Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) – Einleitung

Bei einer Pankreatitis handelt es sich um eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die akut oder chronisch verlaufen und zu schweren Komplikationen führen kann.

Synonyme und ICD-10: Pancreatitis; ICD-10-GM K85: Akute Pankreatitis

Die meisten akuten Pankreatitiden verlaufen mild und heilen unter konservativer Therapie aus. Probleme können schwere Verlaufsformen – insbesondere die nekrotisierende Pankreatitis – bereiten, die immer noch eine hohe Mortalität (Sterberate) aufweisen.

Charakteristische Laborbefunde

Akute Pankreatitis

  • Erhöhte Serumamylase: Oft das früheste Anzeichen einer akuten Pankreatitis. Erhöhungen sind jedoch nicht spezifisch für die Pankreatitis und können auch bei anderen Erkrankungen auftreten.
  • Erhöhte Serumlipase: Sensitiver und spezifischer als Amylase. Werte sind in der Regel höher und bleiben länger erhöht als die Amylase.
  • Erhöhtes C-reaktives Protein (CRP): Indikator für den Schweregrad der Entzündung. Werte > 150 mg/L in den ersten 48 Stunden deuten auf eine schwere Pankreatitis hin.
  • Leukozytose: Erhöhte Anzahl von Leukozyten (weiße Blutkörperchen) als Zeichen der Entzündung.
  • Erhöhte Serumkreatinin: Kann auf eine schwere Pankreatitis und mögliche Nierenbeteiligung hinweisen.
  • Erhöhte Glukose: Hyperglykämie (Überzuckerung) durch Stress oder Insulinmangel.
  • Erhöhte Bilirubinwerte und Leberwerte (ALT, AST): Können auf eine Beteiligung der Gallenwege hinweisen.

Chronische Pankreatitis

  • Erhöhte oder normale Serumamylase und Serumlipase: Werte können normal sein, besonders in fortgeschrittenen Stadien.
  • Erhöhte Glukosewerte: Aufgrund von Pankreasinsuffizienz (Bauchspeicheldrüsenschwäche) und Diabetes mellitus.
  • Verminderte fäkale Elastase: Zeichen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (ungenügende Produktion von Verdauungsenzymen).
  • Erhöhte Werte von Vitamin- und Mineralstoffmängeln: Mangel an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) und anderen Nährstoffen aufgrund der Malabsorption.
  • Erhöhte Serumtrypsinogen: Kann in frühen Stadien der Erkrankung erhöht sein.
  • Verminderte Albuminwerte: Kann bei chronischer Erkrankung auftreten, vor allem wenn es zu einer Protein-Malabsorption kommt.

Formen der Pankreatitis

Nach dem Verlauf

  • Akute Pankreatitis (AP): Plötzlich auftretende Entzündung der Bauchspeicheldrüse.
  • Chronische Pankreatitis (CP): Langsam entwickelnde Entzündung, wobei 70-90 % der Fälle durch übermäßigen Alkoholkonsum verursacht werden. In 2-5 % der Fälle wird eine autoimmune Pankreatitis (AIP) diagnostiziert.

Nach der Morphologie

  • Interstitielle ödematöse Pankreatitis: Beschränkte Inflammation (Entzündung) auf das Pankreasparenchym (organspezifisches Gewebe der Bauchspeicheldrüse) und umliegendes Gewebe ohne Nekrosen. Häufigste Entität mit ca. 85 % der Fälle; meistens leichter Verlauf und selbstlimitierend.
  • Nekrotisierende Pankreatitis: Auftreten von Nekrosen (sichtbaren Untergang von Gewebe) des Pankreasparenchyms und/oder peripankreatische Nekrose. Ca. 15 % der Fälle; Intensivtherapie erforderlich und hohe Mortalität.

Sonderform

  • Autoimmune Pankreatitis (AIP): Kann im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen auftreten, ist mit einer Erhöhung der Immunglobuline Typ Ig G4 im Serum verbunden und bessert sich unter der Behandlung mit Corticosteroiden.

Idiopathische akute Pankreatitis: In ca. 10 % der Fälle wird keine fassbare Ursache gefunden. Eine akute Pankreatitis kann auch die Erstmanifestation eines Pankreaskarzinoms (Bauchspeicheldrüsenkrebs) sein.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Akute Pankreatitis: Frauen häufiger als Männer; chronische Pankreatitis: Männer häufiger als Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der akuten Pankreatitis liegt zwischen dem 20-40. und dem 40-60. Lebensjahr. Das Maximum des Auftretens der chronischen Pankreatitis liegt zwischen dem 35. und 44. Lebensjahr.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) der akuten Pankreatitis: Diese beträgt 4,9-80 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland). Die Inzidenz für die chronische Pankreatitis korreliert mit dem Alkoholkonsum und beträgt 5-10 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland). Weltweit liegt die Prävalenz bei 1,6-23 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Regional: In Norddeutschland erkranken etwa 20 von 100.000 Einwohnern jährlich an einer Pankreatitis. Die meisten Personen erkranken im Alter zwischen 35 und 44 Jahren.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Pankreatitis (AP): Verläuft in der Regel mild und führt zu einer mittleren Krankenhausverweildauer von ca. 5 Tagen. Bei nekrotisierender Pankreatitis (ca. 15 % der Fälle) sollte die Therapie an einem spezialisierten Zentrum erfolgen.
  • Rezidivrate: Pankreatitis tritt häufig rezidivierend (wiederkehrend) auf. Die Rezidivrate liegt bei 30-50 %, abhängig von der Ursache der ersten Episode. Patienten mit chronischem Alkoholkonsum und Hypertriglyzeridämie-assoziierter AP haben die höchste Rezidivrate. Nach biliärer AP (AP, die Gallenblasen-bedingt ist) tritt die niedrigste Rezidivrate auf. Therapeutische Maßnahmen wie Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) bei biliärer Genese, Alkoholabstinenz bei Alkohol-induzierter AP und Triglyzeridsenkung bei Hypertriglyzeridämie-assoziierter AP können die Rezidivrate signifikant reduzieren [1].
  • Langfristige Folgen: Wiederkehrende Entzündungsschübe führen zu fibrotischem Umbau des Pankreasgewebes und resultieren in einem fortschreitenden Verlust der exokrinen (Verdauungsenzyme) und endokrinen (Hormone) Pankreasfunktion.

Prognose

  • Akute Pankreatitis: Die Letalität der nekrotisierenden Pankreatitis beträgt 25-45 %. Bei rechtzeitiger Behandlung der milden Form ist die Prognose gut.
  • Chronische Pankreatitis: Führt zu einer um 23 % reduzierten Lebenserwartung. Die Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) über einen Beobachtungszeitraum von 6-10 Jahren beträgt 16-20 %. Die 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei ca. 70 % und die 20-Jahres-Überlebensrate bei rund 45 %.
  • Schwere Verläufe: Hohe Mortalität bei schweren Verläufen, insbesondere bei der nekrotisierenden Form. Intensive Überwachung und Behandlung in spezialisierten Zentren sind entscheidend für die Prognose.

Literatur

  1. Li S et al.: Recurrence rates and risk factors for recurrence after first episode of acute pancreatitis: A systematic review and meta-analysis. Eur J Intern Med 2023; https://doi.org/10.1016/j.ejim.2023.06.006

Leitlinien

  1. National Library of Medicine: United European Gastroenterology evidence-based guidelines for the diagnosis and therapy of chronic pancreatitis (HaPanEU). United European Gastroenterol J. 2017 Mar;5(2):153-199. doi: 10.1177/2050640616684695.
  2. S3-Leitlinie: Pankreatitis. (AWMF-Registernummer: 021-003), September 2021 Langfassung