Haaranalyse
Die Haare bestehen aus einer zellulären Struktur und werden während ihres Wachstums, wie alle anderen Körperzellen, mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe) wie beispielsweise Mineralstoffen und Spurenelementen versorgt. Aber auch viele körperfremde Verbindungen in signifikant höherer Konzentration als in anderen Organen werden in den Haaren eingelagert. So kumulieren beispielsweise in den Haaren u. a. Schwermetalle und andere potentiell toxische Elemente. Anders als im Blut oder Urin findet man in den Haaren eine Aussage über zum Beispiel Umweltbelastungen von mehreren Monaten.
Die Haaranalyse bzw. Haaranalytik nutzt die Tatsache, dass das Haar ein leicht zugänglicher Biomonitor ist. Die Haaranalytik ist eine Bezeichnung für eine chemische Analyse der Haarprobe.
Das Verfahren wird in der forensischen Toxikologie (Lehre von den Giftstoffen, den Vergiftungen und deren Behandlung) und der Ökotoxikologie (Umwelttoxikologie) eingesetzt, es dient der retrospektiven (zurückblickenden) Analyse der Aufnahme verschiedener chemischer Elemente und organischer Verbindungen eines Menschen über den Zeitraum von mehreren Monaten.
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Es werden 250 mg Haare für eine Haaranalyse benötigt. Diese werden strähnchenweise direkt an der Haut von verschiedenen Stellen am Hinterkopf abgeschnitten. Das Kopfhaar wächst durchschnittlich 1 cm im Monat und somit spiegelt ein Zentimeter Haar das Akkumulation eines Monats wieder. Werden circa 3 cm Haare nahe der Kopfhaut abgenommen, was ideal ist, so erhalten Sie einen Überblick über die Akkumulation der letzten drei Monate.
Störfaktoren
- Sind die Haare gefärbt, kann die Haaranalyse nicht durchgeführt werden, da durch den Farbstoff die Ergebnisse beeinflusst werden. Dasselbe gilt für dauergewellte Haare.
Im Labor werden die Haare gewaschen, in Salpetersäure oder in einer Mikrowelle aufgelöst und verflüssigt. Anschließend werden mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) oder ICP-OES, seltener mittels der Neutronenaktivierungsanalyse, die Konzentrationen chemischer Elemente (z. B. Mineralstoffe und Spurenelemente; Schwermetalle) analysiert.
Betäubungsmitteln werden meist mittels Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (LC-MS oder auch LC-MS/MS) und Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (GC-MS oder auch GC-MS/MS) nachgewiesen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Nachweis von:
- Betäubungsmitteln (Ecstasy, Heroin, Kokain)
- Mineralstoff- und Spurenelement-Mangelzuständen wg.:
- Allergien
- Cephalgie (Migräne)
- Energielosigkeit
- Gedächtnisstörungen
- Immundefizienz
- Infektanfälligkeit (Immundefizienz)
- Insomnie
- Störungen der Sexualität und Fertilität
- Dopingmitteln (Anabolika; Nandrolon)
- Schwermetallen (Arsen, Blei, Cadmium, Kupfer, Quecksilber, Thallium etc); im Rahmen der Umweltanalytik; im Spätstadium eine Vergiftung, wenn der Gefahrstoff in anderen Medien nicht mehr nachweisbar ist (semiquantitative Aussage)
- Akute Niereninsuffizienz (plötzlichen Funktionsausfall beider Nieren (innerhalb von Stunden bis Tagen))
- Chronic Fatigue-Syndrom (CFS)
- Demenz (Verlust ehemals erworbener intellektueller Fertigkeiten)
- Leichte kognitive Beeinträchtigung
- Morbus Alzheimer
- Parodontitis (Erkrankung des Zahnhalteapparates)
- Sterilität des Mannes
- Tremor (Zittern)
- Rechtsmedizinische/epidemiologische/historische Fragestellungen
Weitere Hinweise
- Haaranalysen sind kein eindeutiger Beweis für einen Cannabis-Konsum, da auch ohne Cannabis konsumiert zu haben, Abbauprodukte des Cannabis-Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) im Haar vorkommen können. Forscher konnten nachweisen das, dass THC nicht zum eindeutigen Nachweis des Konsums herangezogen werden können, da dieses über Schweiß und Sebum ( Talg, Hauttalg) eines Konsumenten auf andere Personen werden kann [1].
Literatur
- Mossmann B et al.: Finding cannabinoids in hair does not prove cannabis consumption. Scientific Reports 5, Article number: 14906 (2015). doi:10.1038/srep14906