Lymphozytentransformationstest (LTT)

Der Lymphozytentransformationstest (LTT; Test zur Messung der Vermehrungsfähigkeit von Abwehrzellen) ist ein funktioneller in vitro-Test (im Reagenzglas durchgeführter Test) zur Bestimmung der Proliferationsfähigkeit (Teilungsfähigkeit) von T-Lymphozyten (bestimmte weiße Blutkörperchen) nach Antigenkontakt (Kontakt mit körperfremden Stoffen). Er stellt ein wichtiges diagnostisches Verfahren in der Allergologie (Lehre von Allergien), Pharmakovigilanz (Überwachung der Arzneimittelsicherheit) und Immunologie (Lehre des Immunsystems) dar und erlaubt eine differenzierte Beurteilung der zellulären Immunantwort (Abwehrreaktion auf Zellebene) gegenüber spezifischen Antigenen (Erreger- oder Arzneimittelbestandteile) oder Medikamenten.

Grundlagen des Tests

  • Prinzip: Der LTT misst die Fähigkeit von T-Zellen zur Zellteilung nach Antigenstimulation (Reizung durch fremde Substanzen). Dazu werden periphere Blutlymphozyten (Abwehrzellen aus dem Blut) ex vivo (außerhalb des Körpers) mit spezifischen Antigenen oder Medikamentenmetaboliten (Abbauprodukte von Medikamenten) inkubiert (im Reagenzglas gezüchtet).
  • Nachweis: Die Zellproliferation wird traditionell durch den Einbau radioaktiv markierter Nukleotide (Bausteine der DNA) oder moderner durch fluorogene Marker (Farbstoffe) gemessen. Ein erhöhter Einbau zeigt eine Antigen-spezifische T-Zellaktivierung an (Reaktion des Immunsystems auf das getestete Antigen).
  • Untersuchungsmaterial: Heparinisiertes Vollblut (Blutprobe mit einem Stoff zur Verhinderung der Gerinnung) oder isolierte periphere mononukleäre Zellen (bestimmte weiße Blutkörperchen).

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Allergiediagnostik bei Typ-IV-Überempfindlichkeitsreaktionen (spät auftretende allergische Reaktionen, z. B. Arzneimittelallergien, Kontaktallergien)
  • Arzneimittelverträglichkeitsprüfung, insbesondere bei:
    • Hautreaktionen (z. B. Arzneimittelexantheme, Hautausschläge durch Medikamente)
    • Arzneimittel-induzierten Leber- oder Nierenschäden
  • Spezifische Immunantworten bei Infektionen oder Impfstoffbewertungen
  • Untersuchung auf T-Zell-Dysfunktionen (Fehlfunktionen von Abwehrzellen) bei Immundefekten (angeborenen oder erworbenen Schwächen der Immunabwehr)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwerwiegende Lymphozytopenie (starke Verminderung der Lymphozyten/Form der weißen Blutkörperchen)
  • Akute systemische Infektionen (schwere Infektionen im ganzen Körper)
  • Aktive Immunsuppression (z. B. durch Medikamente oder Chemotherapie, die das Immunsystem unterdrücken)

Durchführung des Tests

  • Blutentnahme und Isolation von Lymphozyten (Abwehrzellen)
  • Inkubation (Anzucht) der Zellen mit:
    • Relevanten Antigenen (z. B. Medikamentenbestandteile oder Infektionserreger)
    • Positivkontrolle (z. B. Phytohämagglutinin, ein starker Stimulator für T-Zellen)
    • Negativkontrolle (nur Nährlösung ohne Antigen)
  • Messung der Proliferation:
    • Traditionell durch ^3H-Thymidin-Inkorporation (Einspeicherung radioaktiver Bausteine)
    • Alternativ durch Fluoreszenzmarkierung (Färbung der Zellen für Lichtmessung)

Das Ergebnis wird als Stimulation Index (SI; Maßzahl für die Aktivierung der Zellen) angegeben – das Verhältnis der Zellvermehrung in der Antigenkultur zur Zellvermehrung in der Negativkontrolle.

Interpretation der Ergebnisse

  • Stimulation Index > Schwellenwert: Hinweis auf eine spezifische Immunreaktion auf das getestete Antigen oder Medikament.
  • Normale Reaktion in der Positivkontrolle notwendig zur Sicherstellung der Testaussage.
  • Indeterminierte Ergebnisse (nicht verwertbare Ergebnisse) können bei allgemeiner Immunsuppression auftreten.

Vorteile

  • Nachweis spezifischer T-Zell-Reaktivität (spezifische Immunantwort) ohne Belastung des Patienten
  • Besonders geeignet bei Verdacht auf Typ-IV-Arzneimittelallergien (spät auftretende Allergien)
  • Objektive Messung durch quantitative Auswertung (genaue Bestimmung in Zahlen)

Limitationen

  • Zeitaufwendiges und techniksensitives Verfahren
  • Keine standardisierte Antigenpräparation (Vorbereitung aller möglichen Medikamente schwierig)
  • Falsch-negative Ergebnisse möglich bei abgeschwächter Immunantwort
  • Risiko von Kreuzreaktionen (fälschliche Reaktion auf ähnliche Substanzen)

Aktuelle Entwicklungen

Moderne Varianten des LTT kombinieren die Proliferationsmessung mit zusätzlichen funktionellen Parametern wie:

  • Zytokinproduktion (Bildung von Botenstoffen wie IFN-γ, IL-2)
  • Expressionsmarker für T-Zellaktivierung (z. B. CD69, CD154)

Dies erlaubt eine genauere Charakterisierung der Immunantwort und eine bessere Unterscheidung zwischen allergischer und toleranter Immunreaktion (Unterscheidung zwischen krank machender und normaler Reaktion des Körpers).

Fazit

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) ist ein etabliertes, aber komplexes immunologisches Verfahren zur Diagnostik von Typ-IV-Überempfindlichkeitsreaktionen (spät auftretende allergische Reaktionen) und spezifischen T-Zell-Antworten. Trotz technischer Herausforderungen liefert der LTT wertvolle Hinweise auf individuelle Immunreaktionen, insbesondere im Bereich der Arzneimittelallergien und Immunfunktionsdiagnostik. Seine Rolle wird durch moderne Erweiterungen stetig ausgebaut und verfeinert.