Fettleber (Steatosis hepatis) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Steatosis hepatis (Fettleber) dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie bekannte Lebererkrankungen wie Steatosis hepatis (Fettleber), Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder Hepatitis (Leberentzündung)?
- Leiden Familienmitglieder an Diabetes mellitus, Adipositas oder Fettstoffwechselstörungen?
- Gibt es Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder metabolischem Syndrom in Ihrer Familie?
Soziale Anamnese
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Arbeiten Sie in einem Umfeld mit chemischen oder toxischen Substanzen?
- Gibt es psychosoziale Belastungen, wie Stress, familiäre oder berufliche Konflikte?
- Sind Sie in Ihrem Alltag häufig Bewegungsmangel ausgesetzt?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Haben Sie Druck- oder Schmerzempfindungen im rechten Oberbauch bemerkt?
- Fühlen Sie sich oft müde, antriebslos oder abgeschlagen?
- Haben Sie in letzter Zeit eine ungeklärte Gewichtszunahme oder -abnahme bemerkt?
- Haben Sie Veränderungen Ihrer Hautfarbe festgestellt (z. B. Gelbfärbung, Juckreiz)?
- Treten bei Ihnen Übelkeit, Völlegefühl oder Verdauungsbeschwerden auf?
- Haben Sie Schlafstörungen oder Konzentrationsprobleme?
- Sind Ihnen Veränderungen bei Ihrem Stuhlgang oder Ihrer Urinfarbe aufgefallen?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Sind Sie übergewichtig? Bitte geben Sie Ihr Gewicht (in kg) und Ihre Größe (in cm) an.
- Essen Sie oft hochkalorische, fett- oder kohlenhydratreiche Speisen?
- Konsumieren Sie regelmäßig Fertiggerichte, Fast Food oder zuckerhaltige Getränke?
- Hat sich Ihr Appetit verändert (vermindert oder gesteigert)?
- Haben Sie Heißhungerattacken oder ein gestörtes Essverhalten?
- Bewegen Sie sich täglich ausreichend? Treiben Sie Sport? Wenn ja, welche Aktivitäten und wie oft?
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk und wie viele Gläser pro Tag/Woche?
- Haben Sie regelmäßig Alkohol konsumiert oder machen Sie gerade einen Alkoholentzug?
Eigenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus, Dyslipidämie (erhöhte Blutfette), Insulinresistenz
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit (KHK/Erkrankung der Herzkranzgefäße)
- Magen-Darm-Erkrankungen: Reizdarmsyndrom, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
- Hormonelle Störungen: Schilddrüsenunterfunktion, polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)
- Wurden Sie an der Leber, Gallenblase oder Bauchspeicheldrüse operiert?
- Gab es Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes oder Präeklampsie (Schwangerschaftskomplikation, die durch Bluthochdruck und erhöhte Proteinwerte im Urin nach der 20. Schwangerschaftswoche gekennzeichnet ist)?
- Haben Sie bekannte Unverträglichkeiten oder Allergien gegen Medikamente oder Lebensmittel?
Medikamentenanamnese
- Acetylsalicylsäure (ASS) – Medikament, welches als Schmerzmittel und zur Blutgerinnung eingesetzt wird
- Amiodaron – Antiarrhythmikum (Medikament, welches gegen Herzrhythmusstörungen verordnet wird)
- Calciumantagonisten – Medikamente gegen Bluthochdruck wie beispielsweise Verapamil oder Amlodipin
- Glucocorticoidtherapie – Medikamente gegen Entzündungen und allergische Reaktionen wie beispielsweise Cortison
- Nivolumab (Checkpoint-Inhibitor, der als Wirkstoff gegen verschiedene Tumoren eingesetzt wird) [1]
- Methotrexat – Medikament, welches vor allem bei rheumatoiden Erkrankungen eingesetzt wird
- Nukleosidanaloga – Medikamente wie beispielsweise Ganciclovir, die bei viralen Entzündungen eingesetzt werden
- Synthetische Östrogene – weibliche Geschlechtshormone
- Vitamin A (in hohen Dosen*)
* Generell ist eine Vitamin A-Toxizität (schädigende Wirkung) mit der langfristigen Einnahme von Dosen des Vitamins verbunden, die die empfohlene Tagesdosis um das 10-fache übersteigen – 8.000-10.000 Mikrogramm oder 25.000-33.000 IE pro Tag.
Umweltanamnese
- Wurden Sie in Ihrem Beruf oder Haushalt mit schädlichen Substanzen wie Petrochemikalien, Kupfer oder Phosphor in Kontakt gebracht?
- Haben Sie direkten Kontakt zu endokrinen Disruptoren wie PFAS, Teflon oder Flammschutzmitteln gehabt?
- Endokrine Disruptoren (Synonym: Xenohormone) können bereits in geringsten Mengen durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen, beispielsweise per- und polyfluorierte Alkylverbindungen („PFAS“), Polytetrafluorethylen („Teflon"), polybromierte Diphenylether (Flammschutzmittel) [2].
- Sind Sie in Gebieten mit hoher Luftverschmutzung (z. B. Feinstaub, Schwermetalle) aufgewachsen oder leben Sie dort?
- Haben Sie mit pestizidhaltigen Stoffen gearbeitet oder waren Sie deren Dämpfen ausgesetzt?
- Haben Sie Kontakt zu potentiell toxischen Umwelt- oder Industriestoffen wie Antimon (Wasserleitungen, Kosmetika, Glasindustrie), Bariumsalze (Feuerwerkskörper, Kontrastmittel bei Röntgenuntersuchungen, Rattengifte, Pestizide), Borate (Reinigungsmittel, Kosmetika, Pflanzenschutzmittel, Spielzeug), Chromate (Lederprodukte, Farben, Rostschutzmittel, Holzschutzmittel, Zement)?
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.
Literatur
- Eigentler T, Lomberg D, Machann J, Stefan N: Lipodystrophic Nonalcoholic Fatty Liver Disease Induced by Immune Checkpoint Blockade, Annals of Internal Medicine (2020), http://annals.org/aim/article/doi/10.7326/L19-0635
- Midya V et al.: Association of Prenatal Exposure to Endocrine-Disrupting Chemicals With Liver Injury in Children JAMA Netw Open. 2022;5(7):e2220176. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.20176