 Tagen nach dem Eingriff gestorben (keine Unterschiede zwischen früh und später Operierten) [5].
  • Eine Cholezystektomie verringert bei Schwangeren mit akuter Cholezystitis das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen [6].
    • Die Cholezystektomie war während der Schwangerschaft über alle drei Trimester (Schwangerschaftsdrittel) hinweg mit einer um 25 Prozent niedrigeren Rate an Fehl- bzw. Frühgeburten verknüpft [7].
  • Gemäß einer britischen Registeranalyse spricht einiges dafür, dass ca. die Hälfte der Patienten mit akuter Cholezystitis auch ohne Operation auskommt und bei den übrigen eine Intervalloperation keine Nachteile bringt: Während die 1-Jahres-Mortalität aller Ursachen in der nicht operierten Gruppe im Vergleich zur operierten Gruppe höher war (12,2 % vs. 2,0 %, P <0,001), waren die durch die Gallenblase verursachten Todesfälle signifikant niedriger als alle anderen Todesursachen in der nicht operierten Gruppe (3,3 % gegenüber 8,9 %, P <0,001). Nach dem Matching war die gesamte Krankenhauseinweisungszeit von 1 Jahr nach einem Notfall signifikant länger als nach einer Intervall-Cholezystektomie (17,7 d vs. 13 d, P < 0,001) [4].
  • Eine laparoskopische Cholezystektomie ist auch noch vier bis sieben Tage nach Beginn einer akuten Cholezystitis gefahrlos möglich. Lediglich ist der Blutverlust dabei größer als bei einer früheren Operation (140 versus 69 ml) [2].

Fazit

Die laparoskopische Cholezystektomie stellt das Verfahren der Wahl bei akuter Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) dar, insbesondere wenn sie innerhalb von 24 Stunden nach stationärer Aufnahme durchgeführt wird. Alternative Verfahren wie die Single-Port-Technik oder NOTES sind Optionen in spezialisierten Zentren, während die offene Cholezystektomie (Entfernung der Gallenblase per Bauchschnitt) in Ausnahmefällen erforderlich bleibt. Ergänzend kann eine ERCP zur Steinentfernung bei Choledocholithiasis notwendig sein.

Literatur

  1. Acute Cholecystitis. Early Versus Delayed Cholecystectomy, A Multicenter Randomized Trial (ACDC Study, NCT00447304). Ann Surg 2013; 258: 385-393; doi: 10.1097/SLA.0b013e3182a1599b
  2. Shinke G et al.: Feasibility and Safety of Urgent Laparoscopic Cholecystectomy for Acute Cholecystitis After 4 Days from Symptom Onset. J Gastrointest Surg 2015; online 1. Juli; doi: 10.1007/s11605-015-2878-0
  3. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie von Gallensteinen. (AWMF-Registernummer: 021-008), November 2017 Langfassung
  4. Mytton J et al.: Outcomes Following an Index Emergency Admission With Cholecystitis. Ann Surg 2019; https://doi.org/10.1097/SLA.0000000000003599
  5. Köstenbauer JK et al.: Factors Affecting Early Cholecystectomy for Acute Cholecystitis in Older People—A Population-Based Study World J Surg 47, 1704-1710 (2023). https://doi.org/10.1007/s00268-023-06968-9
  6. Hantouli MN et al.: Operative vs Nonoperative Management of Acute Cholecystitis During the Different Trimesters of Pregnancy JAMA Surg. Published online November 15, 2023. doi:10.1001/jamasurg.2023.5803
  7. Hantouli M et al.: Operative vs Nonoperative Management of Acute Cholecystitis During the Different Trimesters of Pregnancy JAMA Surg. 2024;159(1):28-34. doi:10.1001/jamasurg.2023.5803

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie von Gallensteinen. (AWMF-Registernummer: 021-008), November 2017 Langfassung