Bauchspeicheldrüsenschwäche (Pankreasinsuffizienz) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI)

Die exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) entsteht durch den Verlust der Fähigkeit des Pankreas (Bauchspeicheldrüse), ausreichend Verdauungsenzyme wie Trypsinogen, Amylase und Lipase zu produzieren. Diese Enzyme sind notwendig, um die im Zwölffingerdarm (Duodenum) stattfindende Verdauung von Nährstoffen zu ermöglichen.

  • Primäre Ursachen:
    • Chronische Pankreatitis (dauerhafte Entzündung der Bauchspeicheldrüse), die zu einer Zerstörung des Drüsengewebes und des Gangs führt.
    • Akute Pankreatitis kann ebenfalls zu einem Funktionsverlust des Pankreas führen, auch wenn die exokrine Insuffizienz hier seltener und oft reversibel ist.
    • Tumore wie das Pankreaskarzinom können das Pankreasgewebe zerstören und zu einer exokrinen Insuffizienz führen.
  • Mechanismus: Durch den Verlust von mehr als 90-95 % der Lipaseproduktion kommt es zu einer unzureichenden Fettverdauung, was zu einer Steatorrhoe (Fettstuhl) führt. Andere Nährstoffe wie Eiweiße und Kohlenhydrate sind ebenfalls betroffen, was zu einer allgemeinen Maldigestion (unzureichende Verdauung) führt. Dies äußert sich in Diarrhoe (Durchfall), Gewichtsabnahme und Mikronährstoffmangel (Vitaminmangel).
  • Langzeitverlauf: Eine exokrine Pankreasinsuffizienz tritt bei chronischer Pankreatitis häufig erst nach 10-20 Jahren auf. In diesem Zeitraum können bei mehr als der Hälfte der Betroffenen Symptome wie Fettstuhl oder Durchfall auftreten. Nach 20 Jahren entwickeln fast alle Patienten eine EPI. Die Diagnose erfolgt oft erst, wenn mehr als die Hälfte des Pankreasgewebes zerstört ist, da dann deutliche Symptome wie Steatorrhoe auftreten [1].

Endokrine Pankreasinsuffizienz (Insulinmangeldiabetes)

Die endokrine Pankreasinsuffizienz tritt auf, wenn die hormonproduzierenden Zellen des Pankreas – insbesondere die Beta-Zellen, die Insulin und Glukagon produzieren – zerstört werden. Dies führt zu einem Diabetes mellitus (pankreatogener Diabetes).

  • Mechanismus:
    • Der Verlust der Insulinproduktion führt zu einer gestörten Regulation des Blutzuckerspiegels. Insulin wird nicht mehr ausreichend produziert, was den Zuckerstoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringt und zu einem Diabetes mellitus führt.
  • Häufigkeit und Verlauf: Der endokrine Funktionsverlust tritt bei chronischer Pankreatitis seltener und später auf als die exokrine Insuffizienz. Bei etwa 30-70 % der Patienten mit chronischer Pankreatitis entwickelt sich ein pankreatogener Diabetes, der oft erst nach 10–20 Jahren auftritt. Interessanterweise können exokrine und endokrine Pankreasinsuffizienz unabhängig voneinander verlaufen. Patienten mit exokriner Insuffizienz zeigen häufig noch eine normale Glukosetoleranz (Fähigkeit des Körpers, große Mengen Glukose zu verarbeiten), während andere Patienten mit Diabetes mellitus keine Enzymsubstitution benötigen [1].

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die exokrine und endokrine Pankreasinsuffizienz sind die beiden Hauptfolgen einer chronischen Schädigung des Pankreas, beispielsweise durch eine chronische oder akute Pankreatitis. Die exokrine Insuffizienz führt zu einer unzureichenden Verdauung und Malabsorption von Nährstoffen, insbesondere von Fetten, während die endokrine Insuffizienz zu einem Insulinmangeldiabetes führt. Beide Formen der Insuffizienz können unabhängig voneinander auftreten, und ihr Auftreten ist oft erst nach einer langen Krankheitsdauer von 10 bis 20 Jahren zu erwarten.

Beachte: Während bei der exokrinen Insuffizienz Fettstühle und Nährstoffmangel im Vordergrund stehen, ist bei der endokrinen Insuffizienz die Entwicklung eines Diabetes mellitus von Bedeutung. Beide Formen erfordern eine spezifische Therapie, wie Enzymsubstitution oder Insulintherapie.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
    • Genetische Erkrankungen
      • Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang mit vermehrter Ablagerung von Eisen als Folge einer erhöhten Eisenkonzentration im Blut mit Gewebeschädigung 
      • Mukoviszidose (Zystische Fibrose, ZF) ‒ genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die durch die Produktion von zu zähmen Sekret in verschiedenen Organen gekennzeichnet ist.

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mangelernährung – Eine langfristige proteinarme (eiweißarme) Ernährung kann die Regeneration und Funktion der Bauchspeicheldrüsenzellen beeinträchtigen.
    • Fettreiche Kost – Eine extrem fettreiche Ernährung kann die Belastung der Bauchspeicheldrüsenfunktion erhöhen und Entzündungsprozesse fördern.
    • Ballaststoffarme Diät – Eine unzureichende Aufnahme von Ballaststoffen kann die Verdauung negativ beeinflussen und die Enzymproduktion belasten.
  • Genussmittelkonsum
    • Alkoholmissbrauch – Chronischer Alkoholkonsum ist eine der Hauptursachen für chronische Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung), die letztlich zu einer Pankreasinsuffizienz führen kann.
    • Rauchen – Tabakkonsum wurde mit einem erhöhten Risiko für chronische Pankreatitis und deren Progression in eine Pankreasinsuffizienz assoziiert.
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress – Chronischer Stress kann die Verdauung und die Funktion der Bauchspeicheldrüsenzellen negativ beeinflussen.
  • Körperliche Aktivität
    • Bewegungsmangel – Eine geringe körperliche Aktivität kann zu Adipositas und einer Verschlechterung der Stoffwechselgesundheit führen, was indirekt die Funktion der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen kann

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Autoimmune Pankreatitis – Bauchspeicheldrüsenentzündung, die durch eine Autoimmunerkrankung (gegen den eigenen Körper gerichtet) verursacht wurde
  • Diabetes mellitus Typ 1 und 2 (im fortgeschrittenen Stadium)
  • Duodenalkarzinom (Zwölffingerdarmkrebs)
  • Gastrinom – Hormon-produzierender Tumor im Pankreas (Bauchspeicheldrüse)
  • Morbus Crohn mit ausgeprägtem Dünndarmbefall 
  • Mukoviszidose (zystischen Fibrose, CF) – genetisch bedingte Erkrankung, die durch die Produktion von zu zähmen Sekret in verschiedenen Organen gekennzeichnet ist.
  • Pankreasinsuffizienz mit Knochenmarkdysfunktion (Shwachman-Syndrom) – Funktionsstörungen der Bauchspeicheldrüse mit zusätzlicher Störung der Blutbildung
  • Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs)
  • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
  • Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) – chronische Entzündung der extra- und intrahepatischen (außerhalb und innerhalb der Leber gelegenen) Gallengänge; in 80 % der Fälle mit einer Colitis ulcerosa assoziiert; Langzeitrisiko für ein cholangiozelluläres Karzinom (bösartiger Tumor der Gallengänge der Leber) liegt bei 7-15 %
  • Traumatische Pankreatitis – Bauchspeicheldrüsenentzündung, die durch eine Verletzung verursacht wurde
  • Zöliakie (glutensensitive Enteropathie) – Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut; Enteropathie), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten* in genetisch prädisponierten Personen beruht

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Hypertriglyzeridämie – zu hohe Triglyceride (Neutrafette) im Blut

Medikamente

  • Octreotid → exokrine Pankreasinsuffizienz

Operationen

  • Gastrektomie (Magenentfernung)
  • Pankreasresektion (Entfernung der Bauchspeicheldrüse)

Weitere Ursachen

  • Strahlentherapie

Literatur

  1. Lankisch, PG, Nauck M: Diabetes und chronische Pankreatitis: Wann, wie oft und wie zu therapieren? Dtsch Arztebl 2000; 97(27): A-1894 / B-1627 / C-1511