Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) – Operative Therapie

Das Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) ist eine der aggressivsten malignen (bösartigen) Erkrankungen mit einer hohen Mortalität (Sterberate). Die chirurgische Therapie stellt die einzige potenziell kurative Behandlungsoption dar. Die S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom gibt klare Empfehlungen zur operativen Therapie und zur Indikationsstellung für chirurgische Eingriffe.

Klassifikation des lokalisierten Pankreaskarzinoms

Das lokalisierte, nicht metastasierte Pankreaskarzinom wird in folgende Kategorien unterteilt:

  • Primär resektabler Tumor (von Beginn an operabel) – Möglichkeit zur vollständigen chirurgischen Entfernung mit R0-Resektion (kein Tumorgewebe im Resektionsrand nachweisbar).
  • Borderline-resektabler Tumor (grenzwertig operabler Tumor – Eingeschränkte Resektabilität, oft mit Infiltration der Pfortader oder der Vena mesenterica superior, wodurch eine chirurgische Entfernung erschwert wird.
  • Lokal fortgeschrittener, nicht resektabler Tumor – Umfassende Infiltration von Gefäßen oder Nachbarstrukturen, bei dem primär eine neoadjuvante Chemotherapie (NACT; vorgeschaltete medikamentöse Therapie zur Tumorverkleinerung) zum Downstaging (Verkleinerung des Tumors zur Ermöglichung einer Operation) notwendig ist. Eine sekundäre Resektabilität (nachträgliche Möglichkeit zur operativen Entfernung) gelingt aktuell in etwa 25 % der Fälle [6].

Indikation zur Staging-Laparoskopie

Die Staging-Laparoskopie (Bauchspiegelung zur Tumorausbreitungsdiagnostik) wird empfohlen bei [6]:

  • Bildmorphologisch großem Tumor (> 3 cm)
  • Vorliegen von Aszites (Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum)
  • Erhöhtem CA-19-9-Wert (> 500 U/ml) ohne Cholestase (Gallestau)

Diese Maßnahme dient zur frühzeitigen Erkennung von Peritonealmetastasen (Tumorabsiedlungen im Bauchfell) und verhindert unnötige Laparotomien (Bauchoperationen mit Eröffnung der Bauchhöhle) bei nicht resektablen Tumoren [6].

Chirurgische Therapieoptionen je nach Tumorlokalisation

Die Wahl des chirurgischen Eingriffs richtet sich nach der Lokalisation des Tumors im Pankreas:

  • Partielle Duodenopankreatektomie – Entfernung des Pankreaskopfes mit Zwölffingerdarm (mit/ohne Pyloruserhalt), insbesondere bei Pankreaskopfkarzinomen.
  • Operation nach Kausch-Whipple (Whipple-OP) – Erweiterte Duodenopankreatektomie mit Resektion des Pankreaskopfes, Zwölffingerdarms, Gallenblase, distalen Gallengangs und Magenantrums sowie Lymphadenektomie (Entfernung von Lymphknoten zur Tumorausbreitung Kontrolle).
  • Subtotale Pankreaslinksresektion – Entfernung des linken Pankreasanteils, ggf. mit kompletter Duodenopankreatektomie (Entfernung des Pankreaskopfes und des Zwölffingerdarms), indiziert bei Tumoren des Pankreaskörpers oder -schwanzes.
  • Komplette Pankreatektomie – Indiziert bei multiplen Tumormanifestationen oder diffuser Infiltration.
  • Palliative Eingriffe – Bei nicht resektablen Tumoren können biliodigestive Anastomosen (operative Verbindung zwischen Gallenwegen und Darm zur Umgehung eines Gallenstaus) oder Gastroenterostomien (chirurgische Verbindung von Magen und Dünndarm zur Umgehung einer Magenausgangsverengung) zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt werden.

Mortalitätsraten nach Pankreaschirurgie

Die Mortalitätsraten nach Pankreasresektionen hängen von der Erfahrung des Zentrums und der durchgeführten Operationsmethode ab. In spezialisierten Zentren sind die Mortalitätsraten signifikant niedriger [3].

  • Proximale Pankreatektomie: 2,5-4,1 %
  • Distale Pankreatektomie: 7,3 %
  • Totale Pankreatektomie: 22,9 %
  • Gesamtmortalität im Krankenhaus: 10,1 %
  • Mehr als 6 Blutkonserven notwendig in 20 % der Fälle
  • Relaparotomie in 16 % der Fälle erforderlich [3]

Diese Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit einer Durchführung in hochspezialisierten Zentren mit interdisziplinärer Betreuung

Weitere Hinweise

  • Die Feinnadelaspirationsbiopsie (Untersuchung mittels Hohlnadel zur Gewinnung von Zellen/Gewebestücken) scheint ein sicheres diagnostisches Vorgehen zur Beurteilung verdächtiger pankreatischer Läsionen zu sein [2].
  • Es sollte immer eine Resektion (operative Entfernung) von mind. 10 regionäre Lymphknoten erfolgen, jedoch keine erweiterte Lymphadenektomie.
    Beachte: Auch nach einer chirurgischen R0-Resektion (Entfernung des Tumors im Gesunden; in der Histopathologie ist kein Tumorgewebe im Resektionsrand nachweisbar) entwickeln die meisten Patienten Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) bzw. Metastasen (Tochtergeschwülste) [1].
  • Zunehmend erfolgt die Pankreaschirurgie als laparoskopische Operation (Pankreaslinksresektion; Pankreaskopfresektion); ebenfalls bei malignen (bösartigen) Tumoren. Dabei kommt es ähnlich häufig zu Pankreasfisteln wie bei der konventionellen Operation. Die Letalität (Sterblichkeit) betrug 1,3 % [4].
  • NEOLAP-Studie: Es konnte gezeigt werden, dass durch eine neoadjuvante Chemotherapie (NACT; zur Reduktion der Tumormasse vor einem chirurgischen Eingriff) der Tumor verkleinert werden konnte und eine vollständige Resektion (operative Entfernung) des Tumors möglich wurde:
    • Prozedere dabei wie folgt: 2 Monate Chemotherapiekombination bestehend aus Gemcitabin und nab-Paclitaxel. Bei Ausbleiben von Progress (Fortschreiten der Erkrankung) oder Unverträglichkeit, spaltete sich die weitere Behandlung in randomisierte zwei unterschiedliche Arme auf:
      • Eine Patientengruppe erhielt 2 weitere Monate lang Gemcitabin und nab-Paclitaxel
      • Eine andere Patientengruppe erhielt zwei Monate ein Schema namens „Folfirinox“ (Chemotherapieschema, das 3 Wirkstoffe kombiniert: 5-Fluorouracil, Irinotecan und Oxaliplatin)
    • Eine vollständige Resektion war möglich bei:
      • Arm der mit Gemcitabin und nab-Paclitaxel vorbehandelten Patienten: 36 % 
      • Folfirinox-Arm: 44 %
    • Fazit: Bei ca. einem Drittel der Patienten mit lokal fortgeschrittenem Pankreaskarzinom war eine kurative Behandlung möglich [5].
      Hinweis: Unter einer kurativen Behandlung versteht man eine vollständige Wiederherstellung der Gesundheit („restitutio ad integrum“) eines Patienten und so auch gleichzeitig eine Verhinderung einer Verschlechterung des Patienten.
  • Pankreaskarzinom, Stadium IV
    • Bei Nachweis von Fernmetastasen (Organmetastasen, Peritonealkarzinose, als Fernmetastasen geltende Lymphknotenmetastasen) sollte die Resektion eines Pankreaskarzinoms unterbleiben.
    • Primärtumorresektion bei exokrinem Stadium-IV-Pankreas-Ca.: eine Analyse auf Grundlage der SEER-Datenbank deutet darauf hin, dass sich das Gesamtüberleben (OS) und das krebsspezifische Überleben (CSS) je nach Begleittherapie um 4 bis 7 Monate verlängert [7]. 
      Einschränkung: Selektionsbias möglich, da das Propensity Score Matching auf nur wenigen Patienten beruht. 

Literatur

  1. Katz MH et al.: Borderline resectable pancreatic cancer: need for standardization and methods for optimal clinical trial design. Ann Surg Oncol. 2013 Aug;20(8):2787-95. doi: 10.1245/s10434-013-2886-9. Epub 2013 Feb 23.
  2. Wallace MB et al.: Preoperative endoscopic ultrasound-guided fine needle aspiration does not impair survival of patients with resected pancreatic cancer. BMJ 64,7; 2014. doi:10.1136/gutjnl-2014-307475
  3. Nimptsch U et al.: Nationwide In-hospital Mortality Following Pancreatic Surgery in Germany is Higher than Anticipated. Ann Surg 2016, online 14. März; doi: 10.1097/SLA.0000000000001693
  4. Siech M et al.: Indikation zur laparoskopischen Pankreaschirurgie. Ergebnisse des deutschsprachigen laparoskopischen Pankreasregisters mit Daten von 550 Patienten im Vergleich zu anderen Registern. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(15): 263-8; doi: 10.3238/arztebl.2017.0263
  5. Kunzmann V et al.: Nab-paclitaxel plus gemcitabine versus nab-paclitaxel plus gemcitabine followed by FOLFIRINOX induction chemotherapy in locally advanced pancreatic cancer (NEOLAP-AIO-PAK-0113): a multicentre, randomised, phase 2 trial Lancet Gastrology & Hepatology December 15, 2020 doi:https://doi.org/10.1016/S2468-1253(20)30330-7
  6. Ta R, O’Connor D, Sulistijo A et al.: The Role of Staging Laparoskopy in Resectable and Borderline Resectable Pancreatic Cancer: A Systematic Review and Meta-Analysis. Dig Surg 2019;36(3):251-26 doi: 10.1159/000488372.
  7. Fu N et al.: Worth it or not? Primary tumor resection for stage IV pancreatic cancer patients: A SEER-based analysis of 15,836 cases. Cancer Medicine 2021; https://doi.org/10.1002/cam4.4147

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Exokrines Pankreaskarzinom. (AWMF-Registernummer: 032-010OL), März 2024 Kurzfassung Langfassung