Fettleber (Steatosis hepatis) – Einleitung
Bei der Steatosis hepatis – umgangssprachlich Fettleber genannt – handelt es sich um eine leichte bis mäßige Größenzunahme der Leber aufgrund von Einlagerungen von Triglyceriden (Neutralfette) in den Hepatozyten (Leberzellen). Von einer Fettleber spricht man, wenn mehr als 50 % der Hepatozyten von einer Leberzellverfettung betroffen sind oder wenn der Gewichtsanteil des Fettes in der Leber mehr als 10 % des Gesamtgewichts übersteigt.
Synonyme und ICD-10: Fatty liver; Hepar adiposum; Steatose; Steatosis hepatis; ICD-10-GM K76.0: Fettleber [fettige Degeneration], andernorts nicht klassifiziert, inkl. nicht-alkoholische Fettleber
Formen der Steatose (Fettleber)
- Makrovesikuläre Typ (makrovesikuläre Steatose) – dabei fallen große Fetttropfen in den Leberzellen auf; häufigste Form der Fettleber; sie tritt meist Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder Adipositas (Übergewicht) auf; in den Entwicklungsländern tritt die Fettleber häufig bei Kindern aufgrund der Eiweißmangelernährung auf
- Mikrovesikuläre Typ (mikrovesikuläre Steatose) – hier finden sich kleine Fetttröpfchen in den Leberzellen; tritt selten auf, dann eher in der Schwangerschaft
Eine weitere Unterscheidung basiert auf der Ursache der Steatosis hepatis:
- Nicht-alkoholische Fettleber (NAFL; NAFLE; NAFLD, "nonalcoholic fatty liver disease"; ICD-10-GM K76.0: Fettleber [fettige Degeneration], andernorts nicht klassifiziert); Steatose der Leber mit einem Fettanteil von mehr als 5-10 % des Lebergewichts oder eine Makrosteatose der Hepatozyten (Leberzellen) mit gleichem Ausmaß. Es liegt dabei kein erhöhter Alkoholkonsum (Frauen: ≤ 10 g/d, Männer: ≤ 20 g/d) vor.
- Alkoholische Fettleber (AFL; ALD; ICD-10-GM K70.0)
- Sekundäre Lebersteatose (sekundäre Steatosis/Fettleber), d. h. als Begleitphänomen anderer Erkrankungen – siehe dazu unter "Ursachen"
- Metabolisches Syndrom
- Kryptogene Formen der Steatosis hepatis, d. h. Ursachen der Erkrankung sind ungeklärt
Wenn neben der Steatosis hepatis zusätzlich eine Entzündung nachweisbar ist, spricht man von einer Fettleberhepatitis (ICD-10-GM K75.8 Sonstige näher bezeichnete entzündliche Leberkrankheiten, inkl. nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH; ICD-10 K75.8)).
Erläuterungen der Begriffe und Abkürzungen
Neu: Unabhängig von der Ursache dient zukünftig „steatotische Lebererkrankung“ (Steatotic Liver Disease – SLD) als neuer Klammerbegriff, der alle Fettlebererkrankungen einschließt.
Erkrankung | Abkürzung | Englischer Begriff | Neue Begriffe |
Nicht-alkoholische Fettleber/Steatose | NAFL | Non-alcoholic fatty liver | |
Nicht-alkoholische Fettleberentzündung | NASH | Non-alcoholic steatohepatitis | MASH (metabolic dysfunction-associated steatohepatitis) |
Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen | NAFLD | Non-alcoholic fatty liver diseases | „Metabolic Dysfunction-associated Steatotic Liver Disease“ (MASLD) = „Metabolische dysfunktions-assoziierte steatotische Lebererkrankung" (MAFLD)“* |
Alkoholische Steatohepatitis | ASH | Alcoholic steatohepatitis | |
Hepatozelluläres Karzinom | HCC | Hepatocellular carcinoma |
*Eine MASLD liege vor, wenn bei einem Patienten mit Steatose der Leber mindestens einer von fünf kardiometabolischen Risikofaktoren vorliege. Dieses sind (Prä-)Diabetes, Adipositas (Übergewicht), Hypertonie (Bluthochdruck), erhöhte Triglyzeride und erhöhtes LDL-Cholesterin.
Diese neue Terminologie zielt darauf ab, die klinische und pathophysiologische Klassifikation von Fettlebererkrankungen klarer und konsistenter zu gestalten.
Epidemiologie
Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der nicht-alkoholischen Fettleber liegt zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr.
Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) liegt bei 20-40 % der erwachsenen Bevölkerung (in
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
- Die Prävalenz für eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) liegt bei 20-40 % der erwachsenen Bevölkerung in den Industrieländern.
- 75-90 % der Übergewichtigen und bis zu 60-80 % der Typ-2-Diabetiker (55,5 % global, 68 % in Europa) haben eine Fettleber.
- Die höchste Prävalenz besteht bei den über 60-Jährigen.
- Bei Männern steigt der Fettgehalt der Leber zwischen einem Lebensalter von 20 bis 50 Jahren kontinuierlich an; bei Frauen beginnt der Anstieg erst mit 40 Jahren und setzt sich dann bis zum Alter von 65 Jahren fort [3].
- Die Prävalenz der NAFLD bei Kindern und Jugendlichen in der Gesamtbevölkerung ist mit 3-11 % niedriger als bei Erwachsenen [1].
- Aktuellere Zahlen zeigen jedoch einen bedrohlichen Anstieg: Jeder fünfte Teilnehmer der britischen „Children of the 90s“-Studie hatte im Alter von Mitte 20 bereits eine Fettleber [4].
- Es besteht eine positive Korrelation zwischen NAFLD und verschiedenen metabolischen Parametern (Body-Mass-Index, Bauchumfang, Triglyceride).
- Übergewichtige und adipöse Jugendliche ab der Pubertät haben ein erhöhtes Risiko für das Vorliegen einer NAFLD.
- Die Prävalenz für eine alkoholische Fettlebererkrankung (ALD) liegt bei 5-10 % der Bevölkerung in Westeuropa.
Verlauf und Prognose
Verlauf
Die Steatosis hepatis ist eine häufig chronisch verlaufende Erkrankung, die durch eine Vermehrung von Triglyceriden in den Leberzellen gekennzeichnet ist. Es gibt zwei Hauptformen: die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) und die alkoholische Fettleber (ALD).
- Nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD): Diese Form entwickelt sich häufig im Rahmen des metabolischen Syndroms und ist mit Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2 und anderen metabolischen Störungen assoziiert. Die Erkrankung beginnt oft schleichend und bleibt lange asymptomatisch, kann jedoch bei Fortschreiten zu einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) führen, die durch eine zusätzliche Entzündung der Leber gekennzeichnet ist. Bei Fortschreiten der NASH kann sich eine Fibrose entwickeln, die schließlich in eine Leberzirrhose (Schrumpfleber) übergehen kann.
- Alkoholische Fettleber (ALD): Diese Form ist durch chronischen Alkoholkonsum bedingt und führt ebenfalls zunächst zu einer reinen Fettleber. Bei fortgesetztem Alkoholkonsum kann sich eine alkoholische Steatohepatitis (ASH) entwickeln, die ebenfalls zu einer Leberfibrose und letztlich zu einer Zirrhose führen kann.
Die Erkrankung kann auch akut auftreten, was in seltenen Fällen zu einem akuten Leberversagen führen kann.
Prognose
Die Prognose der Steatosis hepatis hängt stark von der Grunderkrankung und der Einhaltung therapeutischer Maßnahmen ab:
- Nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD): Eine frühe Diagnose und konsequente Behandlung, einschließlich Gewichtsreduktion, körperlicher Aktivität und optimaler Diabeteskontrolle, können die Progression der Krankheit aufhalten oder sogar rückgängig machen. Bei einer adäquaten Therapie ist die Erkrankung oft reversibel. Allerdings entwickeln zwischen 5-20 % der Patienten mit NAFLD eine NASH, und bei etwa 2-5 % der Fälle kann sich innerhalb von zehn Jahren eine Leberzirrhose (Leberschrumpfung) entwickeln. Patienten mit NASH haben eine erhöhte Gesamtmortalität (Gesamtsterberate), hauptsächlich aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen (Herz- und Gefäßkrankheiten).
- Alkoholische Fettleber (ALD): Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die völlige Abstinenz von Alkohol. Bei rechtzeitigem Beginn der Therapie ist die Prognose gut. Wird die Krankheit jedoch nicht rechtzeitig behandelt, kann sie zu schwerwiegenden Komplikationen wie Leberzirrhose, Leberinsuffizienz (Leberschwäche) und portaler Hypertonie (Pfortaderhochdruck) führen.
Die einfache Fettleber ist in der Regel nicht mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Jedoch steigt das Langzeit-Sterberisiko erheblich, wenn eine Leberzirrhose entwickelt wird.
Komorbiditäten
Die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD, "nonalcoholic fatty liver disease") und der Diabetes mellitus Typ 2 sind in Hinblick auf Inzidenz und Prognose wechselseitig assoziiert.
Auch bei Kindern ist diese bereits mit einem Prädiabetes (23,4 %) oder Diabetes mellitus Typ 2 (6,2 %) assoziiert [2].
Zwei von drei Patienten mit einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFLD) haben keine normalen Blutdruckwerte (24-Stunden-Blutdruckmessung); bei der Hälfte mit bekanntem Hypertonus ist dieser nicht unter Kontrolle [6].
Weitere Komorbiditäten sind Adipositas, Fettstoffwechselstörungen, Hypertonie (Bluthochdruck), chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), kolorektales Karzinom (Dickdarm- und Mastdarmkrebs) und obstruktive Schlaf-Apnoe (OSA).
Beachte: In der primärärztlichen Versorgung wird die Diagnose der nicht alkoholischen Fettleber (NAFLD) nur bei jedem vierten Patienten korrekt gestellt [5].
Bildgebende Diagnostik sollte nicht nur bei erhöhten Leberwerten durchgeführt werden!
Literatur
- S2k-Leitlinie: Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen. (AWMF-Registernummer: 021-025), Februar 2022 Fettlebererkrankungen_2022-10.pdf" target="_blank">Langfassung
- Newton KP et al.: Prevalence of Prediabetes and Type 2 Diabetes in Children With Nonalcoholic Fatty Liver Disease. JAMA Pediatr 2016, online 1. August 2016; doi:10.1001/jamapediatrics.2016.1971
- Kühn JP et al.: Prevalence of Fatty Liver Disease and Hepatic Iron Overload in a Northeastern German Population by Using Quantitative MR Imaging. Radiology 2017, online before print doi: http://dx.doi.org/10.1148/radiol.2017161228
- Abeysekera KWM et al.: Prevalence of steatosis and fibrosis in young adults in the UK: a population-based study. Lancet Gastroenterology & Hepatology January 15, 2020 doi:https://doi.org/10.1016/S2468-1253(19)30419-4
- Nielsen EM et al.: Nonalcoholic Fatty Liver Disease Underdiagnosis in Primary Care: What Are We Missing? J Gen Intern Med 2021; https://doi.org/10.1007/s11606-021-07197-3
- Kasper P et al.: Uncontrolled hypertension: A neglected risk in patients with NAFLD. J Intern Med 2022; https://doi.org/10.1111/joim.13476
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen. (AWMF-Registernummer: 021-025), Februar 2022 Fettlebererkrankungen_2022-10.pdf" target="_blank">Langfassung