Gallensäuren

Gallensäuren sind Endprodukte des Cholesterinstoffwechsels. Sie gehören zur Gruppe der Steroide (Stoffklasse der Lipide).

Die Gallensäuren werden in der Leber aus Cholesterin durch Hydroxylierungsreaktionen (Reaktion zur Einführung einer oder mehrerer Hydroxygruppen) und oxidative Verkürzung der am Ring D befindlichen Seitenkette gebildet. Zu den Gallensäuren gehören:

  • Chenodeoxycholsäure
  • Cholsäure
  • Dehydrocholsäure
  • Desoxycholsäure
  • Glykocholsäure
  • Lithocholsäure
  • Taurocholsäure

Die Gallensäuren, die Bestandteil der Galle sind, sind für die Fettverdauung unerlässlich. Sie ermöglichen die Emulgation und Resorption von Fetten und fettlöslichen Vitaminen.

Die Gallensäuren unterliegen einem enterohepatischen Kreislauf, d. h der Zirkulation von der Leber über die Gallenblase zum Darm und wieder zurück zur Leber. Dabei entstehen am Ende des Prozesses durch die Konjugation und Dekonjugation sekundäre Gallensäuren, die über den Stuhl ausgeschieden werden.

Im Falle eines Verschlussikterus (Gelbsucht durch Gallenstau infolge eines Abflusshindernisses) gelangen Gallensäuren zusammen mit Bilirubin (Abbauprodukt des Hämoglobins) in das Blut.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • 0,5 ml Serum

Vorbereitung des Patienten

  • Blutentnahme nüchtern (ca. 12 Stunden Nahrungskarenz; sonst starker postprandialer Anstieg (Anstieg nach einer Mahlzeit))

Störfaktoren

  • Unter Therapie mit UDCA (Ursodesoxychlorsäure) werden falsch hohe Werte gemessen. Solche Proben sind daher für die Analytik nicht geeignet.

Normwerte

Alter Normwerte in µmol/l 
< 1 Jahr < 25 µmol/l
1- < 2 Jahre < 9 µmol/l
≥ 2 Jahre  < 8 (10) µmol/l

Indikationen

  • Beurteilung der hepatobiliären Funktion (Funktion von Leber und Gallenblase)
  • Diagnose einer intrahepatischen Schwangerschaftscholestase (engl. intrahepatic cholestasis of pregnancy, IPC; Gallestau innerhalb der Leber)

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Alle Formen der intra- und extrahepatischen Cholestase (Gallestau innerhalb und außerhalb der Leber)
  • Intrahepatische Schwangerschaftscholestase (ICP)  Risiko des intrauterinen Fruchttodes 
  • Lebererkrankungen
    • akute und chronische Hepatitis (Leberentzündung)
    • chronische Lebererkrankungen (z. B. Alkoholabusus, Leberzirrhose/ irreversible (nicht umkehrbare) Schädigung der Leber und einen ausgeprägten Umbau des Lebergewebes)
    • Leberzellkarzinome
    • toxische Leberschädigung (Leberschädigung durch Gifte)
    • Leberschädigung durch Medikamente
  • Reye-Syndrom (akute Enzephalopathie (krankhafte Veränderung des Gehirns) mit gleichzeitiger Fettleberhepatitis (Fettleberentzündung) nach einem durchgemachten viralen Infekt bei Kleinkindern; tritt durchschnittlich eine Woche nach dem Abklingen der vorhergegangenen Erkrankung auf)

Weitere Hinweise 

  • Bei Werten > 40 µmol/l (Nüchtern-Serum) während der Schwangerschaft besteht der Verdacht auf eine intrahepatische Schwangerschaftscholestase. Diese geht einher mit Pruritus (Juckreiz) und Ikterus (Gelbsucht). Die Diagnose wird aufgrund der Erhöhung der Serum-Gallensäuren und der Alanin-Aminotransferase (ALT; GPT) gestellt. Die Gamma-GT liegt meist im Normbereich. '
    Differentialdiagnosen: Schwangerschaftsfettleber und HELLP-Syndrom (H = hemolysis (Hämolyse/Auflösung der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) im Blut), EL = elevated liver enzymes (Erhöhung der Leberenzyme), LP = low platelets (Thrombozytopenie/Verminderung der Blutplättchen); ICD-10-GM O14.2: HELLP-Syndrom); häufig assoziiert mit einer Präeklampsie/ jeder (auch vorbestehend) erhöhte Blutdruck ≥ 140-90 mmHg in der Schwangerschaft mit mindestens einer neu aufgetretenen Organmanifestation, welche keiner anderen Ursache zugeordnet werden kann)
    • Risiko für einen intrauterinen Fruchttod (IUFT) steigt ab 100 μmol/l um das 30-Fache, insbesondere nach 35 Schwangerschaftswochen (SSW) [1].

Literatur

  1. Hepato Update, 15./16. Mai 2020, online, Vortrag Prof. Verena Keitel, Düsseldorf