Testverfahren zur Bestimmung der aeroben Ausdauerleistung
Zur Bestimmung der Ausdauerleistungsfähigkeit bedarf es der Messung des sogenannten maximalen Energieflusses, den der Sportler über eine festgelegte Zeit aufrechterhalten kann. Für eine im Vergleich mit der Bevölkerung überdurchschnittliche Leistung der aeroben Ausdauer sind im Wesentlichen die Sauerstoff-Transportsysteme des kardiovaskulären Systems, die Lunge und auf molekularbiologischer Ebene die maximale Flussrate der Substrate und die maximale katalytische Leistung der Enzyme ausschlaggebend. Diese leistungsbestimmenden Faktoren sind jedoch nicht ausschließlich von einem optimalen Training abhängig, auch die genetische Komponente kann die Ausdauerleistung des Sportlers signifikant beeinflussen.
Da sich die Ausdauerleistungsfähigkeit als Summe der leistungsbestimmenden Faktoren darstellt, führt eine nicht adäquate Funktion einer Komponente zu einem massiven Leistungsabfall. Durch die Bestimmung der Funktion dieser Teilsysteme ist daher ein Rückschluss auf die mögliche Gesamtleistung realisierbar. Um die Ausdauerleistungsfähigkeit genau erfassen zu können, müssen demnach die limitierenden Faktoren bestimmt werden, die eine hohe Korrelation zur maximalen Energieflussrate aufweisen. Aufgrund der hohen Korrelation der bereits genannten Teilsysteme lässt sich die Ausdauerleistung exakt bestimmen.
In der Leistungsdiagnostik zur Kontrolle von Fortschritten und Leistungsverschlechterungen des Sportlers sind jedoch Routineuntersuchungen notwendig, die mit relativ einfachen Mitteln durchgeführt werden können. Als Beispiel für eine Routineuntersuchung mit vergleichsweise einfacher Durchführung kann die Atmung unter Ruhebedingungen bestimmt werden. Als diagnostisch relevante Faktoren der Ausdauerleistung können die Vitalkapazität (VC), die Einsekundenkapazität (FEV1) und der Atemgrenzwert (AGW) ermittelt werden. Aufgrund der großen individuellen Streuung dient die Bestimmung der relevanten Größen der Atmung nicht zum Vergleich mit anderen Sportlern, sondern nur zur Längsschnittuntersuchung. Als ebenfalls einfach zu bestimmende Messgrößen in der aeroben Ausdauerleistung dienen die Herzfrequenz und der systolische und diastolische Blutdruck. Als Resultat der großen Variabilität des Blutdruckes, die sowohl pathologisch als auch physiologisch sein kann, stellen die erhaltenen Blutdruckwerte jedoch keine Vergleichsskala dar. Weiterhin werden auch Kenngrößen des Energiestoffwechsels wie die Sauerstoffaufnahme, der respiratorische Quotient, der Lactat-Serumspiegel und die Ammoniakkonzentration im Blut zur Bestimmung der Ausdauerleistungsfähigkeit genutzt.
Testverfahren zur Bestimmung der allgemeinen aeroben Ausdauerleitungsfähigkeit
- Damit sich eine sportliche Übung zur Bestimmung der allgemeinen aeroben Ausdauerleitungsfähigkeit eignet, muss diese verschiedene Kriterien erfüllen. Ein Testverfahren, bei dem beispielsweise Liegestütze in der Leistungsdiagnostik eingesetzt werden, ist prinzipiell unbrauchbar, da die vollzogene Übung nicht reproduzierbar ist und somit in der Folge nicht für Längs- oder Querschnittuntersuchungen geeignet ist.
- Möchte man die sportartspezifische Ausdauer testen, so bedarf es eines Verfahrens, welches der eigentlichen Sportart gleicht oder zumindest stark ähnelt. Vergleicht man die Testergebnisse von Schwimmern bei einem Ausdauertest auf einem Fahrradergometer mit einem Testverfahren, bei dem die Ausdauer mit einer sportartspezifischen Testung im Schwimmbecken bestimmt wurde, so lässt sich eine höhere Korrelation mit den Wettkampfergebnissen bei der sportartspezifischen Testung erkennen.
- Sportartspezifische Testungen – diese Tests sind in der Regel Untersuchungen, die außerhalb der kontrollierten Laborbedingungen durchgeführt werden. Die hohe Korrelation mit den Wettkampfergebnissen dieser Feldtests wird aufgrund der Nähe zu den Wettkampf- oder Trainingsbedingungen erreicht. Des Weiteren werden bei Feldtests mehrere Athleten gleichzeitig auf ihre Ausdauer getestet, sodass die Durchführung der Tests ökonomischer ist. Als Nachteil dieser Feldtests ist jedoch die Inkonstanz der Ergebnisse im Vergleich zu Labortestungen zu nennen, was insbesondere Quer- und Längsschnittvergleiche erschwert oder gar unmöglich macht. Überdies stehen viele Messsysteme bei der Feldtestung nicht zur Verfügung. Als Beispiel wäre hier die spirographische Lungenvolumenmessung beim Schwimmen zu nennen. Um ein optimales Testergebnis zu erhalten, sollten daher sowohl Feld- als auch Labortestungen erfolgen.
- Fahrradergometrie – bei diesem Testverfahren sitzt der Athlet auf einem feststehenden Fahrrad und treibt über die Pedalen mit einem variablen Drehmoment ein Schwungrad an. Durch mechanische oder elektrische Mechanismen kann eine Bremsung des Rades durchgeführt werden, sodass vom Athleten mehr Kraft aufgebracht werden muss, um das Rad zu bewegen. Vorteile dieses Verfahrens sind die gute Abstufbarkeit und Reproduzierbarkeit des Fahrradergometers. Des Weiteren stellt das Fahrradergometer keine besonderen Anforderungen an die Koordination des Probanden und eine vergleichsweise einfache Messung des Blutdrucks oder eine Bestimmung des EKGs kann erfolgen. Nachteil des Verfahrens ist die einseitige Belastung der Beinmuskulatur, die viele Sportler als leistungslimitierenden Faktor angeben, obwohl die kardiopulmonale Maximalbelastung noch nicht erreicht worden ist.
- Laufbandergometrie – bei diesem Testverfahren wird ein Laufbandergometer eingesetzt, welches aus zwei Rollen besteht, über die ein vom Prinzip her endloses Gummiband läuft. Die erbrachte physikalische Leistung ist direkt von der Körpermasse, der Bandgeschwindigkeit und dem Steigungswinkel des Bandes abhängig. Die Vor- und Nachteile entsprechen größtenteils denen der Fahrradergometrie.
Belastungsschemata für die Bestimmung der allgemeinen aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit
- Belastungsmodus – bei der Testung sind sowohl rektanguläre (konstante) als auch trianguläre (inkonstante) Belastungsformen möglich. In der Leistungsdiagnostik spielen nahezu ausschließlich trianguläre Belastungsformen eine Rolle, da durch sie eine direkte Messung der Ausdauerleistungsfähigkeit möglich ist.
- Belastungssteigerung – bei einem Fahrradergometer erfolgt die Belastungssteigerung entweder über eine Verstärkung des Bremswiderstandes oder über die Umdrehungsgeschwindigkeit.
- Anfangsbelastung – die Anfangsbelastung ist von großer diagnostischer Bedeutung, da bei einer zu hohen Belastung die Laktatwerte zu stark ansteigen und so die weiteren Messungen verfälscht würden.
- Belastungsabstufung – die Belastungsabstufung sollte abhängig von der Belastbarkeit des Athleten gewählt werden. Je niedriger die Leistungsfähigkeit, desto kleinere Belastungsabstufungen sollten erfolgen.
- Stufendauer – aus untersuchungsökonomischen Gründen hat sich die Dauer von zwei bis drei Minuten pro Stufe durchgesetzt, da bei diesem Wert noch eine ausreichende Reproduzierbarkeit erreicht werden kann und auch die Laktatentstehung in der Muskulatur in den Kapillaren des Ohres bestimmt werden kann.
- Pausendauer – während der Ergometertestung wird der Laktatspiegel aus dem Ohrkapillarblut bestimmt. Bei der Fahrradergometrie kann die Messung während der Belastung erfolgen, ohne dass eine Unterbrechung notwendig wird. Bei der Laufbandergometrie muss zur Bestimmung des Laktatwertes im Kapillarblut des Ohres eine Pause von 30 Sekunden eingehalten werden.
Literatur
- Hollmann W, Strüder HK: Sportmedizin: Grundlagen von körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin. Schattauer Verlag 2009
- Tomasits J, Haber P: Leistungsphysiologie: Lehrbuch für Sport- und Physiotherapeuten und Trainer. Springer Verlag 2016
- de Marées H: Sportphysiologie. Sportverlag Strauß Verlag 2003
- Hollmann W: Leistungen der Sportmedizin für die Kardiologie. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 6 2001
- Boldt F: Leitlinien zur Belastungsuntersuchung in der Sportmedizin. Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin 2002
- Dickhuth HH: Sportmedizin für Ärzte. Deutscher Ärzte Verlag 2007