Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) – Medizingerätediagnostik
Obligate Medizingerätediagnostik
- Abdomensonographie (Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane; hier: Pankreassonographie/Ultraschalluntersuchung der Bauchspeicheldrüse) – zur Basisdiagnostik [häufigster maligner (bösartiger) Tumor des Pankreas: duktales Adenokarzinom; dieses zeigt sich sonographisch echoarm, unregelmäßig und polyzyklisch begrenzt; wg. Pankreaszyste s. u.]
"Accuracy" (diagnostische Genauigkeit) zur Detektion des Pankreaskarzinoms: 91 % [S3-Leitlinie] - Endosonographie (endoskopischer Ultraschall (EUS); Ultraschalluntersuchung, die von innen durchgeführt wird, d. h., dass der Ultraschallkopf mittels eines Endoskops (optisches Instrument) direkt mit der inneren Oberfläche (beispielsweise der Schleimhaut des Magens/Darms) in Kontakt gebracht wird.): erkennt potentielle Läsionen des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) vom Duodenum (Zwölffingerdarm) aus – zur präoperativen Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung bzw. zur Beurteilung der Resektabilität ("chirurgische Entfernbarkeit")
- Computertomographie (CT) des Abdomens (Abdomen-CT) – zur präoperativen Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung bzw. zur Beurteilung der Resektabilität ("chirurgische Entfernbarkeit")
"Accuracy" (diagnostische Genauigkeit) zur Detektion des Pankreaskarzinoms: 89 % [S3-Leitlinie] - Magnetresonanztomographie (Abdomen-MRT) – als "One-Stop-Shop" zur genauen Bestimmung des Ausmaßes der Erkrankung
- Leber-MRT – bei einem resektabelen Tumor (Tumor, der chirurgisch entfernbar ist) zum sicheren Ausschluss von Lebermetastasen (Tochtergeschwülste in der Leber)
- Röntgenaufnahme des Thorax (Röntgen-Thorax/Brustkorb), in zwei Ebenen – zum Ausschluss von Metastasen
- Skelettszintigraphie (nuklearmedizinisches Verfahren, das funktionelle Veränderungen des Skelettsystems darstellen kann, in dem regional (örtlich) pathologisch (krankhaft) erhöhte bzw. verminderte Knochenumbauprozesse vorliegen) – zum Ausschluss von Knochenmetastasen
Beachte: Wg. Detektion des Pankreaskarzinoms: Grundsätzlich sollte das diagnostische Verfahren Anwendung finden, bei welchem der Anwender die höchste Erfahrung hat.
Bei Pankreasläsionen < 1 cm sind EUS und MRT überlegen und ohne Strahlenbelastung.
Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung, Labordiagnostik und obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP; nicht-invasives (nicht in den Körper eindringendes) bildgebendes Verfahren zur Darstellung der Gallen- und Pankreasgänge) – bei zystischen Tumoren Verfahren der ersten Wahl
- Positronen-Emission-Tomographie (PET): bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, mit dem die Visualisierung von Stoffwechselprozessen durch den Einsatz schwach radioaktiver Substanzen möglich wird – Untersuchung mit dem Tracer 68Ga-FAPI (68Ga-Labeled Fibroblast Activation Protein Inhibitor) bietet eine höhere Genauigkeit in der Detektion von Bauchspeicheldrüsenkrebs als im Vergleich zu bisherigen Standard-Bildgebungsmodalitäten [3].
Hinweis: Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP) wird im Tumorstroma des Bauchspeicheldrüsenkarzinoms stark exprimiert und ist daher ein vielversprechendes Ziel für die Bildgebung. - PET/CT (Positronenemissionstomographie: Verfahren der Nuklearmedizin, mit dem die Erstellung von Schnittbildern lebender Organismen durch die Visualisierung der Verteilungsmuster schwach radioaktiver Substanzen ermöglicht wird/Computertomographie) – um das Vorliegen einer Fernmetastasierung (Tochtergeschwülste, die sich nicht in der Nähe des Primärtumores und des regionalen Lymphknotensystems befinden) mit höherer Sicherheit auszuschließen
"Accuracy" (diagnostische Genauigkeit) zur Detektion des Pankreaskarzinoms: 84 % [S3-Leitlinie] - Magen-Darm-Passage – zur Bestimmung von Veränderungen im Magen-Darm-Bereich
- Zöliakographie – zur Bestimmung der Gefäßbeteiligung im Bereich des Truncus coeliacus
- Splenoportographie – zur Bestimmung der Gefäßbeteiligung im Bereich von Milz und Pfortader
- Endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) ggf. mit Stenteinlage zur Galleableitung bei Cholangitis (Entzündung der Gallenwege)
Screening beim exokrinen Pankreaskarzinom
Das exokrine Pankreaskarzinom weist in der Allgemeinbevölkerung eine geringe Inzidenz und eine hohe Letalität auf. Aufgrund fehlender sensitiver und spezifischer Biomarker ist ein bevölkerungsweites Screening aktuell nicht sinnvoll. Die Leitlinie empfiehlt daher ein selektives Vorgehen bei genetisch oder familiär vorbelasteten Personen.
Zielsetzung des Screenings
- Identifikation asymptomatischer Hochrisikopersonen mit deutlich erhöhtem Lebenszeitrisiko
- Etablierung strukturierter Überwachungsstrategien (Surveillance) zur frühzeitigen Erkennung präinvasiver oder früher malignitätsverdächtiger Läsionen
Kein Screening bei der Allgemeinbevölkerung
- Für Personen ohne familiäre oder genetische Risikofaktoren ist ein systematisches Screening nicht empfohlen
- Grund: Geringe Sensitivität verfügbarer Methoden, hohe „number needed to screen“, keine nachgewiesene Mortalitätsreduktion
Indikationen für ein strukturiertes Screening (Surveillance)
Ein Surveillance-Programm sollte ausschließlich bei folgenden Personengruppen durchgeführt werden:
- Träger pathogener Keimbahnvarianten, z. B.:
- BRCA1, BRCA2, CDKN2A, PALB2, STK11, ATM, PRSS1
- Personen mit hereditärer chronischer Pankreatitis
- Angehörige von Familien mit familiärem Pankreaskarzinom, sofern die Kriterien der Leitlinie erfüllt sind
Zeitpunkt und Frequenz der Überwachung
- Beginn der Untersuchungen:
- Ab dem 40. Lebensjahr oder
- 20 Jahre nach Symptombeginn bei hereditärer Pankreatitis, falls dieser vor dem 40. Lebensjahr lag
- Untersuchungsintervall:
- Jährlich
Empfohlene Untersuchungsmethoden
- Magnetresonanztomographie mit MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie)
- Bevorzugt wegen Standardisierbarkeit und hoher Weichteilauflösung
- Endosonographie (EUS)
- Optional ergänzend, besonders zur Detektion kleiner Läsionen
- Durchführung idealerweise durch denselben erfahrenen Untersucher
Hinweis: Screening von Patienten mit einem hohen Risiko für ein Pankreaskarzinom mittels regelmäßiger Magnetresonanztomographie (MRT) oder Sonographie führt zur Entdeckung des Tumors in einem früheren Stadium (dreiviertel im Stadium I), was mit einer deutlich verbesserten Prognose der Patienten einhergeht: Fünf-Jahres-Überlebensrate der Screening-Patienten lag bei 73,3 Prozent, und die mittlere Gesamtüberlebenszeit (OS) betrug 9,8 Jahre [2].
Durchführungsbedingungen
- Die Surveillance soll ausschließlich in spezialisierten Zentren mit:
- Interdisziplinärer Expertise
- Erfahrung in der Risikostratifizierung
- Zugang zu molekularer Diagnostik und klinischen Studien
Ausblick
Aktuell fehlen prädiktive Biomarker für ein effektives populationsbezogenes Screening. Forschungsansätze zielen darauf ab, durch Nutzung künstlicher Intelligenz und Registeranalysen neue Hochrisikokollektive auch außerhalb genetischer Syndrome zu identifizieren. Diese Entwicklungen könnten perspektivisch zu einer Erweiterung der Screening-Indikation führen.
Umgang mit Pankreaszysten
Die intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN; primär intraduktal ("innerhalb eines (Drüsen)gangs gelegen") wachsender epithelialen Pankreastumor (Bauchspeicheldrüsentumor), der aus muzinösen ("schleimartige") Zellen besteht) und muzinös zystische Neoplasien/Neubildungen (MCN) sind die einzigen Pankreasläsionen (Bauchspeicheldrüsen Veränderung) mit Potential zur malignen Entartung. Als Risikofaktoren gelten folgende Warnzeichen [Leitlinie: European Study Group on Cystic Tumours of the Pancreas]:
- Zyste ≥ 3 cm mit verdickter Zystenwand
- Erweiterung des Pankreashauptgangs auf 5-9 mm
- nicht Kontrastmittel-aufnehmende, wandständige Noduli (kleine Knoten)
- abrupte Pankreasgangveränderungen mit distaler Pankreasatrophie
Bei IPMN mit Hauptgangerweiterung oder mit muralem Knoten muss von einer malignen Transformation (bösartige Umwandlung) in bis zu 90 % der Fälle ausgegangen werden.
Bei Vorliegen zystischer Pankreaskopfläsionen und Verschlussikterus (Gelbsucht (Ikterus), die durch Rückstau der Galle infolge eines Abflusshindernisses zustande kommt) sowie bei Erweiterung des Hauptganges auf über 10 mm besteht ein hohes Risiko. Diese Patienten müssen sofort operiert werden.
Prozedere: Zunächst engmaschige Kontrollintervalle (6 Monate); bei stabiler Situation ggf. jährlich [Leitlinie: European Study Group on Cystic Tumours of the Pancreas].
Beachte: Auch kleine Zysten verändern sich lebenslang; Zystenwachstum von mehr als 2 mm pro Jahr stellt ein hohes Malignitätrisiko dar.
Literatur
- Henrikson NB et al.: Screening for Pancreatic Cancer Updated Evidence Report and Systematic Review for the US Preventive Services Task Force. JAMA. 2019;322(5):445-454. doi:10.1001/jama.2019.6190
- Dbouk M et al.: The Multicenter Cancer of Pancreas Screening Study: Impact on Stage and Survival. Journal of Clinical Oncology 2022 https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/
- Kessler L et al.. 68Ga-Labeled Fibroblast Activation Protein Inhibitor (68Ga-FAPI) PET for Pancreatic Adenocarcinoma: Data from the 68Ga-FAPI PET Observational Trial Journal of Nuclear Medicine December 2023, 64 (12) 1910-1917; doi: https://doi.org/10.2967/jnumed.122.264827
Leitlinien
- The European Study Group on Cystic Tumours of the Pancreas: European evidence-based guidelines on pancreatic cystic neoplasms. Gut 2018; 67: 789-804
- S3-Leitlinie: Exokrines Pankreaskarzinom. (AWMF-Registernummer: 032-010OL), März 2024 Kurzfassung Langfassung